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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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anderen.
    Der zweite Mann vernahm das erschrockene Keuchen des ersten, doch er war nicht schnell genug. Mein Dolch fuhr in seinen Hals, als sich die Muskeln darin gerade spannten, um den Kopf zu drehen. Er taumelte rückwärts, riss die Hände zu der Wunde hoch, aus welcher das Blut spritzet, prallte links von Ericks zusammengesunkenem Körper gegen die Mauer und rutschte daran zu Boden. Sein Puls pochte durch meinen Kopf wie eine dunkle Welle, und ich schmeckte die Hitze und den Schweiß in der Luft.
    Mir blieben noch acht Atemzüge.
    »Vorsicht!«, brüllte Criss voller Anspannung, Zorn und Entsetzen.
    Ich wirbelte herum und blickte ihm in die Augen.
    Er sah etwas darin, tief in mir, und wich zurück. Gleichzeitig knurrte der dritte Mann und griff mich an.
    Fast ohne nachzudenken, zuckte meine Klinge empor und in seine Seite. Ich fing sein Gewicht auf, als er gegen mich fiel, undspürte seinen letzten Atemzug an der Schulter und am Hals. Er roch nach Knoblauch und Kartoffeln.
    Er war schwerer, als ich gedacht hatte. Ich taumelte und wich zur Seite aus, um unter ihm hervorzugelangen, als er stürzte. Klebrig und kupferig überzog sein Blut meine Hand.
    Sechs Atemzüge.
    Rennende Schritte hallten durch den Fluss. Ich zog den Dolch aus der Seite des Mannes, rollte seinen Körper von mir weg, drehte mich um und sah, wie Criss und der letzte Mann um die Ecke der Gasse huschten.
    Meine Nasenflügel blähten sich, als ich tief den Geruch von Lampenöl und Stroh einsog.
    Lächelnd wandte ich mich von den Flüchtenden ab und kniete mich neben Erick.
    Sein Gesicht glich einer blutigen Masse. Schnitte, Platzwunden, Dreck und Kieselsteine bedeckten die alten Narben. Das Weiß seiner Augen wirkte erschreckend, und sein Atem ging in kurzen, heftigen Stößen. Blut troff von seiner Nase aufs Kopfsteinpflaster, und die Arme umklammerten schützend seinen Leib. Jeder Atemzug, den er tat, sandte einen Schauder durch seine Brust, während seine Beine zuckten.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst wegrennen«, keuchte er.
    Ich beugte mich dicht zu ihm und lächelte. »Und ich habe dir gesagt, du kannst mich nicht mehr beschützen.«
    Kurz erstarrte er und musterte mich; dann kicherte er, ein nasser und belegter Laut. Das Kichern ging in ein Stöhnen über. Er rollte sich auf den Rücken und richtete sich ein wenig auf. »Bei den Brüsten der Regentin, tut das weh«, japste er und zuckte zusammen, als er den Arm zu bewegen versuchte.
    Ich tauchte tiefer und bündelte alle Aufmerksamkeit, als ich ihm eine Hand auf die Brust legte, um ihn davon abzuhalten, sich zu rühren. Übelkeit quoll in mir empor, doch ich stieß sie beiseite. In dieser Nacht erwartete mich noch Arbeit. Der Geruch von Öl und Stroh lockte mich.
    Ich erkannte, dass Erick nicht so schlimm verletzt war, wie es aussah. Er war arg zerschunden, doch es schien nichts gebrochen zu sein. Criss hatte die wahre Bedrohung verkörpert. Erick würde überleben, wenn er in der Gasse blieb und auf mich wartete. Hier würde ihn niemand behelligen.
    Ich entspannte mich und beugte mich zu ihm. »Beweg dich nicht. Bleib hier und warte auf mich. Ich komme zurück und hole dich.«
    Einen langen Augenblick sah er mich überrascht an; dann nickte er. »Ich werde bleiben«, murmelte er.
    Ich stieß mich ab, doch noch ehe ich zwei Schritte getan hatte, ließ er mich innehalten, indem er rief: »Varis!«
    Verärgert drehte ich mich zu ihm um. Der Geruch von Öl und Stroh war durchdringend, beinahe überwältigend.
    »Er ist jetzt ein Opfer«, keuchte Erick eindringlich. Er hatte sich leicht aufgerichtet; sein Oberkörper zitterte ein paar Zoll über dem Boden.
    Ich nickte. »Ich weiß.«
    Stöhnend sank er zurück aufs Kopfsteinpflaster.
    Ich hatte das Ende der Gasse erreicht, als mir klar wurde, dass ich in demselben rauen Befehlston mit ihm gesprochen hatte, den er bei meiner Ausbildung verwendet hatte.

    Lampenöl und Stroh.
    Ich holte tief Luft und schaute zu den sich kräuselnden Wolken auf. Das Gewicht von Regen drückte schwer und kalt auf mich herab. Mittlerweile konnte ich die Übelkeit kaum noch im Zaum halten, musste mich mehr und mehr auf das schützende Feuer verlassen, um sie zurückzudrängen.
    Ich musste Criss finden. Viel länger würde ich nicht durchhalten können.
    Ich huschte über eine Hauptstraße, rannte geduckt durcheine Gasse und eilte die Straße hinab, die sich an deren Ende auftat. Criss drang tiefer in das Lagerhausviertel vor und bewegte sich schnell. Der andere

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