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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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wieder seine flüsternde Stimme: Leg dich nicht mit mir an, Miststück.
    Ein Anflug von Zorn loderte in mir auf. Ich erhob mich, verlor Blutmal jedoch für einen Moment aus den Augen. Dreißig Schritte weiter entdeckte ich ihn wieder. Er war stehen geblieben und blickte auf etwas, das ich über die Straße hinweg nicht sehen konnte.
    Seine Augen wurden schmal, verdunkelten sich wie an dem Tag, als er mir den Sack weggenommen hatte. Dann huschte sein Blick den Siel hinauf und hinunter. Schließlich starrte er wieder auf das, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Sein Kopf neigte sich leicht nach vorn, und er biss sich auf die Oberlippe. Dann griff er unter sein Hemd.
    Ich trat von der Mauer weg und in die Menge hinein, überquerte die Straße. Auf halbem Weg erkannte ich Blutmals Ziel.
    Ohne nachzudenken, ließ ich die Welt in Grau und Wind übergehen, behielt nur Blutmal und sein Ziel im Auge. Die Menge wurde zu einem Strudel im grauen Einerlei, zu einem rasenden Wirbel, durch den ich den Weg über die Straße fortsetzen konnte. Ich ließ mich am stumpferen Grau einer weiteren Mauer nieder und lehnte mich zurück, um das Geschehen zu beobachten.
    Der Mann, den Blutmal ins Auge gefasst hatte, stand neben dem Wagen eines anderen Mannes. Seine Hand ruhte auf der Rückenlehne des Sitzes, während er sich mit dem Wagenbesitzerunterhielt. Beide Männer lachten und schüttelten die Köpfe. Blutmals Opfer verlagerte die Körperhaltung, sodass ein kleiner, am Gürtel befestigter Beutel in mein Blickfeld schwang.
    Mit gerunzelter Stirn wandte ich meinen Blick Blutmal zu. Er hatte sich näher zu dem Mann hinbewegt, war aber noch nicht nahe genug, um zuzuschlagen. Er schien zu warten.
    Die Falten auf meiner Stirn vertieften sich, denn ich konnte nicht sehen, nicht fühlen , was geschehen würde. Es war nicht so wie zuvor. Ich dachte an die Frau mit dem Kopftuch, an das Gefühl, tiefer ins Grau zu sinken. Damals war alles klarer, deutlicher, einfacher zu erkennen gewesen.
    Ich atmete in kurzen Stößen, richtete mich auf … und zögerte, als ich an die Übelkeit, die Schwäche und die Krämpfe dachte, die damals gefolgt waren. Doch mein Zögern währte nur kurz.
    Dann versuchte ich, tiefer unter den Fluss zu tauchen.
    Nichts geschah, abgesehen von einem leichten Beben in meiner Brust. Ich biss die Zähne aufeinander, stemmte mich gegen die Empfindung …
    Dann verschob sich etwas. Die Unregelmäßigkeiten im Grau wurden fließend fortgespült, und der Wind der Menge erstarb zu einem kaum vernehmbaren Murmeln. Blutmal und die beiden Männer am Wagen traten nun deutlicher hervor, und das Sonnenlicht, das sie umgab, strahlte heller. Ihre Bewegungen wurden langsamer.
    Und weiter unten am Siel löste sich eine weitere Unregelmäßigkeit aus der Schwärze. Eine Gruppe von fünf Männern steuerte auf mich und den Wagen zu. Mindestens drei der Männer schienen betrunken. Mit rauem, grölendem Gelächter, das wie Spitzen aus dem gleichmäßigen Gemurmel des Flusses hervorstach, schlugen sie einander auf den Rücken.
    Ich entspannte mich und lehnte mich wieder an die Mauer. Was im Brennpunkt stand, blieb unverändert. Ich hatte es zu angestrengt versucht, hatte es erzwingen wollen.
    Als die Gruppe der Betrunkenen den Wagen beinahe erreicht hatte, setzte Blutmal sich in Bewegung.
    Er wählte den Zeitpunkt goldrichtig, handelte so unauffällig, so beiläufig, dass es mir um ein Haar entgangen wäre. Als die Betrunkenen auf Höhe des Wagens waren, reihte Blutmal sich dicht hinter ihnen ein und setzte eine verärgerte Miene auf, als wollte er um sie herum, hätte jedoch keinen Platz dafür. Dann wankte einer der Betrunkenen in Richtung des Mannes mit dem Beutel. Sofort streckte Blutmal die Hand aus, um den Mann ein Stück weiter zu stoßen, sodass er gegen das ausersehene Opfer stolperte.
    Blutmal hätte sich die Mühe sparen können. Einer der anderen Männer aus der Gruppe klopfte seinem Kumpan kräftig auf die Schulter, worauf der Betrunkene taumelte und einen Fluch in das Grau und den Wind spie. Gleichzeitig streckte er die Arme vor und packte den Mann mit dem Beutel, um sich an ihm abzustützen.
    In der trägen Welt des Flusses sah ich, wie Blutmal sich bewegte, wie die Klinge im Sonnenlicht aufblitzte, als er die Schnur des Beutels sauber durchtrennte, ehe Dolch und Beutel binnen eines Herzschlags verschwanden.
    Blutmals Ausdruck der Verärgerung verstärkte sich, als er den beiden stolpernden Männern auswich. Sein Opfer hatte den

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