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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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dieser Seite des Siels so gut wie ich die Narben auf meiner Haut, da gehe ich jede Wette ein«, murmelte er und legte den Kopf schief.
    Ich verlagerte unter seinem Blick das Gewicht, wurde mir plötzlich der Dunkelheit und Abgeschiedenheit der Gasse und der kraftvollen Geschmeidigkeit seiner Bewegungen bewusst.
    »Geh weg«, sagte ich und spannte die Beinmuskeln, bereit, die Flucht zu ergreifen.
    Er setzte ein bedächtiges, träges Lächeln auf, als hätte mein Misstrauen ihn in seiner Meinung über mich bestätigt.
    Statt sich zum Gehen zu wenden, verschränkte er wieder die Arme vor der Brust und sagte: »Ich könnte deine Hilfe gebrauchen.«
    »Geh weg«, wiederholte ich mit mehr Nachdruck, wenngleich sein Vorschlag Neugier in mir weckte.
    »Du kannst selbst gehen, wenn du willst«, erwiderte er. Doch er rührte sich nicht, sondern blieb nur lauernd stehen.
    Mein Blick schweifte zu den Kartoffeln, die über das Kopfsteinpflasterverteilt lagen und in der Düsternis kaum zu erkennen waren. Hunger wühlte in meinen Eingeweiden.
    Der Gardist bewegte sich, und sofort schnellte mein Blick zu ihm zurück. Doch er hatte sich mir nicht genähert, nur das Gewicht verlagert. Noch immer ruhte sein Blick auf mir. »Jeder flüchtet in die Elendsviertel des Siels«, sagte er. »Mörder, Diebe, Raufbolde. Händler, die ihr Geschäft verloren haben. Spieler, die ihr Leben verwettet haben. Fast jeder. Ein paar flüchten sich aufs Meer, auf die Schiffe im Hafen und in andere Städte an der Küste. Aber nicht viele. Die meisten kommen hierher. Sie denken, sie könnten in dieser dreckigen Enge, diesem Labyrinth aus Gassen, Häusern und schmalen Höfen, irgendwie verschwinden.«
    Ohne den Blick von mir zu nehmen, verstummte er. Dann runzelte er die Stirn, und seine Stimme bekam einen düsteren Klang. »Und dieses Gesindel hat recht. Vor fünf Jahren, vor dem Feuer, wäre es aussichtslos gewesen. Wir Sucher hätten sie gefunden, hätte die Regentin uns nach ihnen ausgesandt. Der Geisterthron hätte sie aufgespürt. Aber jetzt …«
    Der Blick des Gardisten senkte sich auf den Toten in der Mitte der Gasse, und in seinen Augen loderte wilder Hass auf. Ich schrak zurück, bis meine Schultern gegen die bröcklige Mauer stießen.
    »Jetzt ist es noch beengter im Siel. Alle, denen das Feuer übel mitgespielt hat, ziehen hierher. Arbeiter, Händler und Handwerker mitsamt ihren Familien. Sie sind verzweifelt, denn sie können sonst nirgendwohin. Dir ist sicher aufgefallen, wie überfüllt der Siel geworden ist, kleine Varis .« Er verstummte, schaute auf und nickte. »Ja. Es ist dir aufgefallen. Du lebst davon, nicht wahr?«
    Die Frage traf mich wie ein Schlag, wuchtig genug, dass ich zusammenzuckte. Mit trotzig vorgerecktem Kinn und schmalen Augen starrte ich ihn an. »Ja.«
    Es klang verbittert, hoffnungslos.
    Wieder nickte er. »Du kennst den Siel und dessen Bodensatz. Du lebst hier. Du kannst mir helfen, diese flüchtenden Menschen zu finden.«
    Den Blick unverändert auf mich gerichtet, wartete er und ließ sein Angebot auf mich einwirken. Nach einer Weile kam er auf mich zu und kniete sich wenige Schritte von mir entfernt hin, so nah, dass ich deutlich seine Narben sehen und ihm unverwandt in die Augen blicken konnte.
    Ich wich vor ihm zurück, vor der hitzigen Gefahr, die er verströmte und die sämtliche Warnsinne alarmierte, die ich mir durch das Leben am Siel angeeignet hatte. Nur einer blieb stumm – der, dem ich am meisten vertraute: das kalte Feuer in meiner Brust. Deshalb blieb ich, statt auf die Straße oder in die andere Richtung zu flüchten, tiefer hinein in das Gewirr dunkler Pfade jenseits des Siels.
    »Weißt du, wo der Nymphenbrunnen ist?«, fragte er.
    Ich nickte. Allerdings war ich seit Jahren nicht mehr dort gewesen, zumal er sich zu weit oben am Siel befand, zu nah am Fluss und an der Stadt, dem eigentlichen Amenkor. Dort würde ich mit meinen Lumpen und meinen schmutzigen Haaren zu sehr auffallen. Es waren keine guten Jagdgründe.
    »Gut«, meinte er und lehnte sich leicht zurück. »Ich kann dir helfen, wenn du mir hilfst. Denk darüber nach. Wenn du mir helfen willst, diese Männer für die Regentin zu finden, dann komm morgen bei Sonnenuntergang zum Nymphenbrunnen. Ich werde dort sein.«
    Damit stand er auf, drehte sich um und schritt aus der Gasse, wobei er an deren Ende kurz stehen blieb, um seine Augen an das Sonnenlicht zu gewöhnen, ehe er in der Menge untertauchte. Er schaute nicht zurück.
    Argwöhnisch

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