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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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»Das ist die Varis, die ich kenne.«
    Meine Schultermuskeln spannten sich. »Ihr habt mir noch nicht gesagt, was ich nun eigentlich für Euch tun soll.«
    Lächelnd lehnte Borund sich im Stuhl zurück. William hatte seine eigenen Papiere beiseite gelegt und ordnete nun Borunds Stapel.
    »Ich möchte, dass du mich beschützt. So einfach ist das. Wie du es letzte Nacht in der Schänke getan hast. Ich möchte, dass du mich begleitest, wann immer ich das Haus verlasse, dass du mir folgst wie ein Schatten. Warne mich vor Gefahren und beschütze mich. Und ich erwarte, jederzeit vorgewarnt zu werden. Ist das annehmbar?«
    Plötzlich dachte ich an Mari, sah Blutmal über ihr knien, sah, wie sein Dolch tief und scharf nach unten schnitt, hörte sie kreischen. Ich sah, wie sie versuchte, sich hochzustemmen, nachdem Erick Blutmal beiseite gestoßen hatte, sah, wie sie mich beobachtete.
    Dann hatte ich schlagartig das Gesicht des mehlweißen Mannes vor mir, die Blutspritzer auf seiner Stirn und seinen Wangen, die vom Symbol des Geisterthrons stammten, das ihm in die Brust geschnitten worden war.
    Sie alle hatte ich nicht beschützen können. Aber ich hatte ja auch nicht gewusst, dass sie Schutz gebraucht hatten – erst rechtnicht von einer wie mir. Ich hatte immer gedacht, sie könnten auf sich selbst aufpassen.
    Ich starrte in Borunds Augen, die dunkelbraun wie Schlamm waren; dann straffte ich den Rücken und antwortete: »Ich kann Euch beschützen.«
    Einen Lidschlag lang spürte ich eine Ranke des Feuers tief in meinem Innern aufzüngeln, die mir einen kalten Schauder durch die Eingeweide sandte. Dann erstarb sie.
    »Gut«, meinte Borund und erhob sich. William tat es ihm gleich und legte den geordneten Papierstapel auf einer Seite des Tisches ab. Borund streckte die Hand nach einem kleinen Beutel aus und hielt ihn mir hin.
    Ich legte die Stirn in Falten und zögerte, trat dann aber einen Schritt vor und nahm den Beutel entgegen.
    Er enthielt Münzen. Mehr Münzen, als ich in meiner gesamten Zeit am Siel zu sehen bekommen hatte.
    Abschaum handelte nicht mit Münzen.
    Ich richtete einen verwirrten Blick erst auf Borund, dann auf William.
    »Das ist dein Lohn«, erklärte Borund mit entschiedener Stimme, in der jedoch ein freundlicher Unterton mitschwang. »Das bekommst du jeden Monat, den du in meinen Diensten stehst. Natürlich stelle ich dir auch Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung.« Er lächelte. »Und so viel Butter, wie du willst.«
    Ich hielt den Beutel in der Hand und schwieg. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, bis Borund sich räusperte.
    »Ich werde das von Lizbeth in deinem Zimmer für dich unterbringen lassen«, sagte er und beugte sich über den Schreibtisch, um den Beutel wieder an sich zu nehmen. »Lass uns vorerst mit einem Höflichkeitsbesuch bei unserem lieben Freund Carl beginnen.«
    Seine Stimme hörte sich unbeschwert an, war jedoch von Dunkelheit gefärbt.
    Durch eine polierte Holztür, doppelt so breit wie ich und mit Eisen beschlagen, traten wir hinaus ins Sonnenlicht. Drei breite, gekrümmte Stufen führten hinunter zu einem Pfad aus weißem Kopfsteinpflaster, breiter als der Siel. Er verlief durch den Garten, den ich in der Düsternis der vergangenen Nacht gesehen hatte, zu einem offenen Tor. Bäume rauschten im Sonnenschein. Am Fuße der Stufen wartete Gerrold mit drei Pferden und einem Jungen, den ich nicht kannte und der die drei Zügel hielt.
    Meine Augen verengten sich, als Borund und William auf die Pferde zugingen. Ich blieb am halbrunden Kopf der Treppe an der Tür stehen. Auf dem Siel galt es, Pferde zu meiden, es sei denn, man konnte sich für eine rasche, aber gefährliche Flucht unter ihnen hindurchducken. Die meisten waren größer als ich und eindeutig schwerer.
    Borund saß bereits im Sattel, bevor er erkannte, dass ich mich nicht bewegt hatte. »Bist du noch nie geritten?«
    »Nein.«
    Er runzelte die Stirn. »Das wird sich ändern müssen. Aber nicht heute. Wir reiten langsam genug, dass du uns folgen kannst.« Er wandte sich an Gerrold. »Du hättest wissen müssen, dass sie nicht reiten kann, Gerrold.«
    Der Mann duckte kurz den Kopf. »Verzeiht. Ich habe nicht daran gedacht, Herr.«
    Borund trieb sein Pferd auf das Tor zu.
    William stieg mit Eleganz und Geschick auf; dann bedeutete er dem Jungen mit dem verbleibenden Pferd, einem anderen Pfad zur Rückseite des Hauses zu folgen. Er drehte sich zu mir um. »Das Pferd wird dich schon nicht beißen«, sagte er. »Komm her

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