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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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und berühr es mal.«
    Weiter vorne hatte Borund angehalten und sich im Sattel umgedreht. Er beobachtete uns verärgert.
    Zögernd stieg ich die Stufen hinunter und blieb ein Stück außerhalb der Reichweite des Tieres stehen. Der Hengst schnaubte und streckte die Nase vor, als wollte er mich beschnuppern, dochWilliam hielt ihn an den Zügeln und mit einem leisen Schnalzlaut zurück. Die Ohren des Pferdes zuckten bei dem Geräusch kurz zurück, dann wieder nach vorn, als es den Kopf senkte.
    Ich blickte in die Augen des Hengstes. Dann streckte ich vorsichtig eine Hand aus und schaute zu William. Lächelnd nickte er, also berührte ich das Pferd am Hals.
    Das Tier blieb still, bewegte sich nicht, nur ein Schauder durchlief die Muskeln am Hals. Das kurze braune Fell fühlte sich im Sonnenlicht glatt und warm an, straff gespannt vor Kraft, bereit für Bewegung. Ich streichelte den Hals des Pferdes, und es schnaubte erneut.
    Ich lächelte erst, dann lachte ich; in der vormittäglichen Stille hörte das Geräusch sich seltsam und ungewohnt an.
    Als ich zu William aufschaute, grinste er, und seine Augen funkelten. »Ich hätte nie gedacht, dich einmal lachen zu hören«, sagte er. Dann lachte er selbst.
    Langsam, damit die Bewegung mich nicht erschreckte, wendete er das Pferd. Weiter unten am Pfad drehte Borund sich wieder dem Tor zu. Sein Zorn war offenbar verflogen. Ich reihte mich ein paar Schritte hinter William und dessen Pferd ein, weit genug entfernt, um im Bedarfsfall flüchten zu können, aber nah genug, um den feuchten Schweiß des Tieres zu riechen.
    »Das Pferd heißt Köte«, erklärte William, als wir zu Borund aufschlossen und auf die Straße gelangten. »Borunds Pferd heißt Stromer, weil Gart – der Stalljunge – beim Kauf des Tieres fand, die Farbe sei kackbraun gestromt. Der Name ist hängen geblieben.«
    Borund schnaubte verächtlich und murmelte bei sich: »Ein verflucht dummer Name.« Er schüttelte den Kopf, lächelte aber dabei. Dann streckte er den Arm aus und tätschelte Stromers Hals. Das Pferd nickte, als wollte es zustimmen.
    So nah beim Palast waren die Straßen von Amenkor fast menschenleer. Ich blickte zum Himmel, wie ich es am Siel getan hatte, und hob eine Hand, um die Augen vor der Sonne abzuschirmen.Es war ein wolkenloser Tag; der Himmel zeigte sich strahlend blau. Eine stete Brise wehte.
    Ich ließ den Blick zum Hafen wandern. Borunds Haus lag hoch genug am Hang, dass ich über die Dächer hinweg auf den Kai hinunterschauen konnte, auf die Masten der an den Docks vertäuten Segler. Weitere Schiffe befanden sich im Hafen selbst, wirkten ruhig inmitten des Schiefergraus der Wellen.
    Der fernen Seite der Bucht zu meiner Linken, jenseits des Flusses, wo der Siel verlief, schenkte ich keine Beachtung. Stattdessen drehte ich den Blick in die andere Richtung und nach oben, zum Palast.
    Im Sonnenlicht wirkten die nahezu fensterlosen Mauern glatt. Sie zeigten die Farbe von braunen Eierschalen. Es gab drei Mauerschichten. Der Palast befand sich innerhalb der dritten Mauer, ein Stück zurückversetzt. Mehrere Türme ragten in den leeren Himmel. Flaggen und Banner flatterten im Wind, zu weit entfernt, um sie zu hören. Ihre Farben nahmen sich gegen das helle Braun der Palastgebäude und gegen den Himmel bunt aus.
    »Dorthin sind wir unterwegs«, verriet William neben mir und nickte in Richtung des Palasts und der Mauern. »In die Altstadt. Dort treffen wir Carl um diese Tageszeit am wahrscheinlichsten.«
    Eine Weile starrte ich auf das, was ich zwischen den Gebäuden und über den Mauern vom Palast sehen konnte; dann wandte ich die Aufmerksamkeit der Straße zu. Je weiter wir uns von Borunds Haus entfernten, desto belebter wurde die Gegend.
    Ich tauchte in den Fluss.
    Es war wie am Siel. Oder am Kai. Eine Welt aus Grau und Rot mit einem gleichmäßigen Geräusch im Hintergrund.
    Die Spannung in meinen Schultern und meinem Rücken nahm zu, und die Unruhe, die mich wegen der Pferde, William und Borund erfasst hatte, wurde zu Besorgnis, weil ich sie alle vor Carl beschützen musste. Ich konnte immer noch die Schänkespüren und die Verzweiflung, als ich mich suchend zwischen den von Menschen wimmelnden Tische hindurchgekämpft hatte. Ich schaute zu William, um zu sehen, ob er es bemerkt hatte, doch er beobachtete eingehend die Straße. Auch er konnte die Schänke noch spüren. Ich sah es ihm an.
    Auch ich wandte mich nun wieder der Straße zu, und durch einen leichten Stoß gegen den Fluss spürte

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