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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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groß, enthielt ein Bett, ein Schreibpult, einen Stuhl, eine Laterne und ein großes Möbelstück mit zahlreichen Schubladen, das an einer Wand stand. Auf diesem Möbelstück stand eine große Schale, daneben ein Krug voll Wasser.
    »Varis?«, rief Lizbeth. Die Tür dämpfte ihre Stimme. »Varis, bist du wach? Borund möchte mit dir reden und hat mir aufgetragen, dir etwas zum Anziehen zu bringen.«
    Abermals klopfte es leicht an der Tür; dann öffnete Lizbeth sie vorsichtig und lugte herein. Als sie sah, dass niemand im Bett gelegen hatte, schwang sie die Tür erschrocken auf, bis sie mich erblickte.
    Die Panik verschwand aus ihren Zügen. Sie drückte sich den Stapel Kleider fest an die Brust und seufzte tief. »Der Regentin sei Dank! Ist alles in Ordnung? Wo hast du geschlafen?«
    Unbewusst wanderte mein Blick zu der Dunkelheit unter dem Bett, dann zurück zu Lizbeth, während meine Schultermuskeln sich spannten.
    Lizbeth runzelte verständnislos die Stirn; dann drehte sie den Kopf und nickte. »Ah.« Ihre Miene wurde sanfter. »Nicht an Betten gewöhnt? Wohl auch nicht an Bäder, vermute ich.« Ihre Augen verengten sich, als sie mein Haar, mein Gesicht musterte. In der Nacht zuvor hatte sie mich neben einer großen Wanne mit Wasser stehen lassen. Ich hatte lange darauf gestarrt, hatte an das Fass voll Regenwasser gedacht, das ich nach der Flucht vom Siel verwendet hatte, und mich gefragt, warum die Wanne so groß war. Ich hatte die Arme ins Wasser getaucht und war erschrocken, wie kalt es war. Nachdem ich mir die Arme abgeschrubbt hatte, entdeckte ich Stufen auf einer Seite und begriff, dass ich in das Wasser steigen sollte, wie damals am Nymphenbrunnen, als ich sechs war.
    »Sieht so aus, als brauchen wir ein weiteres Bad«, meinte Lizbeth, mehr zu sich selbst als zu mir. »Anscheinend war das trübe Wasser, das ich letzte Nacht abgelassen habe, nur der oberflächliche Schmutz. Wenigstens haben wir heute Zeit, das Wasser hereinzuholen und zu wärmen.« Sie kam weiter ins Zimmer und legte die Kleider aufs Bett, bewegte sich vorsichtig. »William hat mir gestern Abend, nachdem ich dich ins Bad gebracht hatte, die Lage erklärt. Er meinte, ich solle dir helfen, dich einzuleben.«
    Sie schaute mich an. Die Schärfe, die ich in der Nacht zuvor in ihren Augen gesehen hatte, war verschwunden. Sie kam noch weiter ins Zimmer und blieb ein paar Schritte vor mir mit einem unsicheren Lächeln stehen. »Er hat gemeint, ich soll vorsichtig mit dir umgehen. Dass du vielleicht nicht verstehst, wie gewisse Dinge vor sich gehen, und dass du alles bekommen sollst, was du willst. Hast du heute Morgen irgendwelche besonderen Wünsche?«
    Ich antwortete nicht. Kurz begegnete sie meinem Blick, dann schaute sie auf meine Kleider.
    »Gar nichts? Nun, ich habe dir neue Kleider gebracht, bessere als diese Lumpen.« Wieder blickte sie mir in die Augen; ihre Lider wurden schmal. »Ich nehme an, du möchtest wenigstens etwas essen. Eier? Schinken?«
    Mein Magen knurrte laut genug, dass Lizbeth es hörte. Verärgert verzog ich das Gesicht, während Lizbeth verhalten lächelte und ein Grinsen zu unterdrücken versuchte.
    »Dachte ich mir. Komm, gehen wir zuerst ins Bad, dann probieren wir die neuen Sachen an, und danach schauen wir, was es in der Küche gibt. Wie hört sich das an?«
    Drei Stunden später führte Lizbeth mich in einen Gang vor eine große Holztür. Meine Haut fühlte sich nach dem Bad, über das Lizbeth gewacht hatte, beinahe wund an, und meine neuen Kleider waren kratzig, zu weit und rochen nach Seife. Ich trug ein braunes Hemd, eine braune Hose mit einem dünnen Ledergürtel und Sandalen. Das Haar hing mir in feuchten Strähnen herab, und mein Kopf schmerzte noch, so kräftig hatte Lizbeth an meinem Haar gezerrt. Letztlich hatte sie den Versuch aufgegeben, es zu entwirren, und es stattdessen mit einer Schere gekürzt. Nun hing es mir nur noch bis zum Kinn statt bis über die Schultern.
    Ich hatte Lizbeth die ganze Zeit wütend angefunkelt, doch sie hatte mir gar keine Beachtung geschenkt. Ebenso wenig wie meinem Aufbegehren, als sie meinen Kopf unter Wasser getaucht hatte, indem sie mir die Hand darauf legte und mit überraschender Kraft drückte. Noch ehe ich zu prusten aufgehört hatte, hatte sie mir das Haar eingeseift. Dabei hatte sie ohne Unterlass vom Haus geredet und davon, wie es geführt wurde.
    Nun klopfte sie an die große Holztür und ließ einen letzten, prüfenden Blick über mich wandern, während ich mir den

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