Die Assassinen-Prinzessin (German Edition)
sowie vor allem um ihr geschwollenes Auge zu kümmern. Inzwischen war sie wieder vollkommen ruhig und auch ihre Verletzungen spürte sie nicht mehr. Aber ihr rechtes Auge würde am nächsten Morgen vollkommen blau sein – dessen war sie sich sicher. Doch darum würde sie sich später kümmern. Für das, was ihr bevorstand, war es vor allem wichtig, dass sie einen kühlen Kopf behielt und keine akuten Schmerzen verspürte. Denn falls irgendetwas nicht so laufen würde, wie sie es während ihrer Selbstpflege geplant hatte, würde die heutige Nacht ohnehin schmerzhaft genug werden – in mehr als nur einem Sinn.
Es war mittlerweile dunkel geworden. Ganz wie Fürst Pirag von Westgard es von ihr verlangte hatte, befand sie sich in diesem Moment auf dem Weg zu seinem Schlafgemach. Ganz im Gegenteil zu seinen weiteren Forderungen hatte sie jedoch dafür gesorgt, von keiner Menschenseele gesehen zu werden. Und anstelle eines ihrer Nachtkleider schmiegte sich ihre nachtschwarze Assassinenkleidung eng an ihren Körper. An ihrem Gürtel hing ihr wertvoller Schlangendolch und auch sämtliche anderen Waffen befanden sich ordnungsgemäß an ihren Plätzen. Selbst den Teleskopkampfstab trug sie vorsichtshalber in dessen Köcher auf ihrem Rücken.
Als sie den Ort erreichte, an dem ihr Stiefvater lüstern und unwissend auf sie wartete, öffnete sie ohne jegliches Zögern, aber dennoch leise die Tür und schlich in das Schlafzimmer hinein.
"Ich habe fast schon gedacht, du würdest trotz meiner höflichen Bitte nicht kommen", sprach Pirag sie sogleich aus der Richtung des Bettes an.
Er stand mit verschränkten Armen vor seiner Schlafstätte und wandte der jungen Fürstin den Rücken zu.
Wie hat er mich gehört?
, fragte sich Altyra überrascht, da weder sie noch die Tür den geringsten Laut von sich gegeben hatten.
Sie zerbrach sich jedoch nicht weiter den Kopf darüber, sondern handelte blitzschnell.
Wenn dieser Dummkopf der Meinung ist, mir den Rücken zudrehen zu können, kann ich diesen Fehler auch zu meinem Vorteil nutzen.
Sie sprang auf Pirag zu, zog während des Sprunges ihren Schlangendolch und schnitt ihm beide Achillessehnen durch, sodass ihr Opfer mit einem erstickten Schmerzensschrei und hilflos rudernden Armen nach hinten kippte. Als er mit dem Rücken auf dem Holzboden aufschlug, kniete Altyra bereits über ihm und hielt ihm die Spitze ihres Dolches gegen die Kehle.
"Eine falsche Bewegung und du bist tot", sprach sie ganz ruhig und in eisigem Tonfall. "Damit hast du nicht gerechnet, alter Narr. Hast du wirklich geglaubt, ich würde mich dir unterwerfen und mit dir das Bett teilen? Dann lass dir eines gesagt sein: Ich bin nicht meine Mutter und ich habe deinen Schutz nicht nötig! Mein Name lautet Todesklinge und ich werde heute Nacht nicht deine Gespielin und auch nicht dein Opfer, sondern dein Ende sein."
Nach diesen Worten rammte sie die Klinge ihres Dolches bis zum Heft in die Kehle ihres Stiefvaters, wo sie diese einfach stecken ließ. Im Anschluss rutschte sie von dem zuckenden Körper des Mannes herunter und schaute ihm beim Sterben zu.
Nachdem der Fürst bereits eine ganze Weile leblos am Boden gelegen hatte, blickte Altyra schließlich in dessen angstgeweitete und ungläubig starrende Augen. In dem Moment realisierte die junge Frau, was sie soeben getan hatte. Sie hatte zum allerersten Mal in ihrem Leben jemanden umgebracht. Dieser Gedanke schoss ihr durch den Kopf – so albern das bei einer der berühmtesten Assassinen der ihr bekannten Welt auch klingen mochte. All die vorhergehenden Male, die sie getötet hatte, hatte sie im ausdrücklichen Auftrag der Gilde der Assassinen gehandelt und nahezu keine Emotionen in die Erfüllung ihrer Aufträge einfließen lassen. Doch nun hatte sie, Fürstin Altyra von Falkenau, und nicht Todesklinge jemanden umgebracht, der nicht auf der Liste der Gilde stand. Welche Konsequenzen das für sie haben würde, falls die Gilde jemals davon erfahren sollte, wollte Altyra überhaupt nicht wissen. Deshalb zwang sie sich mit eisernem Willen aus ihrer Versteinerung, riss den blutigen Schlangendolch aus dem Holzboden sowie der durchbohrten Kehle ihres Stiefvaters und eilte lautlos aus dem Raum, nachdem sie die Klinge an Pirags Nachthemd gesäubert hatte.
Jetzt war äußerst schnelles Handeln angesagt. Niemand durfte Todesklinge mit diesem verbotenen Mord in Verbindung bringen. Sie musste schnellstmöglich nach Falkenstadt gelangen und noch in dieser Nacht einen ihrer
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