Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
Vom Netzwerk:
Prozent von ihrem hart erarbeiteten Geld?
    Kurz darauf hatte sie Lane Chandler am Apparat, und der Klang ihrer leisen, melodiösen Stimme wirkte Wunder. Sie beruhigte Priscilla, als hätte man sie in kaltes Wasser getaucht.
    “Priscilla, wie geht es Ihnen?”, fragte Lane. “Wie kann ich Ihnen helfen?”
    Sie flehte Lane an, den Produzenten der Morgenshow anzurufen und das Interview zu verschieben. “Bitte”, beschwor sie Lane, “tun Sie es jetzt. Sagen Sie denen, ich hätte einen Unfall gehabt.”
    “Einen Unfall?”
    Priscilla versicherte ihr, dass es nichts Ernstes sei, nur furchtbar unangenehm.
    “Ich werde mich darum kümmern”, versprach Lane. “Jetzt holen Sie erst einmal tief Luft und beruhigen Sie sich. Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht? Ich kann einem unserer Ärzte Bescheid sagen, wenn Sie medizinische Hilfe brauchen. Er ist sehr diskret!”
    “Nein! Keinen Arzt! Es geht mir gut. Rufen Sie einfach nur an und sagen den Termin ab. Sonst braucht niemand davon zu erfahren, verstanden?”
    Sie drückte den Knopf, um das Gespräch zu beenden, unfähig zu glauben, was gerade geschehen war. Alles war so perfekt gewesen. Es hatte sich angefühlt, als sei das Schicksal ihr gnädig gestimmt. Noch nie hatte sie sich so gelassen oder bereit für die vor ihr stehende Aufgabe gefühlt. Das sollte der strahlendste Moment ihres Lebens werden. Und er hatte alles ruiniert.
Es war alles seine Schuld!
    Schluchzend und fluchend begann sie, auf den bewusstlosen Mann einzuschlagen. Das leise Surren der Kamera nahm sie nicht wahr. Eine Gestalt stand still in jenen dichten Büschen verborgen, zu denen Priscilla den Mann hatte ziehen wollen. Die Kamera war auf sie gerichtet wie eine Waffe.

6. KAPITEL
    D arwin LeMaster konnte sich nicht daran erinnern, wie er einen Anruf auf seinem Handy annehmen musste. Dabei war es im wahrsten Sinne des Wortes sein Gerät. Er hatte es entworfen und patentieren lassen und damit – wenn man den Reportern Glauben schenkte – ein revolutionär neues Kommunikationssystem geschaffen. Mit einem Tastendruck wurde der Klient zum Beispiel sofort mit der Agentur verbunden. Das Wunderhandy war außerdem mit dem weltweit wichtigsten Ortungs- und Navigationssystem GPS ausgestattet. Außerdem gestattete das Gerät nicht nur sichere, sondern sogar nicht rückverfolgbare Anrufe. Das Darwin-Phone hatte Darwin LeMaster mit achtundzwanzig Jahren zu einem reichen Mann und einem Mythos der Elektronikbranche gemacht.
    Verflucht noch mal. Er konnte den Anruf immer noch nicht annehmen.
    Jetzt spielte das Telefon auch noch “Paranoid” von Black Sabbath in voller Lautstärke, was etwa die gleiche Wirkung hatte, als wenn einem ein Esel gegen den Kopf trat. Meistens war das auch nötig, um Darwins Aufmerksamkeit zu wecken. Aber das hier war kein gewöhnlicher Anruf. Kaum hatte er die Nummer auf dem Display erkannt –
ihre
Nummer –, war sein Hirn wie leergefegt. Was nützte einem der IQ eines Genies, wenn man es nicht schaffte, den Anruf einer echt heißen Frau anzunehmen?
    Der Lärm hörte auf, als die Anruferin zur Mailbox weitergeleitet wurde, und Darwin seufzte erleichtert auf. Zugleich fühlte er sich schuldig. Was war er nur für ein Mann? Manchmal fragte er sich, ob er überhaupt ein
echter
Kerl war.
    Überall in seinem höhlenartigen, bis obenhin vollgestopften Büro, das seine Arbeitskollegen “Kommando- und Kontrollzentrale 1” nannten, summten elektronische Geräte, unterbrochen von geheimnisvollen unregelmäßigen Pieptönen. Der Geruch von abgestandenem Kaffee hing in der Luft. Ein gutes Dutzend halb voller Plastikbecher stand herum; er vergaß sie immer irgendwo, sobald er eine neue Idee hatte. Das Frühstück von diesem Morgen, ein glasierter Donut, lag angebissen und vergessen auf dem Aktenschrank neben seinem Schreibtisch. Meistens vergaß er das Essen.
    Darwin griff nach dem Donut, biss hinein und kaute gedankenverloren. Frauen machten sich immer Sorgen, wenn ein Mann nicht genug aß. Dann kam die Mutter in ihnen zum Vorschein. Obwohl seine Chefin und langjährige Freundin Lane Chandler ihn nicht offen damit nervte, ein paar Pfund zuzulegen, hatte sie doch heute Morgen den Donut mitgebracht.
    Mit dem Vorschlag, die Kommandozentrale herauszuputzen, ging sie ihm allerdings ganz gewaltig auf die Nerven. Sie wollte sogar professionelle Büroausstatter und Innenarchitekten kommen lassen, aber bisher hatte er sie stets hinhalten können.
    Darwin stand auf und streckte sich wie eine Katze.

Weitere Kostenlose Bücher