Die Assistentin
sadistisch und Erschlagen zu brutal, aber Rick blieb keine andere Wahl. Erschlagen hielt er für das Schnellste und Schmerzloseste. Er hätte sich eine Lebendfalle besorgen sollen, aber im Laufe der Zeit war der Krieg immer unerbittlicher geworden. Die Maus hatte ihn immer wieder zum Narren gehalten, bis er das Biest leiden sehen wollte. Anscheinend wurde er jetzt doch weich.
Er holte einen Holzhammer aus der Küchenschublade, in der er sein Werkzeug aufbewahrte. Doch als er das Sieb hochhob, rührte die Maus sich nicht mehr. Sie war bewusstlos – oder tot. Sie schien nicht mehr zu atmen und reagierte nicht, als er sie mit dem Hammerstil antippte.
Aus der Tasche zog er ein paar Latexhandschuhe hervor. Seit seiner Zeit bei der Sitte trug er ständig Handschuhe bei sich, so wie andere Männer ständig Kondome dabeihatten. Man konnte nie wissen, wann man sie brauchte.
Rasch hatte er die Maus aus der Falle befreit, aber sie zeigte immer noch kein Anzeichen von Leben. Das Bein war eindeutig gebrochen. Sie sah überhaupt nicht mehr so teuflisch clever aus. Eher wie eine wehrlose Kreatur, die im allgegenwärtigen Überlebenskampf den Kürzeren gezogen hatte. Fressen bedeutete Überleben. Käse war Fressen. Sie hatte nur versucht, zu fressen, ohne dabei zu sterben.
Ricks Gedanken nahmen eine ironische Wendung. Vielleicht war die Maus doch nicht so bösartig. Schließlich war er so schlampig und ließ ständig seinen Müll herumstehen. Außerdem war es keine schöne Art zu sterben, wenn man jemandem in die Falle ging. Es war gemein, ein lebendes Wesen mit dem zu locken, was es am meisten wollte – und es dann dafür umzubringen. War Ned auch auf diese Weise gestorben? War er in eine tödliche Falle getappt?
Bei diesem Gedanken verkrampfte sich Ricks Magen, und er verdrängte die Fragen. Er hatte ohnehin keine Antworten. Alles, was er hatte, war eine tote Maus, die er loswerden musste. Er ließ sie auf dem Boden liegen und ging ins Schlafzimmer, um einen Schuhkarton zu holen. Vielleicht sollte er seinem Feind zumindest eine richtige Beerdigung gönnen.
Als er zurückkam, war die Maus verschwunden. Eine dünne Blutspur führte zum Kühlschrank, aber von der Maus war nichts zu sehen. War sie wieder aus ihrer Ohnmacht erwacht und hatte sich über den Boden in die Freiheit geschleppt? Oder hatte sie ihm die ganze Zeit etwas vorgespielt?
Eins zu null – oder zwanzig zu null – für die Maus. Rick hatte aufgehört, zu zählen.
8. KAPITEL
S imon Shan wanderte zu den antiken Zeremonienschwertern an seiner Schlafzimmerwand hinüber und nahm einen Dolch mit jadebesetztem Griff in die Hand. Außer dem kostbaren Mahjong-Spiel, das seiner Großmutter gehört hatte, war diese Waffe das einzige wertvolle Erbstück der Familie Shan. Seit Generationen wurde sie vom Vater an den ältesten Sohn weitergegeben. Sein Vater hatte ihm den Dolch überreicht. Die Klinge war scharf genug, um einen Seidenschal durchzuschneiden.
Simon strich mit dem Zeigefinger über die Klinge und beobachtete, wie ein Blutstropfen hervorquoll. Faszinierend. Dabei hatte er nichts gespürt.
Er hatte sich in seinem großzügigen Schlafzimmer verkrochen und darüber nachgegrübelt, was von seiner glanzvollen Karriere wohl übrig bleiben würde. Als sein kometenhafter Aufstieg vor zwei Jahren begonnen hatte, hatten die Medien einen ziemlichen Wirbel um sein asiatisches Aussehen veranstaltet. “Exotisch und edel zugleich”, hatten sie ihn genannt. Vielleicht hatte sein Gesicht deshalb allein in diesem Monat die Titel der fünf bekanntesten Zeitschriften geziert.
Die Magazine lagen wie ein riesiges Diadem aufgefächert auf der Polsterbank am Fußende des Bettes, wo seine ehemalige Assistentin sie ausgebreitet hatte. Auch in unzähligen Shows und Nachrichtensendungen war er zu Gast gewesen. Er hatte Fragen über seine neue Position bei Goldstar Collection beantwortet, der größten exklusiven Ladenkette des Landes.
Man hatte ihn den Erben von Martha Stewart und die nächste echte Lifestyle-Ikone genannt. Aber das war vorbei, Schnee von gestern. Heute war er ein Drogenhändler. Vor zwei Wochen hatten Beamte der Drogenfahndung Opium im Wert von einer halben Million Dollar im Tank seines Bentleys gefunden. Er wurde angeklagt, mithilfe seiner Import-Export-Firma Drogen ins Land zu schmuggeln und sie weiterzuverkaufen.
Heute war er nicht mehr als ein sterbender Stern, der noch ein letztes Mal hell aufglühte.
Er durchschritt sein in Blau- und Grüntönen
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