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Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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erwischt worden war. Innerlich jedoch hatte er vor Wut gekocht über die Andeutungen, dass mehr dahintersteckte als eine Jugendsünde. Er war in London erzogen worden, doch der größte Teil seiner Familie lebte immer noch in Taiwan. Sie hatte einen tadellosen Ruf, und dieser Vorfall hatte tiefe Schande über sie gebracht. Noch schlimmer: Sein Vater schien den Vorwürfen Glauben zu schenken. Der stolze alte Mann beantwortete Shans Anrufe nicht mehr.
    Er öffnete einen Briefumschlag nach dem anderen und überflog den Inhalt. Plötzlich war er selbst in seinem engsten Umfeld zu einer unerwünschten Person geworden, wurde gemieden. Die Adressen der Absender las er schon gar nicht mehr. Er wollte es nur endlich hinter sich bringen. Im Moment erschien ihm ein leerer Küchentresen wie ein kleiner Sieg.
    Als er den nächsten dicken Umschlag aufschlitzte, umdrehte und schüttelte, flatterten Hundert-Dollar-Noten heraus wie Konfetti. Er zählte sie nicht. Es mussten mehrere tausend Dollar sein – und er wusste sofort, von wem sie kamen.
    Sein Vater hatte ihm das Geld zurückgeschickt. Seit Simon seinen Abschluss in Oxford gemacht und als Kellner gearbeitet hatte, um seine weitere Ausbildung in Paris zu finanzieren, hatte er seine Familie mit Schecks unterstützt. Das hier war die Art seines Vaters, ihm zu sagen, dass er diese Hilfe nicht mehr wünschte. Nicht um diesen Preis.
    Shans Kehle schien sich zusammenzuschnüren, und plötzlich er hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Nur mit Mühe unterdrückte er den Brechreiz.
Ich muss stark sein!
Ihm blieben zwei Möglichkeiten, um den guten Namen und die Ehre der Familie wiederherzustellen. Entweder schaffte er es, seine Unschuld zu beweisen – oder er nahm sich das Leben. Einen anderen Weg, den Albtraum, den er über seine Familie gebracht hatte, zu stoppen, gab es nicht. Nur wenn er nicht mehr da war, konnten seine Angehörigen den Kopf wieder hochhalten. Er wusste, dass diese Art zu denken jedem fremd vorkommen musste, der nicht so aufgewachsen war wie er. Doch es war ein Teil seiner Kultur.
    Stärke. Stolz. Mut. Er war ein Krieger.
    “Simon … Nachricht.”
    Irritiert sah Simon sich um. Es klang, als hätte jemand seinen Namen geflüstert. Eine Frau. Lane Chandler? Sein Blick fiel auf ein kleines blaues Blitzlicht. Das Darwin-Phone. Als er vor ein paar Tagen das Handy ausschalten wollte, musste er in der Eile den Lautestärkeregler statt des Aus-Knopfes gedrückt haben.
    “Simon, du hast eine neue Nachricht.”
    Es war tatsächlich sein Handy, doch ob es sich bei der Stimme um die von Lane Chandler handelte, konnte er nicht sagen. Aber sie erinnerte ihn an Lanes leise, beruhigende Stimme, die immer ein wenig atemlos klang. Die Sorte Stimme, auf die ein Mann, der Frauen mochte, automatisch reagierte und ihm kalte Schauer über den Rücken jagte. Und Simon mochte Frauen. Gleichgültig, was in den Medien darüber spekuliert wurde.
    Er legte den Dolch neben das Handy und betrachtete beides nachdenklich. Eines war antik, das andere ultramodern. Beides war geschaffen worden, um zu beschützen, und doch konnte beides das Leben eines Menschen in Sekundenschnelle zerstören. Er holte tief Luft. Der Anruf konnte nur unangenehm sein. Doch wenn er schon einmal dabei war, Ordnung zu schaffen, konnte er auch gleich seine Nachrichten abhören.
    Die Mailbox war voll. Er würde bei The Private Concierge anrufen müssen, um die restlichen Nachrichten zu bekommen. Hastig scrollte er durch die Anrufliste. Seine Anwälte hatten es ein paarmal versucht, ebenso sein PR-Berater, seine Concierge und auch Lane Chandler persönlich. Doch in diesem Augenblick interessierte ihn nur die Nachricht vom Vorsitzenden von Goldstar Collection. Sie war zwei Tage alt.
    “Simon, bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen auf Band spreche, aber Sie sind nicht ans Telefon gegangen. Es geht um die Erklärung, über die wir diskutiert haben. Dass wir an Ihre Unschuld glauben und uns hinter Sie stellen … Nun, unsere Anwälte und die PR-Leute haben uns geraten, diese Erklärung nicht zu veröffentlichen. Sie haben vorgeschlagen, dass wir uns bedeckt halten. Ihnen raten sie übrigens dasselbe. Der Vorstand hat entschieden, dass wir den Start Ihrer neuen Kollektion verschieben, bis in der Angelegenheit ein Urteil gesprochen ist. So können Sie und Ihre Anwälte sich ganz darauf konzentrieren, Ihren Namen reinzuwaschen. Dann können wir diesen unglücklichen Vorfall hoffentlich bald vergessen. Viel Glück, Simon.

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