Die Assistentin
was Miss Pris gegen Lane aufgebracht hatte. Anscheinend hatten alle Priscilla dasselbe geraten, und jetzt ging sie überhaupt nicht mehr ans Telefon. Lane versuchte bereits den ganzen Abend, sie zu erreichen.
Manche Menschen schufen sich ihre Probleme selbst, und es sah so aus, als sei Priscilla einer von ihnen. Lane seufzte schwer und drückte das Mikrofonsymbol, um das Diktiergerät ihres Handys zu aktivieren. Vielleicht fühlte sie sich besser, sobald sie ihre Sorgen ihrem digitalen Tagebuch anvertraut hatte.
“Priscilla Brandt ist heute ausgeflippt und hat einen obdachlosen Mann auf ihrem Grundstück angegriffen. Ich habe versucht, den Schaden in Grenzen zu halten, und ihren Interviewtermin mit Leanne Sanders abgesagt. Doch langfristig muss diese Frau ihre Wut in den Griff bekommen. Sie braucht medizinische Hilfe und vermutlich auch ab und zu eine Zwangsjacke.”
Bei diesem Gedanken musste Lane lächeln. Sie musste so oft Egos hätscheln, dass es guttat, einmal das zu sagen, was sie wirklich dachte. Auch wenn es beleidigend war und sie ihre eigenen Verträge damit brach.
Sie löschte die Aufnahme und begann von Neuem. “Montag, 7. Oktober. Priscilla Brandt hatte eine Auseinandersetzung mit einem obdachlosen Mann auf ihrem Grundstück …”
Je länger Lane die Ereignisse des Tages aufzählte, desto monotoner wurde ihre Stimme. Als sie zur To-do-Liste kam, benutzte sie Sprachkommandos, um die Dinge zu streichen, die sie erledigt hatte, und mehrere neue Punkte hinzuzufügen. Ganz oben auf der Liste stand die Reisevorbereitung für die Fahrt nach Dallas in drei Tagen. Als Nächstes musste sie sich um die Kunden kümmern, die nicht in einer Krise steckten. Sie würde Jerry Blair anrufen, um mit ihm ein paar Ideen für die Geburtstagsfeier seiner Tochter durchzugehen. Er hatte schließlich doch eine Partyplanerin engagiert, die sie ihm empfohlen hatte, aber sie wollte ihn wissen lassen, dass sie sich immer noch darüber Gedanken machte. Vielleicht sollte sie ihn auch um Rat fragen? Und sich einen guten Anwalt suchen.
Lane war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie nichts anderes mehr mitbekam. Die letzten Angestellten waren bereits vor einer Stunde gegangen, und niemand, der nicht in diesem Gebäude arbeitete, kam an dem Sicherheitspersonal am Empfang vorbei. Sie dachte, sie wäre allein.
Doch sie hätte sich nicht stärker irren können.
Ein Mann stand in der Tür hinter ihr und belauschte jedes ihrer Worte. Er arbeitete nicht in dem Gebäude, doch er hatte das Sicherheitssystem mit Leichtigkeit ausgetrickst. Und dann nutzte er aus, dass die Türen der Agentur immer offen standen. Und jetzt würde er Lane Chandler das Fürchten lehren.
11. KAPITEL
P riscilla Brandt marschierte von einem Ende ihres Wohnzimmers zum anderen und riss die Vorhänge zurück. Draußen war es dunkel, und sie konnte nicht erkennen, was für Ungeheuer sich dort draußen herumtrieben und hinter den Büschen versteckten. Aber die Monster konnten sie sehen.
Dann ist das eben so! Sollen die Paparazzi mich doch ausspionieren! Soll die Polizei mich doch verhaften!
Sie würde sich nicht in ihrem Haus verbarrikadieren wie ein in die Enge getriebenes Tier. Sie würde sich nicht verkriechen, sich nicht ducken und auch nicht so tun, als täte es ihr leid.
Zugegeben, sie
war
froh, dass sie den Mann nicht umgebracht hatte. Aber das war auch schon alles.
Sie zerrte an einem Vorhang, der sich nicht öffnen lassen wollte. Das ganze Haus war computergesteuert, einschließlich der Vorhänge, die so programmiert waren, dass sie sich morgens öffneten und abends schlossen. Natürlich konnte sie sie auch per Fernbedienung steuern, aber bei ihrer gegenwärtigen Laune kam das nicht infrage. Priscilla würde den Teufel persönlich bei den Hörnern packen, wenn er sich in ihre Nähe trauen würde.
Irgendjemand hatte sie heute Morgen dabei gefilmt, wie sie diesen starrköpfigen Obdachlosen verjagen wollte, und die Bilder dann an eine sensationslüsterne Tratschseite verkauft. Anschließend hatten die Presseagenturen das Thema aufgegriffen. Den ganzen Tag war Priscilla gezwungen gewesen, den scheußlichen Clip zu sehen, in dem sie auf einen hilflosen Mann einprügelte.
Natürlich stand sie jetzt da, als wäre
sie
das Ungeheuer. Ihr PR-Berater hatte ihr empfohlen, sich einen Anwalt zu nehmen, der Presse aus dem Weg zu gehen und den Mund zu halten. Aber das war nicht Priscillas Stil. Letztlich musste ja sowieso
sie
mit der Polizei reden. Die Cops standen
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