Die Assistentin
plötzlich auf ihrer Türschwelle und wollten sie mit aufs Revier nehmen. Nur weil sie hyperventiliert hatte und durch eine Tüte einatmen musste, hatten sie sich bereit erklärt, sie zu Hause zu befragen.
Es gab niemanden, den sie anrufen konnte. Ihre Eltern würden die Peinlichkeit nur noch vergrößern. Sie lebten in einer baufälligen Hütte auf einem schäbigen Stück Land in der Nähe der Grenze zwischen Kalifornien und Oregon. Offiziell wohnten sie in Oregon, wodurch sie einen Haufen Steuern sparten. Sie trugen keine Schuhe und waren die Inspiration für die meisten Dinge, die Priscilla in ihrem Buch unter der Überschrift “Vermeiden Sie unbedingt …” beschrieben hatte. Seit sie in L.A. lebte, hatte sie keine Zeit gehabt, um Freundschaften zu pflegen. Sie hatte sich einzig und allein auf ihre Karriere konzentriert. Ihre Straße zum Erfolg war eine Expressroute, und es erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, nicht vom Weg abzukommen.
Also musste sie jetzt alles allein durchstehen. Sie hatte der Polizei erzählt, dass es ein Akt der Selbstverteidigung gewesen sei und dass der Mann sie schon seit Tagen belästigte, was zumindest zum Teil die Wahrheit war. Er
hatte
sie belästigt, und es
war
Selbstverteidigung gewesen, selbst wenn es nicht der Kerl war, der sich vor Tagen schon einmal hier breitgemacht hatte. Sie hatte sogar zugegeben, dass sie ihm beim ersten Mal Geld gegeben hatte. Sie lebe ganz allein, und da habe sie einfach Angst bekommen, hatte sie erklärt.
Zum Glück war der Mann heute Morgen doch noch verschwunden. Er war wieder zu Bewusstsein gekommen und verschwunden, bevor die Polizei aufgetaucht war. Trotz einer gründlichen Suche in der Nachbarschaft konnte die Polizei ihn nicht finden, sodass keine Anklage gegen sie erhoben werden konnte. So viel Glück im Unglück hatte sie doch gehabt.
Priscilla fuhr fort, die Vorhänge aufzureißen. Als alle offen waren, glich ihr Wohnzimmer einem Amphitheater, in dem das Publikum in der Dunkelheit hinter den Fenstern verborgen blieb. Sie goss sich ein Glas exzellenten französischen Weins ein, ließ ihn kreisen, roch daran und nahm die Spuren von Kirsche und Süßholz darin wahr. Sie gab den Leuten Ratschläge, woran man einen guten Wein erkannte. Meistens tat sie nur so, als hätte sie Ahnung; das durchschaute jeder Weinkenner auf den ersten Blick. Doch die breite Öffentlichkeit wusste es nicht. Inzwischen war sie allerdings in so vielen Bereichen zur Expertin erhoben worden, dass das kein Problem darstellte.
Sie hustete, als sie sich an dem Wein verschluckte. Vielleicht war der Druck einfach zu stark für das pickelige kleine Mädchen, das sie einst gewesen war. Das in einer Grenzstadt aufgewachsen und mit Fast Food gefüttert worden war. War das der Grund dafür, dass sie immer wieder durchdrehte und andere Menschen beleidigte – oder wie jetzt sogar angriff?
Ihr Darwin-Phone klingelte. Am Klingelton erkannte sie, dass es Lane Chandler persönlich war. Aber Priscilla hatte schon den ganzen Tag Anrufe und schlaue Ratschläge über sich ergehen lassen müssen. Auch Lane Chandler hatte bereits in den Chor eingestimmt und ihr nahegelegt, einen Anwalt einzuschalten. Offensichtlich bot The Private Concierge ihren Kunden sogar Rechtsberatung an. Aber Priscilla vertraute Anwälten nicht. Sie hatte noch nicht einmal eine persönliche Assistentin, wodurch sie höllisch viel um die Ohren hatte. Aber sie verging fast vor Angst, als Betrügerin und Bauerntrampel entlarvt zu werden.
Bisher war sie auch hervorragend allein zurechtgekommen.
Sie ließ das Weinglas an der Bar stehen und ging zum Fenster hinüber, die Hände trotzig in die Hüften gestemmt. Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen.
Seht mich nur an, ihr Aasgeier! Versucht doch, mich zu zerstören! Das werde ich niemals zulassen!
Sie würde sogar eine Möglichkeit finden, um diese Katastrophe zu einem Pluspunkt für ihre Karriere zu machen. Natürlich würde sie sich nicht lächerlich machen und als Wiedergutmachung in einem Obdachlosenheim arbeiten oder so. Sollten sie doch die zurückgebliebenen Filmsternchen mit ihren Silikonbrüsten damit demütigen.
Sie
war eine Autorin.
Unter Umständen könnte sie daraus ein Kapitel für ihr nächstes Buch machen. Es nicht als Katastrophe hinstellen, sondern als Lektion fürs Leben.
Lassen Sie nicht zu, dass sich Ihnen lahme Enten in den Weg stellen. Erschießen Sie sie und machen Sie einen Weihnachtsbraten aus ihnen.
Ihr Telefon klingelte erneut und
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