Die Attentäterin
Schließlich ist Geld ihr primäres Ziel. Geld ist der Anreiz, den ihr Menschen bieten, um andere Menschen zu ihrer Beute zu machen. Mit diesem Geld kann sie sich einen angenehmen Lebensstil im Reich der Menschen kaufen.
»Warum gehen wir nicht etwas essen?«
Sie könnte einen anständigen Happen vertragen.
Adama gestikuliert. Tikki halftert die Kang und geht hinaus. Adama kommt ihr nach. Sie vergewissert sich, daß die Tür verschlossen ist, dann geht sie voran, die Treppe hinauf, in die Gasse und zur Zehnten Straße. Adamas glänzend schwarzer Mitsubishi Nightsky wartet am Straßenrand. Tikki hat ihn zuvor dort nicht stehen sehen. Er muß um die Ecke geparkt haben. Sie folgt ihm in den Wagen, und die Limousine fährt zügig los.
Adama bietet ihr einen Dannemann-Zigarillo an. Sie nimmt ihn und anschließend auch Feuer. »Ich kenne ein wunderbares kleines Restaurant«, sagt er. »Fabelhaftes Essen. Chinesisch. Wenn Sie die Indiskretion entschuldigen.«
Indiskretion? Als sei ihre asiatische Herkunft ein großes Geheimnis? Sie nimmt an, daß dies wieder einer von Adamas kleinen Scherzen ist. Seltsamerweise empfindet sie das Bedürfnis zu lächeln. Wirklich, es ist ein so alberner Scherz, daß sie sich geradezu verpflichtet dazu fühlt.
Der Wagen fährt zur Front Street, dann die Kensington Avenue hinauf und nach Nordostphilly. Kurze Zeit später hält der Wagen vor einem Restaurant namens Hunan Mayfair, einem netten kleinen Laden. Die Videoanzeige im Fenster blinkt: Schweinefleisch Moo Shu! Mit Kohl und Eiern geröstet! Alles frisch! Alles echt! Mit Pfannkuchen nach Mandarinart in Pflaumensauce!
Irgend etwas an diesem Laden stört Tikki, aber sie kommt einfach nicht darauf, was es ist. Vielleicht liegt es auch nur daran, daß sie Adama noch nie hat Chinesisch essen sehen. Trotz des Namens, den er führt, Adama Ho, hat er bislang keine Vorliebe für irgendein anderes Essen als den üblichen Anglo-Fraß an den Tag gelegt. Sie folgt ihm hinein. Sie nehmen einen Ecktisch.
Tikki wirft einen Blick auf die Speisekarte und entscheidet sich für Rindfleisch Kung Po.
»Ich will es heiß«, sagt sie zu dem alten Mann, der ihre Bestellung aufnimmt.
»Ja. Sehr heiß.« Der alte Mann verbeugt sich und geht.
Tikki sieht Adama an, doch er lächelt nur. Sie fragt sich, warum der alte Mann auf Mandarin geantwortet hat. Sie trägt eine verspiegelte Sonnenbrille, so daß der offensichtlichste Hinweis auf ihre asiatische Abstammung verborgen ist. Was, zum Teufel, geht hier vor?
»Es ist schon in Ordnung«, sagt Adama gütig lächelnd, indem er den Vorfall mit einer raschen Handbewegung abtut.
Tikki beschließt, sich wegen des alten Mannes keine Gedanken zu machen.
»Es ist ein paar Tage her, seit ich zuletzt von Ihnen gehört habe«, sagt Adama, der immer noch lächelt und seinen Gehstock zwischen den Fingern zwirbelt. »Ich nehme an, Sie haben alle Probleme bewältigt.«
Den Anschlag auf ihr Leben? Den hat sie prima bewältigt. Sie hat Hammer und seine Bande blutiger Amateure in Stücke gerissen. Sie hat sie abgeschlachtet. Im wahrsten Sinne des Wortes. »Sie haben bekommen, was sie verdient haben.«
Adama betrachtet sie, lächelt, als sei er belustigt, deutet vage auf sie. »Sie klingen so grimmig heute abend.«
Die Vorstellung läßt sie wieder lächeln, bösartig diesmal. Sie fühlt sich tatsächlich grimmig, jetzt, wo Adama es erwähnt. Sie weiß gar nicht, was mit ihr los war. Es gibt überhaupt keinen Grund, die Stadt zu verlassen. Sie hat nichts zu befürchten. Nichts kann sie aufhalten. Sie wird alles und jeden umbringen, der es versucht. Umbringen, zerfetzen, verschlingen. Zum Teufel mit der Yakuza. Zum Teufel mit allen, allen Menschen. Magere Schwächlinge. Schlappe zweibei nige Fleischklöpse. Menschen sind doch nur Beute. Sie sollte sie alle abschlachten. Sie hat genug von ihrem Gestank.
Während des Essens erklärt Adama ihr den nächsten Job. Später wird er ihr genauere Anweisungen geben. Fürs erste ist nur wichtig, daß ihr nächstes Ziel ein hochrangiger Yakuza-Exec ist, der für Adama und seine Organisation immer noch die größte Gefahr darstellt. Dieser Mann, ihr nächstes Ziel, muß am grausamsten von allen niedergemetzelt werden.
Sein Name ist Bennari Ohashi.
39
Raman bockt den Hobel auf und sieht Eliana an. Fürs erste tut sie nicht mehr, als sich mit den Fingern durch das blaßblonde Haar zu fahren: glätten, zupfen, auflockern. Daß sie ihre Zeit mit derart trivialen Dingen
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