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Die Attentäterin

Die Attentäterin

Titel: Die Attentäterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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dich?«
    »Sag du es mir.«
    »Ich weiß es nicht.« Er hebt beide Hände an die Schläfen und streicht zögernd sein Haar zurück. »Ich war... eine Waise. Ich wurde von Menschen aufgezogen. Lange Zeit... hielt ich mich für einen Menschen. Dann, als ich noch jung war, verwandelte ich mich. Eines Nachts schien sich der Mond in mich hineinzubrennen wie... wie die Sonne am Mittag. Wie Feuer. Und da verwandelte ich mich. Zum erstenmal. Ich habe einmal gehört, daß... daß Wesen wie wir Wer genannt werden. Stimmt das?«
     
    Tikki nickt.
    »Aber wir sind keine Wölfe. Keine Werwölfe. Wir sind Tiger.«
    »Wertiger.«
    »Wer... tiger.« Er sagt das so, als sei er unsicher und denke darüber nach. Dann sieht er sie an. »Du bist der erste Wertiger, der mir je begegnet ist.«
    Tikki ist alles, was er sagt, ein Rätsel. Wenn es stimmt, was Raman sagt, ist seine Verwirrung absolut gerechtfertigt. Was sie stört, geht noch darüber hinaus, betrifft ihre eigenen Vorstellungen. Sie muß früher schon darüber nachgedacht haben - was sie ist, was sie nicht ist -, aber es ist schwierig, sich zu erinnern, zu welchen Schlußfolgerungen sie gelangt ist.
    Lange Zeit glaubte Tikki, sie sei eine Tigerin, die menschliche Gestalt annehmen kann. In den letzten Jahren hat sie sich gefragt, ob das stimmt. Sie ist nicht nur ein Tiger mit paranormalen Fähigkeiten. Noch ist sie ein Mensch. Sie ist ein Wertiger, und das ist etwas Besonderes, aber was bedeutet es? Was soll es bedeuten?
    Manchmal wird ihre tierische Komponente so stark, daß sie kaum denken kann. In letzter Zeit war es sehr häufig so. Sie fragt sich, warum.
    Raman kommt näher, so nah, daß sich fast ihre Gesichter berühren. »Es ist mir egal... wofür mich die Menschen bezahlt haben«, sagt er leise. »Dies hier ist wichtiger.«
    »Was?«
    »Dies hier. Wir.«
    »Und das heißt?«
    »Ich... will dich.«
    Tikki kann es sehen. Sie kann es riechen, schmecken. Es ist eine Tatsache, die die Luft erfüllt und ihr einen Schauer über den Rücken jagt. Es ist Wahnsinn. Sie weiß es, aber es ist ihr egal. Sie wird warm, richtig warm, warm und naß, schneller als je zuvor, stärker als je zuvor. Als hätte ihr Körper bereits eine Entscheidung getroffen, die ihr Verstand noch nicht einmal in Erwägung gezogen hat. Das gefällt ihr nicht. Es macht sie wütend.
    Sie legt ihm die Hände auf die Brust und schiebt. Raman taumelt ein paar Schritte zurück. Nichts verändert sich. Er ist immer noch da, sieht sie an, riecht, wie er riecht, und die Hitze zwischen ihren Beinen steigt immer noch. Tikki geht ihm nach und versetzt ihm einen weiteren Stoß. Wieder stolpert er ein paar Schritte rückwärts. Sie schiebt noch zweimal. Er stolpert über die Stufen, die auf das Bettpodest führen, und setzt sich plötzlich hin, als wäre er sowieso gefallen. Tikki steht vor ihm und betrachtet ihn ein paar Sekunden, dann setzt sie sich auf seine Oberschenkel.
    »Wir machen das auf meine Art«, sagt sie mit einer Stimme, die wie ein tiefes heiseres Knurren klingt.
    »Ja«, sagt Raman. »Auf deine Art.«
    Es ist die einzige Art.

43
     
    Das Telekom summt. Kirkland drückt auf den Antwortknopf, sieht aber erst von dem Ausdruck auf
    seinem Schreibtisch auf, als er die ruhige, vertraute Stimme hört. »Hoi, Brad!«
    »Hoi, Alter.«
    Das Gesicht auf dem Monitor könnte einem Vierzigjährigen gehören, aber das gelockte weiße Haar und die dunklen Ringe unter den Augen geben einen deutlichen Hinweis auf die Wahrheit. Der Mann heißt Dominick J. Rustin. Er ist ein alter Freund, ein Polizeiveteran, der seinen Abschied genommen hat und jetzt bei einer hiesigen Sicherheitsfirma eine ruhige Kugel schiebt. Der Job bringt gewisse Vorzüge wie Rabatte auf kosmetische Operationen mit sich. »Wann holst du dir endlich deine Papiere?«
     
    Kirkland lehnt sich zurück und zündet sich eine Zigarette an. »Da sind noch ein paar Sachen, um die ich mich kümmern muß. Wie geht's dir, Dom?«
    »Sag mir Bescheid, wenn du soweit bist. Binnen vierundzwanzig Stunden stehst du auf unserer Gehaltsliste.«
    Kirkland zweifelt nicht daran. »Was gibt's denn?«
    »Kennst du den Seven Circles Club, Brad?«
    »Nee, ich wohne jetzt in Trenton. Nach Philly komm' ich nur noch am Wochenende.«
    Rustin grinst. »Hey, du bist ja echt witzig.«
    Jeder, der in Nordostphilly gearbeitet hat, kennt den Seven Circles Club. Es ist ein Club für Entartete, für Degenerierte, ganz groß in Sex, Chips, Drogen und Gewalt - und zwar reichlich davon. Jeden

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