Die Attentäterin
haucht Frederique. »Danke.«
Dank ist nicht nötig.
»Ich mache dir einen Tee.«
»Natürlich.«
Sie küssen sich kurz, dann führt Frederique ihn durch die Wohnung und in ihren Salon, eine Art Höhle, die an zwei Seiten von Fenstern umgeben und voller Licht, Pflanzen lind bequemer Möbel ist. Der Salon ist mit einer Bar und einem riesigen Trideoschirm ausgestattet und wird von einem gewaltigen Kamin dominiert. Frederique begleitet ihn zu einem Plüschsofa, das den Fenstern zugewandt ist, zieht ihm die Schuhe aus und macht ihm dann einen Tee, all das mit der Aufmerksamkeit für Details eines Künstlers.
»Es ist so wundervoll, dich am Tage zu sehen«, sagt sie.
»Wirklich? Warum?«
»Muß es dafür einen Grund geben?«
»Ja, sag ihn mir.«
Sie lächelt und nickt dann langsam. Natürlich gibt es einen Grund. Warum ist sie froh, ihn am Tage zu sehen? »Wegen der Sonne«, sagt sie. »Weil ich dich liebe. Weil beides so gut zusammenpaßt.«
Enoshi lächelt vergnügt.
Nach dem Tee, nachdem sie sich eine Weile unterhalten haben, als der richtige Augenblick schließlich gekommen ist, nimmt er ihre Hände in seine und sagt bedauernd: »Da ist noch etwas, um das ich dich bitten muß.«
Natürlich lächelt sie, lächelt und sieht ihn mit Augen an, die freundlich fragen, was wohl sein Begehren sein kann. »Alles«, flüstert sie. »Du kannst mich um alles bitten.«
»Ich muß mich noch einmal mit Sarabande treffen.«
Der Ausdruck in ihren Augen enthält plötzlich eine gewisse Neugier, aber sie stellt keine Fragen. Ohne ein weiteres Wort erhebt sie sich, geht durch den Flur und in ihr Schlafzimmer. Enoshi hört, wie sie Telekomtasten drückt. Dann kehrt Frederique zurück, lautlos, auf nackten Füßen. Sie setzt sich neben ihn auf das Sofa und wirft das dichte weiche Haar zurück, das ihre rechte Gesichtshälfte verbirgt. Sie lächelt ihn an und sagt nur: »Erledigt.«
Enoshi führt ihre Hand an seine Lippen.
18
Die Sonne ist nur noch eine orangerote, glühende Kugel, die tief über den ausgedehnten Vororten im
Westen steht, als Enoshi auf dem überfüllten Bürgersteig vor dem Transit Center in der Dreißigsten Straße stehenbleibt. Er wirft einen Blick auf die Armbanduhr und versucht sich auf das unmittelbar vor ihm liegende Geschäft zu konzentrieren.
Die kurze Zeit, die er mit Frederique verbracht hat, trug nur dazu bei, ihn von seiner wachsenden Sorge um seinen Vorgesetzten Bernard Ohara abzulenken. Dessen beständiger Zugriff auf Methoden, die im Widerspruch zu den vorherrschenden gesellschaftlichen Werten stehen - verdeckte, illegale Methoden kann von jeder vernünftigen Person nur als äußerst gefährlich angesehen werden. Die extraterritoriale Stellung multinationaler Konzerne mag regionale Regierungen daran hindern, polizeiliche Untersuchungen oder gar Gerichtsverfahren einzuleiten, aber sie kann das Image eines Konzerns nicht schützen.
Immunität gegen Strafverfolgung reicht niemals, um das Gesicht zu wahren.
Jetzt gleitet ein schlanker Rolls-Royce Phaeton an den Randstein und hält so geschmeidig wie eine Magnetbahn bei der Einfahrt in den Bahnhof Kyoto direkt vor Enoshi an. Er wartet, die Hände sichtbar an den Seiten. Augenblicklich öffnet sich die Fondtür. Ein Mann in einem schwarzen Kunstledertrench steigt aus. Sein langes weißes Haar und die blasse Hautfarbe lassen auf den eifischen Metatypus schließen, aber das hat keine besondere Bedeutung. Der Elf ist lediglich ein Angestellter der Person, mit der sich Enoshi treffen will. Der Elf zieht einen kleinen Scanner zu Rate, aber Enoshi trägt keine Waffe.
»Esta bien. Entre.« Der Elf deutet kopfnickend auf die Limousine.
Enoshi nickt und steigt ein. Der Elf folgt dicht hinter ihm. Die Limousine löst sich vom Bordstein und fädelt sich in den Verkehr ein, noch während Enoshi auf dem nach hinten gerichteten Sitz Platz nimmt. Der Elf setzt sich links von ihm. Durch die Mittelkonsole getrennt, die mit Telekom Stereo, Bar und wahrscheinlich einer Satellitenverbindung komplett ausgestattet ist, sitzt ihm die als Sarabande bekannte Frau gegenüber. Sie ist Kuromaku, eine Schieberin, die hinter den Kulissen Dinge arrangiert. Sie scheint ein reinrassiger Mensch zu sein, europäischer, möglicherweise spanischer oder italienischer Herkunft - Enoshi ist nicht ganz sicher. Ihr schwarzes Haar ist streng nach hinten gekämmt und liegt straff am Kopf an. Ihre Augen sind hinter einer visierartigen Sonnenbrille verborgen, aber das von der
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