Die Attentäterin
gute Chance, sagen wir sechsundzwanzig Prozent, daß diese Frau, die du suchst, einmal unter dem Namen Mari Tan von Macao nach Seattle geflogen ist, außerdem von Hongkong nach Manila, Taiwan nach Macao, Schanghai nach Osaka ... Hongkong nach Taiwan... und Osaka nach San Francisco.«
»Das wäre also... ganz Südostasien.«
»China, Japan, der Südpazifik und die Westküste Nordamerikas.«
Wow.
»Außerdem besteht eine noch größere Chance, sagen wir dreiundachtzig Prozent, daß dieselbe Frau unter dem Namen Fallon Sontag von Seattle nach Los Angeles und Seattle nach Chicago geflogen ist.«
»Wie kommst du darauf?«
»Daten der Seattler Zollbehörde und der Paßkontrolle. Die Wahrscheinlichkeiten, die ich genannt habe, beziehen sich in erster Linie auf den Grad der Über einstimmung zwischen den digitalisierten Fotos, die du mir gegeben hast, und jenen, die in der Datenbank registriert sind. Ich könnte dir den Algorithmus nennen, den ich für diesen Vergleich benutze, aber es reicht, wenn ich sage, daß er besser ist als alle, die von der Regierung benutzt werden.«
»Was hast du sonst noch?«
»Nun, mal sehen.« Das Buch schaut in sein Buch, rückt sich die Brille zurecht. »Mari Tan wird als Chinesin aus der Provinz Han geführt, dreiundzwanzig Jahre alt, schwarze Haare, braune Augen, einen Meter siebzig groß, Gewicht hundertdreizehn Pfund. Chinesische Staatsbürgerin mit Wohnsitz Hongkong und Antiquitätenhändlerin. Fallon Sontag ist fünfundzwanzig, hat braune Haare und braune Augen, ist einen Meter siebzig groß und wiegt hundertachtzehn Pfund. Staatsangehörigkeit und Wohnsitz: Seattle, außerdem freischaffende Medienschnüfflerin.«
»Klingt nach zwei verschiedenen Personen.«
»Ich nehme an, das soll es auch.«
Neona zweifelt nicht daran. Der Sinn einer falschen Identität besteht schließlich darin, eine Person als jemand herumlaufen zu lassen, der sie nicht ist. Der Trick besteht vermutlich darin, ein Bild zu zeichnen, das der Wahrheit nahe genug kommt, um die Zollbeamten zum Narren zu halten, das andererseits aber genug Unterschiede aufweist, um eine vergleichende Computeranalyse hinters Licht zu führen. Ein geringfügiger Unterschied bei den wesentlichen Merkmalen könnte das leisten. Die Vergleichsanalyse, die in einem durchschnittlichen Regierungsbüro vorgenommen wird, läßt digitalisierte Fotos normalerweise außen vor, weil das zuviel Speicherkapazität und Rechenzeit erfordert.
Und Neona wäre auch nicht überrascht, wenn die echte Striper weder der Beschreibung von Mari Tan noch der Fallon Sontags vollkommen entspräche. Viel wahrscheinlicher ist, daß die echte Striper irgendwo dazwischen liegt.
»Welche Identität ist jüngeren Datums?«
»Habe ich das nicht gesagt?«
»Du sagtest, Sontag ist fünfundzwanzig...«
»Und Tan ist, oder war, dreiundzwanzig. Die Sontag-Identität ist aktueller.«
»Hältst du beide Identitäten für falsch?«
»Bei dir, Angel, betrachte ich das als legitime Frage und nicht als unverschämte Bemerkung. Ja, ich halte beide für falsch. Hast du je von einem Killer mit einer echten Identität gehört?«
»In letzter Zeit nicht, nein.«
»Also, da hast du es.« Das Buch nimmt sich noch ein paar andere Datenspeicher vor. »Die Mari-Tan-Identität hat ihren Ursprung in China, in Beijing, also kannst du weitere Daten vergessen. Nicht mal die Chinesen wissen, wie sie den bürokratischen Sumpf ihrer Regierungsdatenbanken durchdringen können. Was die Fallon-Sontag-Identität betrifft, so gibt es da ein paar Möglichkeiten. Sieh dir mal diesen Code an.«
Das Buch reicht ihr ein Buch, einen pulsierend roten virtuellen Datenspeicher. Die Seiten sind ein einziger Wirbel alphanumerischer Symbole, aber für den goldenen Engel sind sie wie liebliche Musik. Sie erkennt den Stil des Codes sofort. »Das ist Kidd Karneys Eins-Null- Eins-Null!«
»Das halte ich für sehr wahrscheinlich.«
Der Cyberjockey Kidd Kamey - was für eine Überraschung und was für eine positive noch dazu. Kidd Kamey ist einer der ersten echten Matrixrunner, die sie je kennengelernt hat, und sie sind immer noch Freunde, sogar gute Freunde. Kidd Kamey hat ihr bei der Flucht aus Miami geholfen. Er hat ihr beigebracht, worum es beim Decken eigentlich geht. Und jetzt stellt sie fest, daß eben dieser Decker mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für den Code verantwort lieh ist, der Stripers falsche Fallon-Sontag-Identität erschaffen hat.
Ihre Pechsträhne ist ganz eindeutig zu
Weitere Kostenlose Bücher