Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Aufrichtigen (German Edition)

Die Aufrichtigen (German Edition)

Titel: Die Aufrichtigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Bergh
Vom Netzwerk:
Erden!
    Über die Jahrhunderte mussten die Donatisten tatenlos zusehen, wie die Kirche des verratenen Glaubens an Macht und Einfluss gewann. Ausgerechnet in einer Zeit, da die religiöse Idiotie überwunden schien, die politische Macht des Vatikans gebrochen, ausgerechnet in dieser Zeit sollte die römische Kirche zu höchstem Glanz erstehen, wie Phönix aus der Asche und sich in den Herzen der Menschen in die vorderste Reihe mogeln. Die Donatisten mussten die Beweise für die Fälschung finden. Noch einmal durfte der wahren Kirche Christi, der Kirche der Märtyrer, die lieber starb als den Glauben zu verraten, nicht der Platz geraubt werden, der ihr in der Welt gebührte. Die Zeit war reif, sich diesen Platz zurück zu holen. Es musste Pater Donatus gelingen, die Machenschaften aufzudecken. Damit würde er die römische Kirche überführen und sie zwingen, den Forderungen der Donatisten nachzukommen, wollte sie nicht riskieren, für alle Zeit zum Gespött der Welt zu werden!
    Und Maiorinus? War er dieser Mission gewachsen? Konnte der junge Mann, fast noch ein Knabe, diese Bürde und Verantwortung tragen? Er stahl sich die Treppe hinauf. Sah so die Rettung der Welt aus? Er bekreuzigte sich und ging weiter. Wenig später stand er vor der Tür zum Arbeitszimmer des Professors. Er öffnete sie zögernd, trat ein und wagte erst seine Taschenlampe anzuknipsen, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er sah sich nicht um, sondern lauschte nur, um sich zu vergewissern, dass niemand sonst im Zimmer war, niemand atmete, niemand in der Dunkelheit die Augen auf ihn richtete. Erst dann stellte sich eine gewisse Erleichterung ein. Er tastete noch einmal nach dem Messer. Würde er wirklich tun, was man von ihm verlangte, wenn es zum Äußersten kam? Du sollst nicht töten, hat der Gott des alten Bundes Moses auf dem Berg gesagt. Die Kirche des neuen Bundes hatte millionenfach gegen das Gebot verstoßen. Niemand würde je in der Lage sein, all die Opfer zu zählen, den Frevel gegen Gott zu messen. Er war wütend auf die Kirche, wie sein Lehrer, die Jesu‘ Botschaft an den Kaiser verraten hatte und sich seither wie die Schlange am Busen der Macht nährte. Die Donatisten waren berufen, die wahre Kirche auf den Thron zu heben, daran hegte er keinen Zweifel. Aber warum war ausgerechnet er das Werkzeug? Genügte es nicht, dass er dem Pater in jeder Weise diente? Nur wer die Furcht kennt, kann mutig sein, nur wer den Frevel kennt, kann sündigen und nur wer sündigt, kann erlöst werden. Wenn nur der Professor fest und tief schliefe, so wollte er alle Zweifel beiseite lassen, so wollte er künftig in Demut alles erdulden, was Gott ihm im Begehren des Paters aufgab. Die Märtyrer gaben ihr irdisches Leben hin, um ewig zu leben. Um wie viel mehr musste da der ewig leben, der sein ewiges Leben opferte im Dienste des Herrn? Wenn Christus gestorben ist, um uns alle zu erlösen, so darf keiner sich zu schade sein, für ihn zu töten, um seiner Herrschaft auf Erden zum Sieg zu verhelfen!
    Maiorinus ging auf das Bücherregal zu, das gegenüber an der Wand neben dem Schreibtisch stand. Die kleine Nische links davon erreichte der Lichtkegel der Taschenlampe nicht. Wie vom Pater beschrieben, befand sich hinter einigen schweren Bänden etwa in der Mitte des Regals der Wandsafe. Er sollte erst ertasten, ob er nicht offen stünde. Der Professor sei in solchen Dingen recht nachlässig, hatte man ihm gesagt. Wenn der Safe verschlossen wäre und der kleine Schlüssel nicht steckte, so sollte er in der oberen Schublade des Schreibtisches suchen, in einer Dose aus Porzellan. Der heilige Georg im Kampf mit dem Drachen sei auf der Dose abgebildet. Nur wenn der Schlüssel auch dort nicht sei – so sollte er das Messer nehmen!
    Viel länger als nötig tastete Maiorinus die stählerne Tür ab. Natürlich war sie nicht offen, natürlich steckte der Schlüssel nicht. Verzweifelt sah er zum Schreibtisch, doch da war nur Dunkelheit und er wagte nicht, mit der Lampe hinzuleuchten. Er scheute sich, den Platz zu verlassen, als sei er gewahr, doch noch etwas Entsetzliches zu entdecken. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Als er die Hand sinken ließ, streifte er zufällig über seine Brust und spürte das Messer. Was, wenn er es gleich nähme? Was, wenn er einfach sagte, er habe auch den Schlüssel in der Dose nicht gefunden? Durfte man bei einer heiligen Handlung unaufrichtig sein, nur aus Furcht, sich von der Stelle zu rühren? Müsste die

Weitere Kostenlose Bücher