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Die Aufrichtigen (German Edition)

Die Aufrichtigen (German Edition)

Titel: Die Aufrichtigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Bergh
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Unaufrichtigkeit im Angesicht des Herrn sich nicht gegen ihn wenden? Er zitterte. Wenn er die Papiere, die beweisen sollten, dass die Fragmente des Ammianus in Wahrheit eine Fälschung waren, erst einmal in Händen hielt, wäre es dann nicht ganz gleichgültig, wie er daran gekommen war? Und die Spuren? Wer würde sich dann noch darum kümmern, wenn das Messer abrutschen und die blanke Tür zerkratzen sollte? War das Messer denn nicht nur für den Notfall gedacht, für die Tür und für — er wagte nicht, zu Ende zu denken. Den Safe mit dem Messer aufzustemmen, erschien viel leichter, als jetzt zum Schreibtisch zu gehen und den Schlüssel zu suchen. Und woher wusste er denn, ob seine Furcht wirklich grundlos war? Wehte da nicht irgend etwas vom Schreibtisch her? Gewiss lag dort ein schreckliches Geheimnis verborgen, etwas, das sein Leben für immer verändern würde. Nie hätte er sich darauf einlassen dürfen, niemals! Er war die Schande seiner Familie, würde niemals die Sünden des Vaters sühnen können. Er war es nicht Wert, Donatist und noch viel weniger Circumcellione zu sein. Und er durfte niemals mehr die Liebe des Paters erfahren! Was, wenn er sich vor ihm auf die Erde würfe, seine Knie umfänge und um Gnade flehte? Er würde alles tun, alles erdulden, um nur nicht zum Schreibtisch gehen und dem Schrecken entgegentreten zu müssen, der dort bestimmt auf ihn wartete. Wenn Menschen zu Mördern werden, dann vielleicht aus Wut oder kalter Berechnung. Wenn er zum Mörder würde, dann nur aus Feigheit. Würde er dem Professor jetzt begegnen, so hätte er sich auf ihn geworfen, ihn mit dem Messer, seinen Händen, seinen Zähnen zerfleischt, nur um die Furcht frei zu lassen, nur um nicht daran zu zerbrechen.
    Ein Seufzen entfuhr dem jungen Mann, so tief aus seinem Inneren, so voll jämmerlicher Verzweiflung, dass er den Laut nur für den eines Fremden halten konnte. Der andere war es gewesen, der andere, der noch im Zimmer war. Jetzt bemerkte er den sonderbaren Geruch, einen Geruch, den er kannte, den er mit Gott verband. Es roch nach Weihrauch! Er ahnte einen schrecklichen Zusammenhang. Der Widersacher war es nicht, der roch nach Schwefel! Ein anderer war es, ein Höherer, Heiliger! Bisher hatte Maiorinus geglaubt, die Offenbarung würde sich hoch und erhaben anfühlen. Er aber empfand das blanke Entsetzen. Er musste so schnell wie möglich von hier weg! Aus der Innentasche riss er das Messer, setzte es am Wandsafe an, drückte zu und rutschte ab. Beim nächsten Versuch traf er nicht einmal mehr den Türspalt. Statt dessen entstand unter der zitternden Messerspitze ein wirres Muster auf der Tür. Er nahm all seine Kraft zusammen, steckte den Griff der Taschenlampe in den Mund, packte mit beiden Händen den Messergriff, setzte wieder an und drückte zu. Die Klinge brach ab.
    Jetzt gab es keinen Ausweg mehr. Er musste den Schlüssel suchen, er musste ihn finden. Denn nur der Satan wäre fähig, ihm größeren Schmerz zu bereiten als der Pater in seinem Zorn, wenn er ohne die Papiere zurückkehrte. Seine Verzweiflung fand ein Ziel. Er leuchtete im Zimmer umher, die Lampe noch immer im Mund. Der Schreibtisch erschien im Lichtkegel. Weil schon der Speichel aus den Mundwinkeln troff, nahm er die Taschenlampe aus dem Mund. War da nicht das Zeichen des Erlösers erschienen? Ein Kruzifix? So war er doch nicht verloren! Er leuchtete in die Richtung, um das tröstende Zeichen wiederzufinden. Tatsächlich stand ein großes Kruzifix an der Lehne des Sessels in der Nische hinter dem Schreibtisch. Doch statt Trost zu fühlen, graute dem Jungen vor dem zermarterten Gesichts des Heilands, seinem zerschundenen Leib, der im Licht der Taschenlampe am Stamm des Kreuzes zu tanzen schien. Heute Nacht war alles anders! Sah so der Gott der Liebe aus? War es der qualvolle Anblick des Leidens, der die Menschen auf den rechten Weg führt? Nährt sich wirklich aus diesem Leichnam die Hoffnung der Welt?
    Maiorinus ging auf das Kruzifix zu, am Schreibtisch vorbei. Da stolperte er über etwas auf dem Fußboden, das ein wenig nachgab. Er ließ die Taschenlampe fallen. Sie fiel zu Boden, warf ihr letztes Licht auf den gekreuzigten Jesus und verlosch. Nun sah er nur noch die Arme von Höllenwesen, die nach ihm griffen, wie Schlingpflanzen, wenn ein einzelner Taucher sich in verbotenes Gewässer wagt. Er glitt am Schreibtisch hinab zu Boden, um nach der Taschenlampe zu suchen. Ohne Licht war er dem Schrecken der Finsternis ausgeliefert. Vorsichtig

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