Die Aufrichtigen (German Edition)
den die Kurie benutzen will! Mach öffentlich, dass dein Gutachten falsch ist und mach öffentlich, wie sie dich dazu gezwungen haben!«.
Der Professor sah den Pater lange an ehe er antwortete.
»Das kann ich nicht!«
Pater Donatus sprang auf ihn zu, er konnte seinen Jähzorn kaum noch kontrollieren.
»Was soll das heißen? Los, sag‘ es mir!«, schrie er mit tiefrotem Gesicht.
Der Professor schüttelte müde den Kopf. »Es gab eine Zeit«, sagte er, »da widerstand ich Allem, aus Trotz und Hochmut, weil man mir alles genommen hat, was ich liebte. Doch jetzt bin ich alt und habe mein Feld zu bestellen. Ich darf nichts riskieren, ich muss sie wiedersehen. Meine Kraft ist gebrochen. Da ich in meinem Leben beinahe um alles betrogen wurde, wofür zu leben es sich lohnt, muss ich nun wenigstens im Tode Sorge tragen, nicht abermals betrogen zu werden. Diesmal ist es für die Ewigkeit.«
»So einen Unsinn habe ich noch nie gehört!«, rief der Pater mit schneidendem Lachen. »Am Wenigsten hätte ich so etwas aus deinem Mund erwartet.«
Pater Donatus schäumte vor Wut. So kurz vor dem Ziel sollte ihn niemand mehr aufhalten!
»Wenn du das Gutachten nicht revidierst«, zischte er mit zusammengepressten Zähnen, »kann ich für nichts garantieren.«
»Du kannst mir nicht mehr drohen, Konstantin! Du nicht. Du hast mir bereits alles genommen!«
Dem Professor traten die Tränen in die Augen. Er war so aufgewühlt, dass er das Blitzen in den Augen des Paters nicht erkannte. Der grausame Zug um seinen Mund versteinerte, er riss die Arme auseinander, sprang auf den Professor zu und packte ihn mit seinen mächtigen Pranken am Hals. Dann drückte er zu, bis der Professor nur noch röchelte. In nackter Angst hieb der mit den Fäusten auf die Schläfen seines Peinigers ein. Der Pater lockerte für einen kurzen Moment die Umklammerung. Das genügte für einen kleinen Atemzug.
»Apage Satanas!«, entfuhr es dem Professor heiser, »Weiche von mir!«
Augenblicklich ließ der Pater von ihm ab und wich zurück, als wirke die Bannformel wie ein Hebel. Der Professor öffnete hastig den obersten Knopf seines Hemdes und japste nach Luft. Die mächtigen Hände des Paters hatten rote Male an seinem Hals hinterlassen.
»Du armseliger Heuchler! Glaubst du wirklich, dass es besser, edler und Gott gefälliger ist, wenn du im Namen deiner Wahrheit tötest. Was schert es Gott, weshalb die Menschen sich ermorden? Tut es der Inquisitor, der heilige Krieger, der Circumcellione oder ein anderer Fanatiker: dem Toten ist es einerlei. Wie arm ist dein Glaube! Wie willst du die Kirche reformieren, wenn du ihre Mittel anwendest? Geh mir aus den Augen. Konstantin! Oder soll ich dich Kain nennen?«
»Du kannst dir das Sakrament nicht durch ein falsches Gutachten erschleichen! Vergiss das nicht«, sagte der Pater drohend. »Glaubst du etwa, Gott ekelt sich nicht vor dir? Die Donatisten treffen sich morgen Abend unter der Nassauer Kapelle in Mainz zu ihrem Herrenmahl. Komm und widerrufe dieses unsägliche Gutachten. Kommst du nicht — »
»So werden deine Soldaten Christi mich holen!«, vollendete der Professor den Satz.
Der Pater schüttelte langsam den Kopf.
»Du hast gehört, was ich gesagt habe«, sagte er leise und eilte hinaus.
»Wie du mich anwiderst, Konstantin«, schrie Dr. Albertz in den Hörer. »Er war dein Bruder! Hast du denn alle Menschlichkeit verloren?«
Pater Donatus schwieg und zwang sich den Jähzorn zu bezähmen. Sein Instinkt war erwacht, das Raubtier witterte Gefahr.
»Ausgerechnet du machst mir Vorwürfe!«, sagte er kalt, wobei er jedes Wort abwog. »Hast du ihm gesagt, wie viel sie dir für die Annahme des Vergleichs bezahlt haben? Du hast ihn für ein paar 100.000 Mark und deine steile Karriere an den Erzfeind verschachert. Machen wir uns nichts vor. Oder glaubst du, dass er dich immer so sehr geliebt hätte, wenn er gewusst hätte, wer ihn seines Glaubens beraubt hat? Das ist deine Schuld, das ist die Schuld deines jämmerlichen Lebens. Aus der Sünde deines Vaters bist du geboren, ganz Sünde bist du selbst!«
Manichäer
Vom Teufel als Widersacher Gottes, von der Reinigung der Seelen im Fegefeuer, von der Vorherbestimmung des Schicksals und der Trennung von Körper und Geist finden sich keine Spuren im Neuen Testament. Umso mehr erstaunt es, dass diese Dinge eine so zentrale Bedeutung in der christlichen Religion haben. Sie waren dem Christentum bis weit ins vierte Jahrhundert hinein fremd.
Der persische
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