Die Aufrichtigen (German Edition)
Religionsstifter Mani sah sich selbst als Nachfolger Zarathustras, Jesu‘ und Buddhas und verbreitete seine Lehren im dritten Jahrhundert im Perserreich, wobei er auf die Einflüsse der Zarathustra – Religion seiner Heimat sowie seine jüdisch-christliche Erziehung zurückgriff.
Die Manichäer galten dem römischen Reich wegen ihrer radikalen Anschauungen als Gefahr. Sie glaubten an einen Dualismus, den ständigen Widerstreit des Guten und Bösen. Gott habe seinen Sohn in die Welt gesandt, damit er gegen das Böse den Kampf aufnehme. Sie dachten, es sei den Menschen vorherbestimmt, in welcher Hierarchie der Erlösung sie stehen, ob sie von ihrer Schuld befreit werden und Anteil an der Erleuchtung haben könnten. Die Erleuchteten aber, zu denen selbstverständlich Mani zählte, enthielten sich jeder Arbeit, verunreinigten sich nicht durch die Beschaffung von Nahrung und übten durch den gänzlichen Verzicht auf Geschlechtsverkehr eine strenge Askese. Da es sogar verboten war, Früchte zu pflücken, überließen sie solche Verstöße gegen das göttliche Gebot ihren Schülern, den so genannten Hörern.
Der Manichäismus verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch das Perserreich, steckte das römische Imperium an und gelangte sogar bis nach China. Er galt als Synonym für Synkretismus und radikales Ketzertum, noch lange nachdem der Glaube als solches verschwunden war.
Augustinus von Hippo diente über zehn Jahre als Hörer in einer manichäischen Gemeinde. Dieser Dienst befähigte ihn offenbar, zu einem der bedeutendsten Kirchenlehrer zu werden.
E.A.S.
Karsamstag, 09 Uhr 37; auf der Flucht
»Wohin willst du?«, keuchte Leo.
Er hielt Sophie am Arm zurück, als er sie beim Ausgang des Polizeigebäudes endlich eingeholt hatte.
»Du kannst Fragen stellen«, antwortete sie, »diesen Pater verhaften natürlich.«
»Du hältst also ihn für den Mörder?«
»Aber das liegt doch auf der Hand!«
Sophie begriff nicht, was mit Leo los war. Nach der Aussage des Schülers war der Fall völlig klar.
»Ich denke, du hast deinen Spaß gehabt bei der Verhaftung in der Nassauer Kapelle. Das war filmreif! Aber vielleicht nehmen wir uns ein paar Minuten vor der nächsten Aktion, was meinst du? Außerdem sollten wir auf deinen Chef warten.«
Jetzt erst kam sie zur Besinnung. Für Sophie war es manchmal schwer, ihren Eifer zu bremsen. Sie witterte überall ein Abenteuer, die große Chance, es ihrem Chef zu beweisen. Es machte sie wütend, andauernd nur belächelt zu werden. War es nicht genug, dass sie immer die Beste war und alle Prüfungen im Polizeidienst mit Auszeichnung bestand? Sie verrichtete ihren Dienst gewissenhaft und hatte noch kein einziges Mal gefehlt, sie zeigte Einfühlungsvermögen, wenn es darauf ankam und konnte hart zupacken, wenn es sein musste. Sie schoss wie der Teufel, konnte schneller rennen, als die Anderen und beim Selbstverteidigungstraining schauten alle betreten auf den Boden, wenn es darum ging, einen Gegner für Sophie zu finden. Doch das reichte nicht. Sie war ein Mädchen, egal, was sie leistete. Es genügte nicht, besser zu sein, um halbwegs ernst genommen zu werden. Diese Angst zu versagen hatte sie schon von klein auf, das beklemmende Gefühl verfolgte sie ihn ihre Träume. Am Schlimmsten aber war, dass sie genau wusste, dass es genau diese erzwungene Überlegenheit war, die es ihr so schwer machte. Doch was gab es für eine Alternative? Trotz ihrer Verdienste war sie alles andere als beliebt. Ihr Chef würde ihr nie eine wichtige Aufgabe übertragen. Keinem anderen hätte er in einer laufenden Mordermittlung zwei Tage Urlaub bewilligt. Und nun hatte ausgerechnet sie die entscheidende Spur gefunden. Sie hätte sein Gesicht sehen wollen, als er davon erfuhr. Im Grunde war es genau das: Sie musste ihre Chance auf eigene Faust ergreifen.
»Du glaubst also nicht, dass der Pater der Mörder ist?«, fragte sie bissig.
»Das habe ich nicht gesagt. Es gibt aber etwas, das mir nicht einleuchtet.«
»Und das wäre?«
»Dieser Maiorinus«, erklärte Leo, »hat doch erzählt, dass er Dokumente aus einem Geheimversteck holen sollte. Weil er den Professor aber tot am Boden gefunden hat, glaubt er, dass der Pater schon vorher im Haus gewesen ist, den Professor ermordet und die Papiere an sich gebracht hat.«
»Ja, und weiter?«
»Wenn der Pater wirklich schon vorher im Haus gewesen ist und die Dokumente herausgeholt hat, dann frage ich dich, warum er mich am Mittwoch Mittag auf offener Straße über den
Weitere Kostenlose Bücher