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Die Aufrichtigen (German Edition)

Die Aufrichtigen (German Edition)

Titel: Die Aufrichtigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Bergh
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aufdecken. Und wenn er den Verfasser schon nicht hatte für sich gewinnen können, so musste er mit den Materialien zum Gutachten wenigstens nachvollziehbar machen, wie es der Professor gemacht hatte. Es galt, die Intrige der Kirche aufzudecken – eben jenen Teil der Wahrheit, der groß genug sein musste, um als eigene Wahrheit ernst genommen zu werden. Aber nicht zu groß, um nicht zu viel zu verraten, um sich vom Widersacher nicht in die Karten schauen zu lassen.
    Im Grunde war Pater Donatus mit einem Wettstreit der Kulturen einverstanden. Es war der Wettstreit, dem er sein Leben geweiht hatte. Die große Chance, die Rückkehr der Religion in das Leben, die Herzen und besonders die Köpfe der Menschen. Die Zeit der Vorherrschaft des Christentums auf der Welt war gekommen. Was kümmerte es, dass man auf der Welt noch anderen Göttern huldigte, dem Christentum, dem Reich Gottes auf Erden konnte das nichts mehr anhaben. Die Kirche würde den Wettstreit gewinnen, soviel stand fest, denn sie war allein im Besitz der von Gott offenbarten Wahrheit. Für Pater Donatus ging es nicht darum, dass die Kirche gewinnen würde, für ihn ging es darum, dass die richtige Kirche gewann! Die Kirche der Heiligen musste es sein, die von der katholischen Kirche durch Lug und Trug, durch den Pakt mit der Staatsgewalt und durch Verrat an Jesus Christus selbst bisher immer wieder übertroffen worden war.
    Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Mechanisch griff er nach dem Hörer und drückte die Taste.
    »Hallo?«, seine Stimme klang ärgerlich.
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still.
    »Hallo, wer ist denn da?«, rief der Pater in die Muschel. »Wissen Sie eigentlich wie spät es ist?«
    »Ich frage mich, wie Ernst gestorben ist!«, sagte die Stimme im Telefon. »Nein, ich frage mich vielmehr, warum er gestorben ist. Und ich glaube, du weißt eine Antwort darauf, Konstantin!«
    Pater Donatus schreckte zurück. So war er schon lange nicht mehr genannt worden. Es war Dr. Albertz‘ Stimme, die er hörte.
    »Max, was willst du von mir? Konstantin heiße ich nicht mehr. Ich habe diesen weltlichen Namen abgelegt.«
    Dr. Albertz lachte.
    »Verschone mich mit dieser Scheiße, Konstantin! Sag mir, warum Ernst sterben musste! Welcher Gottesscheiß ist für seinen Tod verantwortlich?«
    »Du wagst es!«, schrie Pater Donatus außer sich, »Du Bastard! Was weiß ich vom Tode dieses Mannes?«
    Seit Jahren hatte es kein gutes Wort mehr zwischen Pater Donatus und dem Professor gegeben. Umso mehr war der Professor überrascht, als der Pater ihn am Palmsonntag besuchte. Doch kaum hatte Pater Donatus das Haus betreten, kam es auch diesmal zum Streit.
    »Warum hast du dich für dieses falsche Gutachten hergegeben?« fragte Donatus.
    Der Professor schwieg und sah zu Boden.
    »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede«, herrschte der Pater ihn an, »du weißt so gut wie ich, dass diese Fragmente des Ammianus Marcellinus nicht echt sind.«
    »Sind sie aber«, log der Professor trotzig.
    »Wer so eine Sache für echt befindet, ist entweder ein Dilettant oder ein Verbrecher!«
    Der alte Mann rang nach Atem.
    »Ich musste es tun, Konstantin«, keuchte er, »du weißt, dass ich es tun musste!«
    »Niemand muss ein falsches Zeugnis ablegen, niemand der rechtschaffen ist.«
    »Auch ich habe gezweifelt, aber ich konnte nicht anders! Siehst du das denn nicht?«
    »Wie soll ich das sehen? Wenn du im Zweifel bist, ist der Verrat nur noch schlimmer!«
    »Welcher Verrat?«
    »Der Verrat an der Wahrheit!«, stieß ihm der Pater entgegen. »Wir alle sind der Wahrheit verpflichtet, sie ist unser Ziel, sie ist unsere Grenze. Sie ist wie das dünne Häutchen, das den Schoß der Mädchen verschließt. Es steht uns nicht zu, danach zu forschen, es zu versuchen und die Dehnbarkeit auszutesten. Wie leicht wird es verletzt, durchstoßen im Wahn blinder Wollust – und was ist das Mädchen dann noch wert?«
    »Du sprichst von Verrat und Wahrheit?« brauste der Professor auf, »Ausgerechnet du! Bist es nicht du, der sich wie ein Parasit an die Brust der Mutter Kirche gelegt hat, wie eine Natter Pläne schmiedet, die Mutter durch ihren giftigen Biss zu verderben, während sie sich von ihrer warmen Milch nährt! Du nennst dich das Oberhaupt der Donatisten, bist ein Anhänger der Kirche der Märtyrer und doch versteckst du dich unter dem Habit der Benediktiner!«
    Der Pater sprang auf den Professor zu, streckte schon die Hände aus, besann sich aber im letzten

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