Die Aufsteigerin
wollen sich Joeys Geschäft unter den Nagel reißen. Tommy hat mir gestern Abend alles erzählt. Massenhaft Ärger kommt auf uns zu, und wir müssen einen kühlen Kopf behalten, okay?«
Sie drückte Desrae einen Kuss auf die unrasierte Wange, als Gates zur Tür hereinkam.
»Mein Beileid, Desrae. Ich mochte Joey, das weißt du«, sagte er, und sie glaubten ihm. »Jetzt musst du dich erinnern und mir alles Ungewöhnliche erzählen, was in letzter Zeit geschehen ist. Ausnahmslos alles.«
Treuherzig und mit großen Augen sah Desrae ihn an. »Aber ich hab nichts gesehen, Mr. Gates. Das schwöre ich.«
Richard Gates wusste, dass er log, daher zwang er sich zu höflichem Geplänkel, weil er auf einen Sinneswandel hoffte. Cathy, die ganz in Schwarz gekleidet war, sah wie immer zum Anbeißen aus. Garantiert wusste sie mehr, als sie sagen wollte. Gates war klar, dass diese Menschen nach eigenen Gesetzen lebten und in dieser Situation bestimmt nicht die Seiten wechseln würden.
Aber er würde alldem auf den Grund gehen. Das schwor er sich.
Schließlich fuhr er einen stummen Desrae und eine stumme Cathy nach Hause. Keinem von ihnen blieb die Ironie dieser Situation verborgen.
Kapitel achtundzwanzig
Desrae hatte sich hingelegt. Richard Gates und Cathy saßen bei einem Glas zusammen und unterhielten sich. Sie kamen auf Joey zu sprechen, und Cathy schilderte Gates, wie gut der Verstorbene zu ihr gewesen war.
»Ich kann von Glück sagen, dass Sie und Desrae und Joey sich um mich gekümmert haben. Joey war sehr nett zu mir, wissen Sie.«
»Das weiß ich, Kleine«, sagte Richard bedächtig. »Er hat sehr viel von dir gehalten, und das tue ich auch.«
Zum ersten Mal sprachen sie ihre Freundschaft an, und Cathy wurde verlegen. Sie trank ihren Brandy in einem Zug und schenkte sich nach. »Möchten Sie auch noch einen Drink, Richard?«
»Danke, aber ich mache mich besser auf den Heimweg, denn ich brauche ein paar Stunden Schlaf.«
Er nahm sie in die Arme und hielt sie etwas länger fest, als nötig war. Dann verabschiedete er sich.
Als sie Desrae in Gesellschaft seiner diversen »Mädels« wohlversorgt sah, floh Cathy für eine Weile ins Tageslicht.
Sie ging zu Fuß zum Club und schloss auf. Als sie die Tür hinter sich zuschlagen wollte, wurde sie von zwei Männern nach drinnen gestoßen. Sie wollte schreien, aber eine behandschuhte Pranke legte sich über ihr Gesicht, und sie wurde in den hinteren Bereich des Lokals gezerrt.
»Sei ganz still und dir passiert nichts.«
Die Stimme hatte einen unverkennbaren Liverpool-Akzent, und Cathy erstarrte. Der Mann schleifte sie die Treppe hinauf und betatschte dabei ihre Brüste. Im rosa fluoreszierenden Büro stieß er sie von sich.
»Was wollt ihr?«, japste sie.
Der erste Mann, blond und mit Armen wie ein Sumoringer, lachte. »Sämtliche Geschäftsbücher von Pal Joey wollen wir.«
Cathy schüttelte energisch den Kopf. Allmählich erholte sie sich von dem Schreck. »Dann seid ihr hier falsch«, sagte sie trotzig. »Hier hat er nichts aufbewahrt. Das hier ist mein Laden, meiner und Desraes. Joey hatte lediglich das Grundkapital zur Verfügung gestellt.« Sie war verblüfft über ihre feste Stimme und den Mut, mit dem sie auftrat. Innerlich zitterte sie vor Angst, aber sie wusste, dass sie diesen Männern gegenüber nicht die geringste Schwäche zeigen durfte.
Der kleinere von beiden nahm das Büro auseinander, und sie sah ihm dabei zu. Soweit sie wusste, gab es hier nichts, was die beiden interessieren könnte.
Fünf Minuten später sagte der Kerl dann auch resigniert zu seinem Komplizen: »Sie hat Recht.«
»Wo ist der Safe?«
Cathy rang mit sich, ob sie sich unwissend stellen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Sie ging zur Wand und nahm den Spiegel ab, in dem sich Desrae so oft zu begutachten pflegte. Dahinter befand sich der Safe, in dem um die tausend Pfund und einige Dokumente lagen, die den Club betrafen. Cathy öffnete ihn.
Der größere Mann durchstöberte den Inhalt, steckte das Geld ein und sagte gehässig: »Sag dem Schwulen, dass wir wiederkommen.«
»Und du richtest O’Hare aus, dass er damit nicht durchkommt.« Ihr Tonfall und das, was sie sagte, ließen die Männer aufhorchen. »Ihr könnt ihm außerdem noch sagen, dass er mir keine Angst macht. Die Menschen in Soho lassen sich nicht so leicht einschüchtern.«
Der größere Mann lachte. »Wenn ich die Zeit hätte, würde ich dir eine Lektion erteilen, kleines Fräulein.«
Sie schnaubte
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