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Die Augen der Medusa

Die Augen der Medusa

Titel: Die Augen der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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hätte einen Helfer gebrauchen können, doch draußen war niemand zu sehen, den sie kannte. Außerdem hätte sie sowieso nicht gewusst, wem sie in Zeiten wie diesen trauen konnte. Sie würde eben mehrmals gehen müssen. Einen Teil der Suppe füllte sie in eine alte Milchkanne mit Henkel. Tiefe Teller und Löffel packte sie in einen Korb. Auf die erste Straßensperre traf sie beim Haus von …, na, wie hieß er doch gleich? An der Sperre standen zwei uniformierte Deutsche. In ihren Panzerwesten sahen sie wie Schildkröten aus, die sich mit Mühe aufgerichtet hatten.
    »Verstehen Sie mich?«, fragte Costanza vorsichtig. Die Deutschen hatten Maschinenpistolen umhängen.
    »Signora?«, fragte einer der beiden zurück.
    »Das war eine lange Nacht, was?«, fragte Costanza.
    Der zweite Deutsche nickte.
    »Ihr werdet hungrig sein.« Costanza nahm den Deckel der Milchkanne ab. Sie schöpfte zwei Teller bis zum Rand voll Gemüsesuppe und reichte sie den Soldaten. Das Olivenöl, mit dem sie die Portionen beim Servieren verfeinern wollte, hatte sie vergessen. Dann musste es eben ohne gehen. Wer Sauerkraut gewohnt war, würde wohl nicht so pingelig sein.
    »Sehr freundlich von Ihnen, Signora.« Auch der zweite Deutsche sprach Italienisch. Die beiden begannen zu essen.
    »Schmeckt es?«, fragte Costanza.
    »Ganz schön scharf!«
    »Wir nennen das Minestrone, hier bei uns in Italien.«
    »Ich weiß«, stöhnte der Deutsche, »aber so scharf …«
    »Uns Südländern schmeckt es so. Vielleicht wegen unseres feurigen Temperaments«, sagte Costanza.
    Der zweite Deutsche weinte. Das hätte er sich überlegen sollen, bevor er fremde Länder überfiel.
    »Ich warte, bis ihr fertig seid. Die leeren Teller nehme ich dann gleich wieder mit«, sagte Costanza. Zwei, drei Stunden würde es wohl dauern, bis das Rizinusöl wirkte. Zeit genug, um auch den anderen Posten der Deutschen einen Besuch abzustatten. Costanza wäre längst wieder zu Hause, wenn die Rennerei losging. Wer scheißt, schießt nicht, dachte sie und kicherte, weil man so einen Kraftausdruck eigentlich nicht einmal denken sollte. Schon gar nicht in so einem historischen Moment. Lang lebe die Resistenza!
    Fast alle Autos der Einwohner Monteseccos standen im Sperrgebiet auf der Piazza. Zwar waren sie nicht ausgebrannt wie Donatos Wagen, aber im Moment genauso wenig benutzbar. Die Einsatzleitung weigerte sich, irgendjemanden dorthin durchzulassen. Der Geiselnehmer sei unberechenbar. Man könne nicht wissen, ob er sich nicht bedroht fühle, wenn ein Auto direkt unter seinem Fenster vorbeifahre. Wie die Leute zur Arbeit oder zum Einkaufen kommen sollten, interessierte die Polizisten nicht.
    Aber selbst wenn sie den Zugang zur Piazza gestattet hätten, wäre es unmöglich gewesen, Montesecco mit dem Auto zu verlassen. Die Hauptzufahrtsstraße war weit über das Ortsschild hinaus von den Übertragungswagen der verschiedenen Fernsehsender und vom Fuhrpark der Printmedien zugeparkt. Gleiches galt für den Weg durch das enge Tor, das als letzter Rest des mittelalterlichen Castello erhalten geblieben war. Theoretisch passierbar blieb der Feldweg, der vom Holzkreuz über die verschneitenÄcker zu den höchstgelegenen Häusern Monteseccos führte.
    Ihn hatten die Vigili schon gestern Mittag im Abstand von fünfzig Metern mit tragbaren Halteverbotsschildern gesäumt. Obwohl diese kaum zu übersehen waren, hatten die Presseleute sie im Bemühen, möglichst nahe an der Bar zu parken, beharrlich ignoriert. Nachdem sich das Abschleppen wegen der engen Biegungen schwierig gestaltete und noch dazu von heftigen Protesten der über die Behinderung ihrer Arbeit klagenden Medienvertreter begleitet wurde, sperrten die offiziellen Stellen den Feldweg kurzerhand. Außer natürlich für den dienstlichen Verkehr, dessen Volumen sich als beachtlich erwies und bisher ungefähr dem Verkehrsaufkommen entsprach, das Montesecco sonst während eines ganzen Jahres verzeichnete.
    Schon die Versorgung der Polizisten von NOCS, regulärer Polizia di Stato und Vigili urbani stellte eine logistische Herausforderung ersten Ranges dar. Wie viele insgesamt im Einsatz waren, unterlag der Geheimhaltung, es handelte sich jedenfalls um ziemlich viele. Die Kirche war zum Massenlager umfunktioniert und von den Staatspolizisten bezogen worden, die nach zwölfstündigem Wachdienst von der Tagschicht abgelöst worden waren. Im halb verfallenen Untergeschoss des Pfarrhauses richtete man eine Feldküche ein. Darüber arbeiteten

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