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Die Augen der Medusa

Die Augen der Medusa

Titel: Die Augen der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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wusste sich zu helfen. Mit einer schauspielerischenMeisterleistung mimte er einen schwer angetrunkenen Ehemann, der sich auf der Suche nach seiner Frau verbotenerweise auf die Straße begeben hatte. So gelang es ihm, das Mitleid des Patrouillenführers zu wecken. Statt Donato zu verhaften, geleiteten die Polizisten ihn zu seinem Haus zurück und ermahnten ihn, dort seinen Rausch auszuschlafen. Donato lud seine Freunde und Helfer lallend zu einem kleinen Umtrunk ein und machte sich, als diese ablehnten und weiterzogen, sofort wieder auf den Weg. Beim zweiten Versuch kam er durch.
    Der Putz war inzwischen schon abgeschlagen. Darunter zeigte sich eine Ziegelmauer, in die gerade mit Hammer und Meißel die Sollbruchstellen des zu schaffenden Durchstiegs eingraviert wurden. Dann griff man zu schwererem Gerät. Bei den Klängen von Celentanos »24 000 baci« wurde die Mauer mit Pickel und Hacke ausgedünnt. Franco Marcantoni bestand darauf, die ersten Schläge mit seinem schweren Vorschlaghammer eigenhändig zu setzen, gab aber bald keuchend auf. Jetzt sollten die Jüngeren mal ran. Sie hätten ja bei ihm beobachten können, wie man das mache. Er selbst wolle sich ganz auf die verantwortungsvollste Aufgabe konzentrieren und übernehme ab sofort die Gesamtleitung der Baumaßnahme. Der Schutt zum Beispiel müsse unter Davides Bett gekehrt werden. Ob das vielleicht jemand angehen könne? Milena Angiolini drückte ihm einen Besen in die Hand. Franco schwankte ein paar Momente, ob er sich beleidigt fühlen sollte, zog dann aber sein Berretto tiefer in die Stirn und machte sich an die Arbeit.
    Während Adriano Celentano aus dem CD-Player »Hello, Mary Lou« grölte, schlug Mamadou das erste Loch durch die Mauer. Ziegelstaub wallte auf, die Brocken fielen drüben ins Dunkel, und Franco rief nach einer Taschenlampe, angeblich um sich ein Bild zu machen, wie es weitergehen solle, in Wahrheit wohl eher, weil er neugierig war, wie sich die Deutschen ihr Ferienhaus eingerichtet hatten. MatteoVannoni schob ihn zurück. Es galt, keine Sekunde zu verlieren. Sie hatten ja gerade erst mit der Arbeit begonnen, und ob die Spezialeinheiten des NOCS bis zum Morgengrauen mit dem Angriff warten würden, war keineswegs ausgemacht. Immerhin konnte man jetzt auch mit den Eisenstangen arbeiten und schon gelockerte Ziegel per Hebelwirkung herausbrechen. Schnell wurde das Loch größer.
    Als ein Kind in der Größe von Davide gerade durchgepasst hätte, mussten die Arbeiten unterbrochen werden. Eine Polizeipatrouille stand vor der Haustür. Ihr Anführer klopfte laut und fragte, ob alles in Ordnung sei. Milena nickte. Auf dem Arm trug sie Jennifer, die sich fest an ihren Hals klammerte und nur verstohlene Blicke auf die bewaffneten, dick eingemummten Männer warf. Ob man denn die Musik nicht ein wenig leiser drehen könne, fragte der Polizist. Milena trug etwas stockend die Geschichte vom Hochzeitstag vor, der Polizist schaute ungläubig und begann einen Satz, der mit dem Wort »trotzdem« einsetzte. Da drängte sich Franco dazwischen. So ging das nicht. Mit solchen Leuten musste man anders umspringen.
    Er tippte dem Patrouillenführer auf die Brust und zischte: » Sie haben eine Ausgangssperre verhängt! Sie sind schuld, dass wir hier festsitzen und die ganze Nacht nicht in unsere Betten kommen werden. Sie tragen die Verantwortung, dass unsere kleine Feier nicht wie jedes Jahr um 1 Uhr besinnlich ausklingen kann. Sie haben unser Dorf besetzt, streunen schwer bewaffnet in den Gassen herum, und jetzt wollen Sie uns auch noch vorschreiben, wie wir uns in unseren eigenen vier Wänden zu verhalten haben? Sagt Ihnen der Begriff Privatsphäre irgendetwas? Haben Sie schon mal von der Unverletzlichkeit der Wohnung gehört?«
    Franco schleuderte seine Worte mit der gebotenen Entrüstung hervor, verfranste sich dann allerdings etwas, als er sich auf einen historischen Exkurs einließ und dabei auf die Habeas-Corpus-Akte zu sprechen kam, von derenInhalt er selbst nur ziemlich unzutreffende und der Rest der Anwesenden überhaupt keine Vorstellungen hatte. Der Patrouillenführer wagte einzuwerfen, dass er doch nur darum bitten wolle, die Musik etwas leiser zu stellen.
    »Hat sich jemand beschwert?«, fragte Franco lauernd.
    »Noch nicht, aber …«
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss?«
    »Nein, wir wollen …«
    »Oder ist vielleicht Gefahr im Verzug, wenn wir die Hits von Adriano Celentano spielen?«
    »Es geht doch nur um …«
    »Na also!«, trumpfte

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