Die Augen des Drachen - Roman
Morgen …«
»Erinnerte er sich an nichts.«
Peyna grunzte. Er spreizte die Finger gegeneinander und sah durch den so entstandenen Giebel in das erlöschende Feuer.
»Bist du noch einmal in diesen Gang gegangen?«
Dennis fragte neugierig: »Hättet Ihr es getan, mein Lord?«
»Ja«, sagte Peyna trocken. »Die Frage ist, hast du es getan?«
»Habe ich.«
»Selbstverständlich. Wurdest du gesehen?«
»Nein. Ein Zimmermädchen begegnete mir im Gang. Ich glaube, die Wäscherei ist dort in der Nähe. Ich roch Kernseife, wie meine Mutter sie benutzt. Als sie gegangen war, zählte ich von dem beschädigten Stein vier nach oben und ging hinein.«
»Um zu sehen, was Thomas gesehen hatte.«
»Aye, mein Lord.«
»Hast du es gesehen?«
»Aye, mein Lord.«
»Und was war es?«, fragte Peyna, der es sehr genau wusste. »Als du die Klappen beiseitegeschoben hattest, was hast du gesehen?«
»Mein Lord, ich sah König Rolands Wohnzimmer«, sagte Dennis. »Mit all den Köpfen an den Wänden. Und … mein Lord…« Trotz der Wärme des ausgehenden Feuers erschauerte Dennis. »All diese Köpfe … sie schienen mich anzusehen. «
»Aber einen Kopf hast du nicht gesehen«, sagte Peyna.
»Nein, mein Lord, ich sah sie a…« Dennis verstummte und riss die Augen auf. »Neuner!«, stieß er hervor. »Die Löcher …« Er schwieg, seine Augen waren jetzt fast so groß wie Untertassen.
Schweigen senkte sich drinnen hernieder. Draußen stöhnte und heulte der Winterwind. Meilen entfernt kauerte Peter, der rechtmäßige König von Delain, hoch unter dem Himmel vor einem winzigen Webstuhl und
wob einen Faden, der so dünn war, dass man ihn fast nicht sehen konnte.
Schließlich seufzte Peyna tief. Dennis sah von seinem Platz vor dem Herd flehend zu ihm auf … hoffnungsvoll … ängstlich. Peyna beugte sich langsam nach vorn und berührte ihn an der Schulter.
»Du hast recht getan, hierher zu kommen, Dennis, Brandons Sohn. Du hast gut daran getan, einen Grund für deine Abwesenheit anzugeben - noch dazu einen ganz plausiblen, wie mir scheint. Du wirst heute Nacht bei uns schlafen, auf dem Dachboden, unter dem Giebel. Es wird kalt sein, aber du wirst dennoch besser schlafen als in den vergangenen Nächten. Habe ich recht?«
Dennis nickte langsam, eine Träne quoll aus seinem rechten Auge und floss langsam die Wange hinab.
»Und deine Mutter kennt die Gründe nicht, weswegen du wegmusstest?«
»Nein.«
»Dann stehen die Chancen gut, dass ihr nichts geschehen wird. Arlen wird dich nach oben bringen. Dies sind seine Decken, glaube ich, und du musst sie ihm zurückgeben. Aber oben ist sauberes Stroh.«
»Ich werde auch mit nur einer Decke gut schlafen, mein Lord«, sagte Arlen.
»Still! Junges Blut fließt auch im Schlaf heiß, Arlen. Dein Blut ist abgekühlt. Und du wirst deine Decken vielleicht brauchen … falls Zwerge und Trolle dich in deinen Träumen heimsuchen.«
Arlen lächelte ein wenig.
»Morgen werden wir uns ausführlicher unterhalten, Dennis - aber du wirst deine Mutter vielleicht eine Weile nicht sehen; ich muss dir das sagen, auch wenn ich
dir ansehe, dass du bereits weißt, es könnte nicht besonders gesund für dich sein, jetzt nach Delain zurückzukehren.«
Dennis versuchte zu lächeln, aber in seinen Augen glitzerte die Angst. »Als ich hierher kam, fürchtete ich mehr, als die Grippe zu bekommen, und das ist die aufrichtige Wahrheit. Aber nun habe ich auch Eure Gesundheit in Gefahr gebracht, nicht wahr?«
Peyna lächelte trocken. »Ich bin alt, und Arlen ist alt. Die Gesundheit der Alten ist niemals stark. Manchmal macht sie das vorsichtiger, als sie sein sollten … aber manchmal lässt es sie auch viel wagen.« Ganz besonders, dachte er, wenn sie viel wiedergutmachen müssen.
»Wir reden morgen weiter. Vorerst hast du dir deine Ruhe verdient. Wirst du ihm leuchten, Arlen?«
»Ja, mein Lord.«
»Und dann komm wieder zu mir.«
»Ja, mein Lord.«
Arlen führte den erschöpften Dennis aus dem Zimmer und ließ Anders Peyna nachdenklich vor dem erlöschenden Feuer sitzen.
85
Als Arlen zurückkam, sagte Peyna leise: »Wir müssen einen Plan machen, Arlen, aber vielleicht holst du uns einen Schluck Wein. Es ist besser zu warten, bis der Junge eingeschlafen ist.«
»Mein Lord, er schlief, bevor sein Kopf das Stroh berührte, das er sich als Kissen aufgeschüttet hat.«
»Ausgezeichnet. Aber bring uns dennoch einen Schluck Wein.«
»Mehr als einen Schluck kann ich auch nicht mehr holen«, sagte
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