Die Augen Rasputins
ihre Wange, sehr zärtlich und sehr sanft. Sie zog sich seine Hand an die Lippen. Hinsetzen und anfangen, fuhr es ihr wieder durch den Kopf, ’ne Menge Arbeit. Sie schluckte einmal hart. Es war immer noch ungeheuerlich, aber es war wohl so. Ganz kurz setzte der Atem aus.
»Du hast die Sachen hier? «
Ihr schwindelte allein bei der Vorstellung. Da war ein Collier gewesen, eine herrliche Arbeit, Smaragde und Brillanten, dazu hatten ein paar Ohrstecker und ein Armband gehört. Angefertigt für die Frau eines Industriellen. Albert Retling hatte ihr damals den Unterschied erklärt zwischen dem Gold und den Steinen auf der einen Seite und den fertigen Schmuckstücken auf der anderen. Das Sechs- bis Siebenfache, hatte er gesagt. Dann war da das Kreuz mit den Rubinen gewesen, an einer schweren Panzerkette. Und ein paar Ringe, der Armreif, Weiß-, Rot- und Gelbgold rautenförmig angeordnet, und jeweils auf den Weißgoldrauten ein Saphir, auf den Gelbgoldrauten ein Smaragd und auf den Rotgoldrauten ein Brillant. Ihre Stimme war immer noch atemlos.
»Deshalb sind wir hier. Und ich habe mich schon gefragt, warum du mich hierherbringst. Ich dachte, die Sachen wären längst verkauft! «
Er lächelte, wirkte mit einem Mal sehr überlegen und besonnen, sogar ein bißchen amüsiert über ihre Naivität.
»Püppi, du denkst einfach zu viel. Ich hab’ dir doch immer gesagt, ich tu’s für uns. Ich hab’ dir auch immer gesagt, du kannst dir die schönsten Steine raussuchen und dir irgendwo auf ’ne Fensterbank legen. Das gilt noch immer, Püppi. Das gilt sogar, wenn du mich anschließend sitzenläßt. Dann hast du mir immerhin geholfen, das ist ja auch was wert. Meinst du, ich hätt’ das damals einfach so verscheuert? Was hätt’ ich denn dafür gekriegt, ’n Trinkgeld! Nee, was ich mach’, mach’ ich richtig. Meinst du, ich halt’ den Kopf hin, und so ’n Hehler verdient sich dumm und dämlich? «
Er lächelte immer noch.
»Da hätt’ ich mich selbst in ’n Arsch getreten, wenn ich’s ’nem Fremden in den Hals geworfen hätte. Ich mußt’ doch nur warten, bis du soweit warst, und das Zeug bis dahin gut aufheben. An einem sicheren Platz. Gibt ’ne Menge sicherer Plätze, Püppi, an denen kein Mensch sucht. Der Garten hier zum Beispiel, ist so ’n Platz. Direkt hinter der Garage, wo das Gestrüpp steht, da braucht’ ich nicht mal so tief zu graben. Drei Jahre, hab’ ich mir gedacht, dann hat sie die Lehre zu Ende. Und noch ein paar Jährchen Praxis, damit auch was Vernünftiges dabei rauskommt. Und dann waren es sieben. Für irgendwas müssen die doch gut gewesen sein. Kannst du dir vorstellen, woran ich in den letzten Jahren gedacht hab’? Hier hab’ ich uns gesehen, hier, uns beide. Und du sitzt an dem Tisch da und brichst schön vorsichtig die Steine raus und machst ihnen
’ne andere Fassung. Und ich schau’ dir dabei zu. Ich helf’ dir, wenn ich kann. Und ich erzähl’ dir, wie wir nach Paris fliegen oder nach Amsterdam. Wie wir den Kram dort verkaufen, wunderschöne, neue Stücke, die kein Mensch kennt. Und wenn wir kassiert haben, suchen wir uns ein friedliches Plätzchen.
Und dann genießen wir unser Leben. Kanada, weißt du noch?
Oder Brasilien! «
Zuerst nickte sie mit leicht verträumt wirkender Miene.
Kanada, die Wälder! Sie war mit Eddi dort gewesen. Die Hochzeitsreise, drei wundervolle Wochen. Kein Luxus, nur Natur. Das kleine Blockhaus. Und abends ein Feuer im Kamin und Eddis Zärtlichkeit. Unvergeßliche Nächte.
Dann schüttelte sie den Kopf, abwehrend und ein bißchen fassungslos.
»Heiko, ich weiß nicht, ob ich das kann. Mein Gott, ich habe seit Jahren nicht mehr… nur ab und zu eine kleine Reparatur, ich habe doch gar keine Erfahrung… Ich habe doch damals nicht zu Ende… «
Sie brach ab. Zu Ende gelernt, hatte sie sagen wollen. Aber
vielleicht war es besser, ihn nicht zu belügen. Er hatte bereits die Stirn gerunzelt, als sie zu stottern begann. Jetzt lächelte er wieder.
»Mach dir keine Sorgen, Püppi. Wir haben Zeit. Wenn’s nicht gleich auf Anhieb klappt, macht das gar nichts. Du kannst dich in Ruhe einarbeiten. Machst halt erst mal ’nen Ring oder ’ne Brosche oder so was.
Du machst das schon. Bei deiner Phantasie. Paß auf, nachher sehen die Sachen besser aus als jetzt. «
Er ging zum Panzerschrank hinüber. Sie konnte nicht sehen, was er tat, sah nur seinen Rücken und wie er die schwere Tür aufzog. Als er sich wieder umdrehte, hielt er in
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