Die Augen
bringen, schon gar nicht mit der hier.«
»Weil wir bessere Laufburschen sind«, sagte Scott seufzend.
»Nein«, berichtigte ihn Andy, »weil man mir als dem Detective, der diese Ermittlungen leitet, schon die TV-Kameras vor die Nase gehalten hat. Der Rest unseres Teams ist glücklicherweise unsichtbar für die Öffentlichkeit – und für die meisten Cops außerhalb dieses Bezirks. Lasst eure Anfrage möglichst beiläufig klingen, und tut so, als fändet ihr das Ganze todlangweilig.«
»Wirst du Drummond hiervon erzählen?«, fragte Jennifer.
»Noch nicht. Erst wenn – falls – wir ein paar tragfähige Verbindungen zwischen den heutigen und den damaligen Opfern haben.«
Jennifer brachte einen Zweifel zum Ausdruck: »Was, wenn wir uns die ganze Arbeit machen und am Ende trotzdem nur Informationen bekommen, die uns nicht helfen, diesen Perversen aufzuhalten? Wenn wir wissen, wie viele Frauen er überfallen will, hilft uns das noch nicht, mögliche Opfer rechtzeitig ausfindig zu machen. Bei so alten Aufzeichnungen können wir uns doch glücklich schätzen, wenn wir Skizzen und halbwegs brauchbare Beschreibungen der Opfer bekommen, und die können wir nur mit Verbrechen in Verbindung bringen, die er bereits begangen hat.«
»Was nutzt es uns also, wenn wir die ganzen Akten finden?«, hakte Scott nach.
»Es könnte uns sehr helfen«, meinte Andy. »Überlegt doch mal. Wenn dieser Kerl alte Verbrechen kopiert, muss er seine Informationen irgendwoher haben. Und wenn wir Glück haben, dann sind das entweder Bücher wie die, die Jenn gefunden hat – oder unsere Akten. So oder so finden wir dann vielleicht etwas – einen Namen auf einer Bibliothekskarte oder die Notiz eines Polizeiarchivars, dass eine bestimmte Akte von wem auch immer zu Recherchezwecken ausgeliehen wurde. Irgendetwas, das uns auf seine Spur bringt.«
»Würde er so unvorsichtig sein?«, fragte sich Jennifer.
Andy lächelte. »Unvorsichtig? Welches Indiz oder welche Spur sollte uns denn darauf bringen, einhundert Jahre in der Vergangenheit nach Hinweisen zu suchen? Allein die Idee ist absurd.«
In seinem Atelier am anderen Ende der Stadt arbeitete Beau Rafferty an dem Gemälde, das sein neuester Auftrag war. Er benutzte einen außergewöhnlich feinen Pinsel, um auch die kleinsten Details noch präzise malen zu können. Er war Perfektionist. Schon immer gewesen.
Und er hatte ein stets waches Gespür für seine Umwelt, ein eingebautes Radar, das ihm sagte, wenn Leute in der Nähe waren. Auch wenn diejenigen kein Geräusch beim Öffnen der Eingangstür oder beim Gang durchs Haus zum Atelier machten.
»Eines Tages fange ich doch noch an, die Eingangstür abzuschließen«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Gute Idee. Wir leben in gefährlichen Zeiten.«
»Die Zeiten sind immer gefährlich. Die Menschen ändern sich nicht.« Über die Schulter warf Beau einen Blick auf seinen Besuch. »Sind Sie deshalb hier?«
»Sie wissen es nicht?«
Beau wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bild zu und schattierte sehr sorgfältig eine Charakterfalte in dem hübschen Gesicht. »Nein, ich habe Sie nicht vorhergesehen. Hätte ich vermutlich tun sollen. Sie sind eigentlich immer in der Nähe, wenn etwas Schlimmes passiert.«
»Schlimme Dinge passieren hier aber schon seit einer ganzen Weile.«
»Ja. Also, was führt Sie jetzt her? Maggie?«
»Würde Sie das überraschen?«
»Nein, eigentlich nicht. Sie waren wieder im Osten, als es anfing, stimmt’s?«
»Ja.«
»Am Anfang haben sie da keine Verbindung gesehen.« Beau schüttelte den Kopf. »Kaum verwunderlich, schätze ich. Er hatte schon immer mehr Glück als Verstand. Dabei gibt er sich solche Mühe.«
»Er will nicht, dass sie ihn sehen.«
Schließlich wandte Beau sich doch von seinem Gemälde ab und begann mit gerunzelter Stirn, die Pinsel zu reinigen. »Aber Maggie wird ihn sehen. Früher oder später. Sie ist finster entschlossen. Die Frage ist nur, wird sie ihn sehen, bevor er sie sieht?«
»Ich weiß.«
»Ich will ihr helfen.«
»Das weiß ich. Aber Sie dürfen nicht.«
»Ich könnte ihr zumindest sagen, worauf sie achten muss. Wem sie vertrauen kann.«
»Nein. Das dürfen Sie nicht, und das wissen Sie. Freier Wille. Sie haben ihr schon zu viel erzählt.«
Beau räumte seine Pinsel weg und musterte seinen Besuch sarkastisch. »Von Ihnen habe ich ihr nicht erzählt.«
»Das weiß ich zu schätzen.«
»Wirklich? Ich weiß nicht.« Beau schüttelte den Kopf. »Egal. Ich glaube, ich will es
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