Die Augen
Aber eine Notiz im Auto eines Cop? Nein, ich glaube nicht, dass er das war.«
»Wer dann?«, wollte Scott wissen. »Du und ich, wir sind doch drüber gestolpert, indem wir einfach mit Ideen rumgespielt haben, aus Frust darüber, dass wir sonst nichts tun konnten. Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand anders auch so was macht und zum gleichen Ergebnis kommt?«
»Nicht sehr«, gab sie zu. »Außerdem, wenn diese Notiz uns helfen soll, warum gibt er sie uns dann anonym und geht dabei ganz sicher, dass keine Fingerabdrücke drauf sind? Warum kommt er nicht einfach zu uns und erklärt alles?«
Bedächtig sagte Andy: »Außer derjenige weiß, dass da eine Verbindung besteht, weil er – oder sie – weiß oder vermutet, wer der Vergewaltiger ist. Das wäre nicht das erste Mal, dass ein Familienmitglied, eine misstrauische Ehefrau oder Freundin gerade so viel weiß, um sich Sorgen zu machen, aber zu viel Angst hat, um offen zu uns zu kommen, oder sich ihrer Verdächtigungen schämt.«
»Gut möglich. Aber warum zum Teufel musste man dazu in mein Auto einbrechen? Und wie hat er es geschafft, die Tür zu öffnen und wieder zu verschließen, ohne die geringste Spur zu hinterlassen, verdammt?«
Andy zuckte mit den Achseln. »Weiß der Geier. Vielleicht war es zufällig jemand, der genug von Autos versteht, um deins zu knacken, Jenn. Oder er hat einen elektronischen Schlüssel, der auch bei deinem Auto funktioniert. Heute, wo überall Elektronik eingesetzt wird, ist es doch eher leichter als schwerer, Autos zu klauen, warum also nicht? Solange wir nicht wissen, von wem der Zettel stammt, werden wir das nicht herausfinden.«
»Diese Ungewissheit gefällt mir überhaupt nicht«, sagte Jennifer bedrückt.
Andy nahm den Zettel und musterte ihn eingehender. »Sind in deinen Büchern auch Morde von 1894 aufgeführt?«
»Nichts, was unseren Vergewaltigungen ähnelt, jedenfalls nicht für mein Empfinden. Vielleicht finde ich noch andere Bücher, aber als ich die hier rausgesucht habe, schienen sie die einzigen über lokale unaufgeklärte Verbrechen zu sein, die verfügbar sind.«
»Das heißt, wir sind auf unsere Polizeiakten angewiesen. Und wir müssen bis 1894 zurückgehen.«
Scott stöhnte. »Scheiße. Ich kann euch jetzt schon sagen, dass wir die Laufarbeit selbst machen und überall in den Polizeiwachen im Keller und in den Lagerräumen nach diesen Akten wühlen müssen, wenn hier nicht irgendwer ein Gesuch um vorrangige Behandlung einreicht, damit wir ein paar bereitwilligere Helfer bekommen. Andy, bisher war ich ziemlich zugeknöpft bei meinen Erkundigungen – ich wollte nicht sagen, für welchen Fall das ist, weil es alles so …«
»Wischiwaschi ist?«, schlug Jennifer trocken vor.
»Unheimlich«, korrigierte Scott. »Wir wollen das Kind doch beim Namen nennen. Wie auch immer, ohne handfestere Informationen wollte ich den Büroangestellten in den anderen Bezirken nicht erklären, warum ich an den alten Akten interessiert bin. Und mit den Detectives möchte ich ganz bestimmt nicht darüber reden – jedenfalls erst, wenn wir sicher sind, dass es da eine Verbindung gibt.«
»Auch dann nicht«, ordnete Andy nach kurzem Nachdenken an. »Das bleibt erst mal unter uns. Wenn unser Täter ein Nachahmer ist und wir hier auf sein Drehbuch gestoßen sind, dann will ich auf keinen Fall unsere Karten offen legen. Das Letzte, was wir gebrauchen können, ist, dass jemand außerhalb unseres Teams entdeckt, was wir herausgefunden haben, und alles ausposaunt.«
»Das heißt, wir müssen die Laufarbeit selbst machen.« Jennifer wirkte nicht halb so entmutigt wie Scott. Ihre Augen blitzten. »Wir brauchen irgendeine Ausrede, Andy, wenn wir nicht wollen, dass die anderen Cops sich fragen, was wir vorhaben. Ich meine, wie oft muss man schon Akten ausgraben, die mehr als hundert Jahre alt sind?«
Andy schürzte die Lippen und erwog verschiedene Möglichkeiten. Dann lächelte er. »Ich hab’s. Alle Welt weiß, dass Drummond höllisch ehrgeizig ist und immer wieder mit irgendeiner Theorie oder einem Plan daherkommt, wie man die Effizienz der Polizeiarbeit steigern kann, damit die maßgeblichen politischen Stellen es auch merken. Also sagen wir, wenn jemand fragt, einfach, dass er neue Grillen im Kopf hat und uns alten Aufzeichnungen über Verbrechen aus der Vergangenheit nachjagen lässt, um eine Vergleichsstudie zu erstellen. Solange ihr fragt und nicht ich, kann das eigentlich niemand mit laufenden Ermittlungen in Verbindung
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