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Die Augen

Die Augen

Titel: Die Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hooper
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geboren werden könnten, über die wir gerade sprechen. Einfach ein anderes Talent, eine andere Fähigkeit, völlig menschlich, wenn auch selten. Während du dieses Zimmer betrachtest und Schmutzspuren, Flecken und sich ablösende Tapete siehst, sehen Menschen, die besonders sensibel für die elektrischen Abdrücke der Gedanken und Gefühle sind, vielleicht viel mehr.«
    John schüttelte den Kopf. »Selbst wenn ich das akzeptieren könnte, erklärt das immer noch nicht Maggie und was sie gerade durchzumachen schien. Du erwartest ernsthaft von mir, dass ich dir glaube, dass sie die Fähigkeit hat zu fühlen – körperlich zu erleben –, was einem anderen Menschen hier in diesem Raum vor Wochen geschehen ist?«
    »Du hast doch dasselbe gesehen wie ich«, erinnerte ihn Quentin.
    »Ja, schon, aber …«
    »Aber du glaubst es nicht.«
    »Ich glaube schon, dass sie sensibel genug ist, um … sich vorzustellen … was Hollis Templeton hier in diesem Raum durchgemacht haben muss, aber zu sagen, dass sie es tatsächlich gefühlt hat – nein. Das glaube ich nicht. Ich kann es nicht glauben, Quentin.«
    »Das ist noch ein Grund, wieso ich dir gesagt habe, du sollst ihr nicht nachgehen.« Quentin schloss seine Überprüfung des Raums ab und wandte sich John zu. »Eins der größten Probleme, mit denen man fertig werden muss, wenn man weiß, man kann etwas, das über die Fähigkeiten der meisten anderen Menschen hinausgeht, sind der Unglaube und oft auch die Angst der Leute. Niemand nennt dich rundheraus einen Lügner – aber der Argwohn ist unübersehbar. Und deutlich spürbar. Besonders wenn man nicht richtig beweisen kann, was man kann. Sie kann dir ebenso wenig beweisen, dass sie eine Empathin ist, wie ich dir beweisen kann, dass ich manche zukünftigen Ereignisse kenne, ehe sie geschehen sind. Obwohl ich es immer wieder versuche.« Quentin musterte seinen Freund schwach lächelnd. »Seit fast zwanzig Jahren lachen und witzeln wir darüber. Und in all der Zeit hast du meine Fähigkeit, dir zu sagen, was geschehen wird, ehe es passiert, auf mein Glück geschoben, meine Intuition, darauf, dass ich gut geraten habe oder auf eine logische Abfolge von Ereignissen – auf alles außer auf das, was es wirklich ist: Präkognition. Hellsehen. Kenntnis von noch nicht Geschehenem.«
    »Das hast du ziemlich gut erfasst«, räumte John ein.
    »Danke«, entgegnete Quentin trocken.
    »Aber wie kann man etwas wissen, ehe es geschehen ist? Erklär das mal, indem du das nimmst, was die Wissenschaft weiß, und es bis zum nächsten logischen Schritt ausdehnst.«
    »Das kann ich nicht. Die Wahrheit ist, ich habe keine Ahnung, wieso ich es kann. Wenn ich es verstehen würde, könnte ich es wohl auch beherrschen. Ich könnte mir sagen, Quentin, alter Junge, wie wird der Aktienmarkt, sagen wir, Ende des Jahres aussehen? Welche Lottozahlen werden diese Woche gezogen? Welches Dotcom-Unternehmen ist eine Investition wirklich wert? Wer gewinnt den Superbowl?« Er zuckte mit den Achseln. »Aber so funktioniert es nicht. Ich wünschte, es wäre so – aber so ist es nicht.«
    »Und deshalb kannst du mir auch nicht sagen, ob die Polizei diesen Vergewaltiger fangen wird.«
    »Eben deshalb. Ich weiß nur, was mein unberechenbarer Verstand beschließt, mir mitzuteilen – und das gehört nicht dazu. Bisher jedenfalls. Wenn ich mich erst richtig in eine Sache vertieft habe, kann ich manchmal Fakten aufschnappen, die mit der Zukunft dieser Sache zu tun haben – aber diese Kontrolle lässt sich am besten als höllisch unberechenbar beschreiben.«
    »Das ist keine große Hilfe.«
    »Sag bloß. Weißt du, mein Chef sagt, sollte jemals ein Hellseher geboren werden, der seine – oder ihre – Fähigkeiten völlig unter Kontrolle hat, wird das die ganze Welt verändern. Damit hat er vermutlich Recht. Er hat für gewöhnlich Recht. Verdammt.«
    John regte sich. »Da wir gerade von Bishop sprechen – wie lange wird es wohl dauern, bis er stocksauer hier auftaucht?«
    »Ich hoffe, das tut er gar nicht.« Quentin seufzte. »Realistisch betrachtet schätze ich, wir haben vielleicht achtundvierzig Stunden, bis er den Fall, an dem er arbeitet, aufgeklärt hat oder bis er ein, zwei freie Minuten hat und merkt, dass ich längst wieder in Quantico sein sollte. Ich wollte eigentlich Kendra bitten, uns Schützenhilfe zu leisten, aber dann dachte ich, wir könnten sie hier brauchen. Sie ist ein fantastischer Profiler und erstklassig in der Recherche, außerdem telepathisch

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