Die Augen
tendieren. Es hatte wahrscheinlich nichts mit irgendetwas zu tun, was Sie gemacht haben, Hollis, es war keinesfalls Ihre Schuld. Sie haben einfach bloß dem Anforderungsprofil entsprochen, das er in seinem kranken Hirn entwickelt hat.«
»Glauben Sie … er tut es noch mal?«
»Ja.«
Die umgehende, ruhige Antwort ließ Hollis zögern, doch nur einen Augenblick. »Bis man ihn aufhält. Ja, natürlich. Aber warum? Warum tut er das?«
Nun war es an Maggie zu zögern, dann antwortete sie langsam: »Ich bin sicher, ein Psychologe oder Profiler könnte alle möglichen Motive herleiten. Und läge damit sicher richtig. Es gibt immer Gründe, die man zumindest nachvollziehen, wenn auch nicht verstehen kann. Sogar bei einem solchen Ungeheuer.«
»Aber es gibt nur einen wirklichen Grund, oder? Einen wirklichen Antrieb hinter seinen Taten?«
»Ja. Es gibt immer einen einzigen treibenden Grund bei einem Triebtäter wie diesem.«
Hollis legte den Kopf schräg und lauschte dieser Stimme, die eine so trügerische verlässliche Ruhe ausstrahlte. Sie fragte sich, was es war, dessen Bewegungen sie beinahe in den unsichtbaren Tiefen unter Maggies ruhiger Oberfläche hörte.
Etwas … Kaltes. Nein, eigentlich nicht kalt. Etwas, dem kalt war. Etwas Dunkles, dem kalt war.
Furcht? Wissen? Verstehen?
Aus irgendeinem Grund mochte Hollis nicht laut fragen Vielleicht weil sie Maggie nicht gut kannte. Möglicherweise war sie auch halb überzeugt, dass sie sich viel zu viel einbildete im Dunkeln unter dem Verband.
Oder vielleicht hatte sie auch nur Angst vor der Antwort. Sie zwang sich, sich auf die Frage zu konzentrieren was diese Bestie antreiben mochte. »Was ist es? Warum tut er uns das an, Maggie?«
»Weil er es will. Weil es ihm gefällt.«
Hollis atmete tief durch. »Ja. Das … habe ich gespürt. Daran, wie er mich berührt hat. Als ob schon die Beschaffenheit meiner Haut ihn faszinieren würde. Daran wie er … an mir gerochen hat.«
»Er hat es genossen, an Ihnen zu riechen?«
»Muss er wohl. Oder er wollte sich hinterher an den Geruch erinnern. Er hat immer wieder … geschnüffelt. Ich habe seinen Atem auf meiner Haut gespürt, dann habe ich ihn schnüffeln gehört. An meinem Arm, meiner Kehle, meinen Brüsten. Überall. Da hatte ich … schon aufgehört … zu flehen.« Hollis hörte ihre eigene Stimme, als gehörte sie jemand anderem. Die Worte kamen schneller und schneller bis sie beinahe aus ihr heraussprudelten.
»Ich war gefesselt, konnte mich nicht bewegen. Als ich das erste Mal zu mir kam, begriff ich, dass er mir die Augen genommen hatte. Da habe ich gekämpft, gegen ihn angekämpft. Habe ihn verflucht. Aber es war vergeblich. Egal wie laut ich geschrien habe oder wie heftig ich gekämpft habe, es schien ihn nicht zu interessieren. Er … tat was er tun wollte. Hat mich vergewaltigt. Und danach, nachdem ich aufgehört hatte zu schreien und zu fluchen, da … hat er mich geschlagen – fast methodisch. Ich hatte das Gefühl, als bräuchte ich meine ganze Willenskraft, um die Schmerzen ohne zu schreien zu ertragen. Ich wollte nicht, dass er mich vor Schmerzen schreien hört. Die Befriedigung habe ich … ihm nicht gegönnt. Also war ich ganz still, habe mich nur darauf konzentriert, ihm zuzuhören.«
»Was haben Sie sonst noch gehört, Hollis?«
»Ihn. Atmen. Er war sehr leise, aber ein, zwei Mal habe ich ihn summen gehört. Die Melodie kannte ich nicht, obwohl sie mir irgendwie vertraut war. Es war eigentlich gar keine Melodie. Nur so ein Summen. Und …«
»Und?«
»Da war noch etwas, aber … ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß, dass ich noch ein Geräusch gehört habe, etwas, das mich irgendwie gestört hat. Weil ich es wiedererkannt habe oder dachte, ich müsste es wiedererkennen. Aber jetzt erinnere ich mich nicht.«
Hollis wusste, dass Maggie sich zu ihr vorgebeugt hatte, und schrak nicht zusammen, als sich eine kühle Hand auf ihre legte.
»Sie werden Sich erinnern, wenn Sie können, Hollis.«
»An alles andere erinnere ich mich. Ich erinnere mich in allen gottverdammten Einzelheiten daran, was er mit mir getan hat. Ich erinnere mich daran, wie sein Atem in meinem Gesicht roch, wie Pfefferminzkaugummi. Wie er selbst nach Dove-Seife gerochen hat. Wie seine Haut sich auf meiner angefühlt hat, heiß und glitschig vor Schweiß. Wie er … so ganz hinten aus der Kehle gestöhnt hat, während er mich vergewaltigt hat. Ich erinnere mich an … alles. Außer daran. Warum nicht daran?«
»Es gibt
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