Die Augen
vorbereitet hat.«
»Alles Mögliche?«, fragte John.
Maggie sah ihn nicht an.
»Arztbesuche, Einkäufe, neu tapezieren. Es ist das erste Kind. Da gibt es natürlich viel zu tun.«
Andy meinte: »Aber vielleicht hat er nicht begriffen, wie weit sie ist?«
»Vielleicht nicht. Aber dafür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen.«
Andy verzog das Gesicht und rieb sich den Nacken. »Nein, ich auch nicht. Ist das jetzt sein neuester Spaß, der ultimative Kick? Mein Gott. Wenn sich herausstellt, dass Samantha Mitchell von unserem Vergewaltiger entführt wurde, dann haben wir hier bald völlige Panik in der Stadt.«
Maggie atmete tief durch und sagte mit bemüht fester Stimme: »Euch ist doch klar, dass sie wahrscheinlich nicht überleben wird?«
»Das hättest du auch für dich behalten können.«
»Es ist aber so, und du weißt es. Hollis sagt, er hat sie beinahe methodisch geschlagen und mindestens drei Mal vergewaltigt. Sie hatte so starke innere Verletzungen, dass sie niemals Kinder bekommen kann. Jetzt nimm noch den schrecklichen körperlichen und seelischen Schock dazu, wenn jemand geblendet wird, und dann stehen die Chancen ziemlich gut, dass weder die schwangere Frau noch ihr ungeborenes Kind diese Tortur überleben.«
Mit grimmigem Gesicht schüttelte Andy den Kopf, doch er sagte: »Hast du in dem Gespräch mit Hollis irgendetwas Brauchbares erfahren?«
»Ich weiß noch nicht. Vielleicht. Kleinigkeiten, aber nicht von der Sorte, die der Polizei hilft, jedenfalls bis jetzt noch nicht.«
»Wie zum Beispiel?«
Maggie atmete tief durch. Sie versuchte, sich ihre Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. »Er hat Pfefferminzkaugummi oder irgendwelche Bonbons für frischen Atem benutzt. Er hat manchmal vor sich hingesummt, aber Hollis kannte die Melodie nicht. Er war fasziniert von der Beschaffenheit ihrer Haut und von ihrem Geruch.«
John regte sich auf seinem Stuhl und murmelte: »Der Wichser.«
Maggie warf ihm einen um Verzeihung heischenden Blick zu. Für ihn musste es die Hölle sein, so etwas mit anzuhören und zu wissen, dass seine Schwester von demselben abartigen Kerl gefangen gehalten und gequält worden war. In solchen Situationen konnten wenige Informationen für einen fantasievollen Kopf viel schlimmer sein als überhaupt keine.
Zum ersten Mal wurde Maggie klar, dass er wahrscheinlich nicht besser schlief als sie selbst und dass seine Albträume gewiss von Mal zu Mal lebhafter wurden, mit jeder brutalen Einzelheit, die er über das erfuhr, was seine Schwester wirklich durchgemacht hatte.
Andy, der mehr Übung als sie beide darin hatte, sich von seinen Gefühlen nicht ablenken lassen, sagte zu Maggie: »Das klingt nicht mal nach Details, die dir weiterhelfen. Oder? Bekommst du allmählich ein Bild von dem Typen?«
»Jedes Detail hilft mir, mir ein Bild von ihm zu machen. Irgendwann.« Jedes Detail, jedes Pochen der Höllenqualen und der Todesangst, die sie mit Hollis zusammen empfunden hatte. Und mit Ellen. Und Christina.
»Hast du schon eine Skizze?«
»Nein. Noch nicht.«
John sagte: »Andy, ich weiß, deinem Boss würde es gar nicht gefallen, aber besteht irgendwie die Möglichkeit, dass wir uns heute noch das Haus der Mitchells ansehen?«
»Wir?«
»Maggie und ich.«
Maggie wollte erst protestieren, doch dann verkniff sie sich den Einwurf. Bisher war es ihr stets gelungen, ihre Reaktionen auf die Orte, an denen Akte von Gewalt und Leiden stattgefunden hatten, vor Andy zu verbergen, und so würde sie es auch am liebsten weiter halten. Es war schon schwierig genug, auch ohne dass sie zusätzlich mit dem wachsenden Unbehagen oder sogar der Furcht der Cops fertig werden müsste, wenn sie eine ihrer kleinen … Vorstellungen gesehen hätten.
Sie hatte keine Ahnung, was John dachte, das er am Samstag gesehen hatte, aber sie zweifelte nicht daran, dass er und sein Freund über sie gesprochen hatten. Sein angeblich paranormal begabter Freund.
Ihr war kalt. Und sie machte sich Sorgen. Ging sie womöglich zu schnell vor? Konnte sie es sich andererseits erlauben, es nicht zu tun? Es war so unglaublich wichtig, dieses Ungeheuer aufzuhalten, ehe es noch mehr Menschenleben zerstörte. Aber wie hoch würde der Preis sein, wenn sie sich für den falschen Weg entschied? Und wer würde ihn bezahlen müssen?
»Maggie, schaffst du das?«, fragte Andy.
Sie nickte. »Mir geht es gut.« Eine Lüge, aber eine ziemlich überzeugende, fand sie.
»Ich weiß, dass Maggie immer irgendwann den Tatort
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