Die Augen
waren zweifellos erfreut, besonders als John ihnen von den Fachkenntnissen der zwei als Profiler, von Kendras Computerfähigkeiten und dem gesamten Datenbankspektrum erzählte, das den beiden als Angehörigen der Bundespolizei zur Verfügung stand.
»Vielleicht kommen die zwei ja dahinter, warum die Zahl 1894 so wichtig ist. Wenn sie denn wichtig ist«, sagte Jennifer. »Inzwischen – Andy, wenn du nichts dagegen hast, fahre ich zur Bezirksdienststelle Zentrum. Der Archivar da ist sich nicht ganz sicher, aber er meint, sie könnten ein paar richtig alte Akten in ihrem Lagerraum haben. Das will ich mir ansehen, mal sehen, ob ich die fehlenden Akten von 1934 oder vielleicht sogar welche von 1894 finde.«
Andy warf einen Blick auf die Aktenstapel auf dem Konferenztisch und seufzte. »Klar, mach ruhig. Nichts in diesem Chaos hilft uns weiter.«
Scott fragte: »Jenn, soll ich mitkommen?«
Sie grinste ihn an. »O nein, Kumpel. Du bringst all diese nutzlosen Akten dorthin zurück, wo wir sie herhaben, und dann versuch herauszubekommen, was mit den Akten passiert ist, von denen der Archivar der Polizeidienststelle Nord schwört , sie seien beim Umzug ins neue Gebäude verloren gegangen.«
Scott verzog das Gesicht und meinte: »Es macht keinen Spaß, wenn man in der Hierarchie ganz unten steht.« Doch er wirkte eigentlich ganz vergnügt, als er nun einen Aktenkarton nahm und Jennifer aus dem Raum folgte.
»Die beiden müssen immer was zu tun haben«, erklärte Andy Maggie und John seufzend. »Sie sind beide noch nicht lange genug dabei, um die Erfahrung gemacht zu haben, dass fünfundsiebzig Prozent der Polizeiarbeit aus Herumsitzen besteht – dass man entweder Papiere durcharbeitet und versucht, ein Puzzle aus einzelnen Fakten zusammenzusetzen, oder einfach versucht, das Problem so lange durchzusprechen, bis es anfängt, einen Sinn zu ergeben.«
»Manchmal denke ich, das ganze Leben besteht zum größten Teil daraus«, ergänzte John sarkastisch.
»Ich kann es den beiden nicht verdenken, dass sie ruhelos sind«, meinte Maggie, den Blick grübelnd auf die Pinnwand geheftet. »Es ist die Hölle, hier herumzusitzen. Und sich zu fragen, wann das Telefon wohl klingeln mag.«
Als es das genau in diesem Augenblick tat, sah Andy sie mit erhobener Augenbraue an und nahm ab. Er sagte »Brenner« und hörte dann mehrere Minuten zu. Er musste nicht erst »Ach du heilige Scheiße« murmeln, damit die anderen begriffen, dass es schlechte Neuigkeiten gab.
Sobald er aufgelegt hatte, riet John: »Samantha Mitchell?«
»Nein«, sagte Andy mit schwerer Stimme. »Der Dreckskerl hat eine betriebsame Woche. Wir haben eine weitere vermisste Frau.«
Im Lagerraum der Polizeistation Zentrum fand Jennifer eine Menge Akten. Eine Menge alter Akten, von denen einige bis in die 1890er-Jahre zurückgingen. Doch für das Jahr 1894 fand sie nichts von Interesse; für diesen Zeitraum waren in Seattle vergleichsweise wenige Morde gemeldet worden, und keiner davon erfüllte ihre Kriterien.
Schlimmer noch, es gab keine Spur von Akten aus dem Jahre 1934. Aus dem ganzen Jahrzehnt gab es keine Akten.
Nach über einer Stunde vergeblichen Suchens war sie staubig, gereizt, hatte sich drei Mal an Papier geschnitten und außerdem Kopfschmerzen. Ferner war sie nun geneigt, Computer viel höher zu schätzen, als sie das vor dieser ganzen Angelegenheit getan hatte. Sie hatten wohl auch ihre schlechten Seiten, aber zumindest bekam man bei der Arbeit an ihnen keinen Staub in die Nase oder Schnittverletzungen an den Fingern.
Sie ging in den Aufenthaltsraum der Wache, ließ sich dort mit einem Erfrischungsgetränk nieder und überlegte verdrossen, welche Handlungsmöglichkeiten sie hatte. Sie waren nicht vielversprechend. Vielleicht fand Scott ja diese Akten noch, die bei dem Umzug verloren gegangen waren, doch es schien wenig wahrscheinlich. Wenn sie nicht persönlich jeden Lagerraum und jeden Keller in sämtlichen Polizeiwachen der Stadt aufsuchen wollte – und das wollte sie nicht –, dann musste sie sich eingestehen, dass diese spezielle Spur vielleicht in eine Sackgasse führte.
Jennifer mochte Sackgassen gar nicht.
Sie war so sicher gewesen, dass sie in den alten Akten etwas Brauchbares finden würden. Oh, Scott gegenüber hatte sie sich das nicht anmerken lassen, aber von dem Augenblick an, als sie jene erste Skizze von 1934 gesehen hatte, war ihr Adrenalinpegel steil angestiegen. Alle ihre Instinkte hatten laut geschrien: endlich, nach so
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