Die Augen
des Gegenteils. Das Problem ist, wir sind bisher noch auf überhaupt keine Akten aus dem Jahr gestoßen. Nicht sehr überraschend, Seattle war ja erst ein paar Jahrzehnte vorher gegründet worden.«
Maggie meinte: »Vielleicht ist das … ein anderer Ort. Eine andere Stadt.«
»Vielleicht«, erwiderte Andy. »Aber falls ja, sehe ich nicht die geringste Chance, dass wir herausfinden, wo.«
Kendra hatte sich eigentlich kein Bild von Joey gemacht, doch als sie ihn in einem überfüllten schäbigen Spielsalon aufstöberten, war sie entschieden überrascht. Im Großen und Ganzen war es ein zwielichtiger Laden, wo jeder sich tunlichst nur um seine eigenen Angelegenheiten kümmerte. Doch Quentin näherte sich von hinten gemächlich einem ungeschlachten Rotschopf, der gerade Spielgewinne einstrich, und tippte ihm auf die fleischige Schulter.
»Hi, Joey.«
Joey fuhr herum, sein grimmiger Gesichtsausdruck eine Leuchtwarnung an jedermann mit gesundem Menschenverstand.
Quentin trat selbstverständlich nicht einmal einen Schritt zurück. Er lächelte nur sein merkwürdig sanftes, absolut trügerisches Lächeln und fügte hinzu: »Wie ist es dir ergangen?«
Kendra zog ihre Waffe nicht, doch sie behielt die Hand in deren Nähe. Sie hatte großes Vertrauen in die Fähigkeiten ihres Partners, zumal Quentin groß und unbestreitbar kräftig war, doch Joey war noch größer und sah zudem aus, als könnte er einen Quarterback über den Kopf heben und quer durch den Raum wuchten.
Joey jedoch trat einen Schritt zurück, und ein komisches kleines Lächeln verzerrte seinen Mund. »Oh. Hi, Quentin. Lange nicht gesehen.«
»Ach, nur ein paar Monate«, meinte Quentin fröhlich. »Aber natürlich gibt es so viel zu erzählen. Was hältst du davon, wenn wir zu dir ins Büro gehen und über die alten Zeiten plaudern, hm, Joey?«
Widerspruchslos wandte Joey sich mit geradezu erstaunlicher Unterwürfigkeit um und führte sie durch einen Korridor hinten im Haus zu einer unglaublich verdreckten Männertoilette. Kendra versuchte nach Möglichkeit nichts zu berühren und fragte sich flüchtig, ob sie ihre Schuhe wegwerfen müsste, sobald sie da wieder herauskämen; irgendetwas knirschte unter ihren Füßen, aber sie mochte wirklich nicht nachsehen, was es war.
Joey erhob keinen Einspruch gegen Kendras Anwesenheit, was sie kaum überraschte, da er den Blick nicht von Quentin abwandte.
»Biste für immer wieder da?«, fragte er, und es war offensichtlich, dass er auf eine Verneinung hoffte.
»Nein, nur zu Besuch, wie immer. Hast dir nichts zuschulden kommen lassen, Joey?«
»Natürlich nich’, Quentin.«
Zweifelnd hob Quentin eine Augenbraue.
»Okay, hab ein bisschen Ärger gehabt hier und da, aber nichts Ernstes.«
»Du hast nicht zufällig noch jemanden umgebracht, Joey?«
»Nein, ich schwöre.«
»Ich kann herausfinden, ob du lügst. Das weißt du.«
Wieder verzog sich Joeys Mund zu diesem matten Grinsen. »Ja, klar, weiß ich doch. Ehrlich, Quentin, ich war brav. Kannst jeden fragen.«
»Das werde ich, Joey. Einstweilen benötige ich aber eine kleine Information.«
»Okay, klar. Schieß los.«
»Hast du vom Verschwinden der Samantha Mitchell gehört?«
Joey runzelte kurz die Stirn, hinter der es sichtbar zu arbeiten begann, dann nickte er. »Ach, klar. Soll noch eine sein, die der Vergewaltiger sich gegriffen hat.«
»Genau. Aber jetzt behauptet jemand, er hätte sie entführt. Und derjenige will, dass ihr Ehemann ein Lösegeld zahlt.«
Joey trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich nich’, Quentin.«
»Wer ist es dann, Joey? Welcher erbärmliche Dreckskerl versucht da, die unglückliche Lage dieser armen Frau auszunutzen?«
»Weiß ich nich’, Quentin, ehrlich.«
Sanft sagte Quentin: »Ich will, dass du das für mich in Erfahrung bringst, Joey. Und zwar schnell. Verstanden?«
Joey nickte. »Okay. Okay, Quentin, ich kann rumfragen, klar. Leute schulden mir’n Gefallen, irgendwer wird schon was wissen.«
Quentin nahm eine Visitenkarte und reichte sie Joey. »Die unterstrichene Nummer ist mein Handy. Ruf mich da an, sobald du rausgefunden hast, was ich wissen will.«
Joey nahm die Karte behutsam entgegen. »In Ordnung. Gib mir ein paar Stunden, ich schau mal, was ich ausgraben kann.«
»Aber lass mich nicht länger warten, okay?«
»Klar, natürlich.«
»Ruf mich schnell an, dann habe ich vielleicht keine Zeit herumzufragen und herauszufinden, was du angestellt hast, Joey.«
Nochmals setzten sich die
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