Die Auserwaehlte
sie keine Erbinnen sind.« Nacoyas Stimme erhielt einen leichten Vorwurf.
Da es jetzt zu spät für gegenseitige Beschuldigungen war, meinte Mara: »Ich beginne zu erkennen, weshalb Ihr meintet, wir müßten einige Dinge sofort besprechen.« Sie erwartete, nun in ihre Gemächer geführt zu werden, und wandte sich um. Doch die alte Frau hielt sie fest, und Mara war zu zittrig, um dagegen anzukämpfen. Sie gab dem Druck nach und blieb stehen.
Papewaio löste sich aus der Reihe der anderen und trat nach vorn, dann sank er vor ihr auf ein Knie ins Gras. Der Schatten des Zeremonientores fiel auf sein Gesicht und machte es unmöglich, den Ausdruck darauf zu erkennen, als er sein Schwert zog und, die Spitze gegen die eigene Brust gerichtet, Mara den Griff des Schwertes anbot. »Mylady, ich bitte darum, mein Leben mit der Klinge beenden zu dürfen.«
Einen langen Augenblick starrte Mara ihn verständnislos an. »Was wollt Ihr?«
»Ich bin in den Heiligen Hain der Acoma eingedrungen, Mylady.«
Da ihre Gedanken bisher nur um das Attentat gekreist waren, war Mara bis zu diesem Moment das Ausmaß von Papewaios Tat nicht bewußt geworden. Er hatte den Hain betreten, um sie zu retten – trotz des Wissens, daß ein solcher Verstoß ihm den sicheren Tod bescheren würde, ohne jede Möglichkeit auf Begnadigung.
Während Mara nicht in der Lage war, etwas zu erwidern, versuchte Keyoke vorsichtig, sich für Papes Anliegen einzusetzen. »Ihr habt Jican, Nacoya und mir untersagt, Euch auf die Lichtung zu begleiten, Lady. Papewaio wurde nicht erwähnt. Er hielt sich in der Nähe des Zeremonientores verborgen; als er die Geräusche eines Kampfes hörte, schickte er den Gärtner nach uns und trat ein.«
Der Kommandeur der Acoma bedachte seinen Kameraden mit einer seiner spärlichen Gefühlsregungen; für einen kurzen Augenblick zog er die Mundwinkel nach oben, als würde er nach einem schweren Kampf Sieg wittern. Dann war das schwache Lächeln auch schon wieder verschwunden. »Jeder von uns wußte, daß ein solches Attentat auf Euch nur eine Frage der Zeit sein würde. Unglücklicherweise wählte der Attentäter ausgerechnet diesen Ort. Pape kannte den Preis für das Betreten der Lichtung.«
Es war eindeutig, was Keyoke Mara zu erklären versuchte: Papewaio hatte Maras Ahnen brüskiert, indem er die Lichtung betreten hatte, und daher den Tod verdient. Nicht einzutreten hätte jedoch zu einem weitaus schlimmeren Schicksal geführt. Nach dem Tod des letzten Familienmitglieds der Acoma wären jeder Mann, jede Frau, alle, die Papewaio zu seinen Freunden zählte, zu Personen ohne Haus geworden, kaum mehr als Sklaven oder Gesetzlose. Kein Krieger hätte etwas anderes tun können als Papewaio getan hatte; sein Leben war der Ehre der Acoma geweiht. Keyoke erklärte Mara also, daß Pape den Tod eines Kriegers verdient hatte, den Tod durch die Klinge, denn er hatte das Leben seiner Herrin und all derer, die er liebte, über sein eigenes gestellt. Aber der Gedanke daran, daß dieser treue Krieger als Folge ihrer eigenen Dummheit und Unerfahrenheit sterben sollte, war zuviel für Mara. So sagte sie spontan: »Nein.«
Papewaio, der die Antwort als Weigerung verstand, ihm das Recht auf einen ehrenvollen Tod zuzugestehen, beugte den Kopf. Das schwarze Haar verbarg seine Augen, als er das Schwert in einer glatten, schnellen Bewegung durch die Luft führte und die Klinge vor den Füßen seiner Herrin in den Boden trieb. Mit offenem Bedauern winkte der Gärtner seine beiden Gehilfen herbei. Sie hatten Seile bei sich und eilten jetzt an Papewaios Seite. Einer begann, seine Hände am Rücken zusammenzubinden, während der andere eine lange Schlinge über einen dicken Ast warf.
Einen Augenblick verstand Mara gar nichts, dann begriff sie plötzlich: Sie bereiteten Papewaio für den schmählichsten aller Tode vor, für das Erhängen, eine Form der Exekution, die nur bei Verbrechern und Sklaven angewendet wurde. Mara schüttelte den Kopf. »Halt!«
Alle verharrten reglos. Die Gehilfen des Gärtners behielten die Hände halb erhoben in der Luft, schauten zuerst auf den Gärtner, dann auf Nacoya und Keyoke, schließlich auf ihre Gebieterin. Sie kamen dieser Pflicht mit sichtlichem Widerstreben nach, und die verwirrenden Wünsche ihrer Herrin vergrößerten ihr Unbehagen noch.
»Kind, so lautet das Gesetz«, sagte Nacoya.
Mara fühlte den unbändigen Drang, sie alle anzuschreien. Sie schloß die Augen. Die Anspannung, ihre Trauer, das Attentat und jetzt
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