Die Auserwaehlte
blieb gelassen, doch sein Verhalten drückte Zustimmung aus. Er dachte einen Augenblick nach und fuhr mit dem Knöchel seines Zeigefingers über eine alte Wunde, die sein Kinn zerfurchte. »Lady, würdet Ihr diese Geste als Warnung erkennen, selbst an einem öffentlichen Ort voller Menschen?«
Mara lächelte beinahe. Keyoke hatte eine nervöse Angewohnheit Papewaios gewählt, das einzige Zeichen, das verriet, wenn er angespannt war. Keyoke wurde niemals unruhig; ihr Kommandeur, glaubte sie, verlor nie die Kontrolle, weder in gefährlichen oder angespannten Situationen noch in der Schlacht. Wenn er sich in ihrer Gegenwart an der Narbe kratzte, würde sie es also bemerken und hoffentlich wachsam werden. »Sehr gut. Machen wir es also so, Keyoke.«
Eine angespannte Stille breitete sich aus, als Mara ihre Aufmerksamkeit dem anderen Krieger zuwandte. »Mein mutiger Pape, hätte ich nicht zuallererst einen Fehler begangen, wäre ich jetzt tot und all unsere Güter und die zu den Acoma gehörenden Menschen wären ohne Herrin.« Sie wünschte, den Augenblick hinauszögern zu können, da sie das Urteil würde fällen müssen. »Wenn ich nur gesagt hätte, daß niemand mir zum Hain folgen darf …« Sie ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen. Alle wußten, daß ihr Befehl bis zum letzten befolgt worden wäre; die Pflicht hätte Papewaio gezwungen, im Haus zu bleiben und seine Herrin ihrem Schicksal zu überlassen.
»Und jetzt muß einer meiner verdientesten Offiziere sein Leben für einen loyalen und ehrenvollen Dienst dem Haus gegenüber hingeben«, sagte Mara.
»So ist das Gesetz«, bemerkte Keyoke. Seine unbeweglichen Gesichtszüge zeigten keinerlei Spur von Trauer oder Wut. Er war erleichtert, daß Mara die Kraft hatte, ihre Pflicht auszuüben, und der Federbusch auf seinem Kopf beruhigte sich.
Mara seufzte. »Ich fürchte, es gibt keinen anderen Weg.«
»Nein, Kind«, sagte Nacoya. »Ihr müßt die Art und den Zeitpunkt von Papes Tod festlegen. Ihr könnt ihm erlauben, sich in sein Schwert zu stürzen, und ihm dadurch den ehrenvollen Tod eines Kriegers zugestehen. Er hat zumindest das verdient, Mistress.«
Maras dunkle Augen funkelten; sie war wütend darüber, einen solch unerschütterlichen, treuen Diener verschwenden zu müssen, und zog gedankenvoll ihre Brauen zusammen. Eine Zeitlang sprach niemand. »Ich glaube nicht«, verkündete sie dann abrupt.
Keyoke schien etwas sagen zu wollen, doch dann nickte er einfach nur, während Papewaio mit dem Daumen über sein Kinn fuhr: Zeichen seiner starken Anspannung. Die Geste rüttelte Mara auf, und sie fuhr schnell fort: »Mein Urteil lautet folgendermaßen: Treuer Pape, es ist eindeutig, daß Ihr sterben müßt. Aber ich werde den Ort und die Umstände Eures Todes bestimmen, wenn ich es für richtig halte. Bis dahin werdet Ihr mir dienen wie bisher. Ihr werdet das schwarze Band der Verdammten um Euren Kopf tragen, damit alle wissen, daß ich das Todesurteil über Euch gesprochen habe.«
Papewaio nickte kurz. »Wie Ihr wünscht, Mistress.«
»Und sollte das Schicksal meinen Tod vor dem Eurigen bestimmen«, fügte Mara hinzu, »so habt Ihr die Erlaubnis, durch Eure eigene Klinge zu sterben … oder meinen Tod zu rächen, ganz wie es Euch beliebt.« Sie war sicher, welchen Weg Pape einschlagen würde. Und Papewaio blieb weiterhin in ihrem Dienst, bis sie Zeit und Art seiner Hinrichtung bestimmt hatte.
Mara betrachtete ihre drei engsten und treuesten Vertrauten. Sie fürchtete halb, daß jemand ihr ungewöhnliches Urteil anfechten würde. Doch Pflicht und Gebräuche forderten unbedingt Gehorsam, und niemand von ihnen sah sie an. In der Hoffnung, ehrenvoll gehandelt zu haben, entließ Mara die beiden Krieger. »Geht jetzt und widmet Euch Euren Aufgaben.«
Keyoke und Papewaio erhoben sich sofort. Sie nickten mit steifer Förmlichkeit, drehten sich um und verließen den Raum. Alt und längsam geworden in ihren Bewegungen, vollführte Nacoya ihre Verneigung weniger anmutig. Sie richtete sich auf, und eine Spur von Anerkennung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. »Das war hervorragend, Tochter Sezus«, flüsterte sie. »Ihr rettet Papes Ehre und bewahrt Euch einen überaus loyalen Diener. Er wird das schwarze Band der Schande tragen, als wäre es ein Zeichen der Ehre.« Dann, als wäre sie erschreckt über ihre eigene Kühnheit, verschwand die alte Amme hastig.
Die bei der Tür wartenden Dienerinnen mußten zweimal ansetzen, ehe Mara sie bemerkte. »Mistress
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