Die Auserwaehlte
Nacht hin. Die Sterne glitzerten wie Eis. Das gekerbte, kupfergoldene Profil von Kelewans Mond stand im Zenit, als der alte Krieger den Helm aufnahm, der neben seinen Knien gelegen hatte. »Mylady, Euer Plan ist von gefährlicher Kühnheit. Doch da niemand einen Angriff von einem Gazen erwartet, könnte er funktionieren.«
»Er muß funktionieren!« Mara richtete sich in der Dunkelheit auf. »Wenn nicht, ist unser aller Stolz so gut wie dahin. Es bringt nicht viel Ehre, wenn ich als Gegenleistung für eine Heirat um Sicherheit bitten muß; es würden nur jene belohnt, die uns mit intriganten Plänen zu zerstören trachteten. Unser Haus wäre nicht länger ein wichtiger Spieler im Spiel des Rates, und die Geister meiner Ahnen wären aus dem Gleichgewicht. Nein, ich glaube, mein Vater hätte hierzu gesagt: ›Nicht immer ist Sicherheit das Wichtigste.««
Keyoke verschloß den Helm mit einer Sorgfalt, die der Vorbereitung auf einen Kampf ähnelte. »Wie Mylady wünscht. Aber ich beneide Euch nicht um die Aufgabe, Nacoya davon zu berichten.« Er verbeugte sich, stand auf und ging zu dem Fensterladen, der nach draußen führte.
Er schlüpfte hindurch und trat nach draußen. Mondlicht tauchte die Blumenbeete in sattes Gold. Die Gestalt des Kommandeurs war vor dem hellen Licht nur als Silhouette zu erkennen, und es schien, als wären seine Schultern aufrechter, seine Haltung etwas weniger angespannt. Mara erkannte erleichtert, daß Keyoke es vorzog, die Probleme der Acoma auf militärische Weise zu lösen. Er ging lieber das Risiko eines solchen Plans ein, als daß er die Familie der Acoma durch eine Heirat an die Gnade eines stärkeren Hauses fesselte. In einer Mischung aus Furcht und freudiger Erregung öffnete sie ihre verkrampften, feuchten Finger.
»Ich werde zu meinen Bedingungen heiraten – oder gar nicht«, murmelte sie in die Nacht hinaus. Dann lehnte sie sich in die Kissen zurück. Der Schlaf kam nur zögernd. Die Erinnerungen an Lano vermischten sich mit den Gedanken an die jungen, prahlerischen Söhne großer Häuser, von denen sie schließlich einen würde als Freier auswählen müssen.
Als der Morgen anbrach, war es bereits sehr warm. Ein trockener Wind wehte aus dem Süden und ließ nur in geschützten Senken noch etwas Feuchtigkeit aus der Regenzeit übrig. Die Needras, die auf die Weiden getrieben wurden, wirbelten ockerfarbene Staubwolken auf. Mara saß im inneren Garten im Schatten der Bäume und ließ sich von dem Plätschern eines reichverzierten Springbrunnens beruhigen. Sie trug ein hochgeschlossenes Kleid aus Saffron und wirkte jetzt sogar noch jünger als siebzehn; ihre Augen waren zu hell und ihr Gesicht überschattet von Schlafmangel. Dennoch hatte ihre Stimme einen gebieterischen Ton, als sie Nacoya herbeirief.
Die alte Amme kam rasch zu ihr – griesgrämig wie immer um diese Tageszeit. Maras Ruf mußte sie während des Ankleidens erreicht haben, denn ihr Haar war nur eilig zurückgebunden. Mit verärgert zusammengepreßten Lippen verneigte sie sich brüsk. »Mylady wünschen?«
Die Lady der Acoma erteilte ihr mit einer Geste die Erlaubnis, sich zu setzen. Nacoya lehnte ab; ihre Knie schmerzten, und sie hatte keine Lust, um diese frühe Stunde mit einem dickköpfigen Mädchen zu streiten, deren Halsstarrigkeit die Ehre ihrer Ahnen in den Ruin treiben würde.
Mara lächelte ihre frühere Amme freundlich an. »Nacoya, ich habe über deinen Rat nachgedacht und die Weisheit erkannt, die in einer Heirat als Mittel zur Bekämpfung unserer Feinde liegt. Bereite bitte eine Liste mit möglichen Kandidaten vor, die du für akzeptabel hältst, denn ich werde Hilfe brauchen, um einen geeigneten Mann zu finden. Und jetzt geh. Wir werden zu einem anderen Zeitpunkt weiter darüber reden.«
Nacoya blinzelte; diese Meinungsänderung verwirrte sie ganz offensichtlich. Dann kniff sie die Augen zusammen. Sicherlich verbarg sich hinter einem solchen Einverständnis eine andere Absicht, doch der Brauch der Tsurani gestand den Bediensteten keinerlei Recht auf Kritik und Zweifel zu. Nacoya war überaus mißtrauisch, hatte jedoch keine andere Wahl, als sich der Aufforderung zu fügen und zu gehen. Sie verneigte sich. »Wie Ihr wünscht, Mistress, und möge Lashimas Weisheit Euch leiten.«
Schlurfend schritt sie davon, dabei murmelte sie leise vor sich hin. Mara nahm einen Schluck Chocha; sie entsprach ganz und gar dem Bild einer vornehmen Lady Dann, nach einer angemessenen Pause, gab sie ihrem Läufer leise
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