Die Auserwaehlte
Soldaten müßte genügen, um die Banditen aufzuhalten. Sie haben unsere Herden bereits geplündert und benötigen keine Nahrung mehr, und Wagen, die nur von wenigen Wachen umgeben sind, dürften für sie uninteressant sein, da sie offensichtlich Waren ohne großen Wert transportieren.«
Jican verneigte sich mit unbeweglichem Gesichtsausdruck. »Dann wäre es vielleicht klüger, gar keine Wachen mitzunehmen.« Seine Haltung verriet völlige Ungläubigkeit; um sie von einem Irrtum abzubringen, riskierte er sogar die für ihn unehrenhafte Mißbilligung seiner Herrin.
»Nein.« Mara umwickelte die tropfenden Finger mit den weichen Falten ihres Umhangs. »Ich brauche eine Ehrenwache.«
Einen kurzen Augenblick spiegelte sich blankes Entsetzen auf Jicans Gesicht, dann verschwand er wieder. Wenn seine Herrin wirklich vorhatte, dieses Unternehmen durchzuführen, konnte es nur ein Ausdruck dafür sein, wie sehr die Trauer ihrem Verstand geschadet hatte.
»Geht jetzt, Jican«, sagte Mara, »und kümmert Euch um meine Anordnungen.«
Der Hadonra sah Keyoke aus dem Augenwinkel an, als wäre er überzeugt, daß der Befehl seinen Widerstand hervorrufen würde. Doch der alte Kommandeur zuckte nur leicht mit den Schultern, als würde er fragen: Was ist da zu tun?
Jican zögerte noch und verharrte, auch wenn die Ehre es verbot, daß er sich ihrem Befehl widersetzte. Mara sah ihn mit strengem Blick an, und er wurde sich seiner demutsvollen Rolle wieder bewußt. Schnell verneigte er sich und verschwand mit hängenden Schultern. Gestern noch hatte sich die Lady der Acoma seines Lobes würdig erwiesen; jetzt aber schien sie nicht einmal die niederen Instinkte zu besitzen, die Lashima einer Needra schenkte.
Die in einiger Entfernung wartenden Bediensteten hüllten sich in gemessenes Schweigen, und Keyoke bewegte keinen Muskel unter dem wippenden Federbusch seines Helms. Nur Papewaio begegnete dem Blick seiner Herrin. Die Falten in seinen Mundwinkeln vertieften sich leicht. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er lächeln, auch wenn seine übrige Erscheinung so formell und unerschütterlich blieb, wie es seinem Stand entsprach.
Drei
Neuerungen
Staubwolken wirbelten auf.
Die frische Brise minderte die Hitze nicht, und die Needras schnaubten von dem stechenden Staub. Die Holzräder quietschten, als die drei Wagen – Maras Karawane – über den knirschenden Kies fuhren. Langsam erklommen sie die Ausläufer der Berge und ließen das Flachland hinter sich – und damit auch die Grenzen der Acoma-Güter. Leuchtendgrün polierte Speichen glänzten im Sonnenlicht; sie schienen zu zwinkern, während sie sich drehten, wurden dann aber langsamer, als Felsstücke die Weiterfahrt behinderten. Je weiter sich die Needras von ihren gewohnten Weiden und Ställen entfernten, desto bockiger wurden sie; sie rollten mit den Augen unter ihren zotteligen Brauen, und die Fahrer mußten die Tiere mit lauten, ermutigenden Rufen antreiben. Die Sänftenträger schritten zügig davon, bis das Gelände uneben wurde und ein gemäßigteres Tempo erforderte, sollte ihre Herrin nicht allzu sehr durchgeschüttelt werden. Die sonst so bedächtige Gebieterin hatte aus Gründen, die den Sklaven verborgen blieben, ein geradezu mörderisches Tempo befohlen; sie war entschlossen, die Karawane noch vor Einbruch der Nacht über den hohen Paß zu führen.
Mara saß steif in ihrer Sänfte. Die dicken Stämme und das dichte Laub der Bäume am Wegesrand gaben ein hervorragendes Versteck ab, nur zu leicht konnten sich in den tiefen Schatten Soldaten verbergen. Und die Wagen sorgten für einen deutlichen Nachteil. Bei dem lauten Gebrüll der Needras und dem Knirschen knarrender Räder war auch das geübteste Ohr nicht in der Lage, ein Rascheln im Laub zu vernehmen, und auch das schärfste Auge wurde von dem immer wieder aufwirbelndem Staub behindert. Selbst die kampferfahrenen Soldaten schienen unruhig zu sein.
Die Sonne näherte sich langsam ihrem Zenit. Flirrende Hitze hing über dem Tal, das sie hinter sich zurückgelassen hatten, und von der rumpelnden Karawane aufgeschreckt huschten schuppige, langschwänzige Ketsos umher, die sich auf den Felsen gesonnt hatten. Die Karawane – erst die Wagen, dann die Sänfte – erklomm mühselig den Kamm eines Hügels. Keyoke gab das Zeichen zum Anhalten. Die Träger setzten die Sänfte im Schatten einer Felsnase ab und stießen stille Dankesworte aus; doch unter Papewaios wachsamen Augen behielten die Wagenlenker und
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