Die Auserwaehlte
würde, weshalb unsere Agentin falsche Angaben gemacht hat. Ich werde jemand anderen hinschicken. Entweder kehrt er mit der Bestätigung meiner Ausführungen zurück oder mit der Nachricht vom Tode einer Verräterin.«
Tecumas aufgebrachte Stimmung ließ etwas nach – wie bei einem gereizten Mördervogel, der seinen zerzausten Federn langsam gestattete, sich zu glätten. In diesem Augenblick erklang endlich der vierte Gongschlag. Diener, die im Innern der Halle gewartet hatten, öffneten die Türen zum Hof, während Chumaka das alte Ritual zur Begrüßung von Werbenden begann: »Wir heißen Euch willkommen in unserem Haus, wie Licht und Wind, Wärme und Regen tragt Ihr das Leben in diesen Raum.« Die Worte waren ein alter Brauch und spiegelten nichts von den wahren Gefühlen der Anasati gegenüber den Acoma wider. Doch im Spiel des Rates mußten die Formen immer gewahrt bleiben. Eine leichte Brise brachte die Wandbehänge und Vorhänge in Bewegung. Der Lord der Anasati seufzte beinahe hörbar vor Erleichterung auf. Chumaka sprach lauter, um den kleinen Fehltritt seines Herrn zu verschleiern: »Tretet ein, Werbende, und erklärt Euren Wunsch. Wir bieten Euch Getränke und Essen, Wärme und Entspannung.« Chumaka lächelte innerlich bei den letzten Worten. Niemand benötigte oder wünschte an einem Tag wie diesem zusätzliche Wärme, und Mara würde sicherlich wenig Entspannung vor dem Lord der Anasati finden. Er wandte seine Aufmerksamkeit denen zu, die jetzt die Halle betraten.
Im Takt einzelner Trommelschläge traten Träger in grauen Roben durch diejenige Tür, die vom Podest des Lords am weitesten entfernt war. Die flache, offene Sänfte war voller hochaufgetürmter Kissen, auf denen Mara reglos thronte. Jetzt setzten die Musiker zu der Melodie an, die für ihren Einmarsch vorgesehen war. Während die ärgerlich einfache Tonlage sich unaufhörlich wiederholte, betrachtete der Hofstaat der Anasati das zierliche Mädchen, das von einer beeindruckend gekleideten Gefolgschaft hereingetragen wurde; ein Mädchen, das den Mantel eines der stolzesten Namen im Kaiserreich trug. Wie die Kleidung ihres Gastgebers richtete sich auch Maras Erscheinung strikt nach den Vorschriften der Tradition; das dunkle Haar war hochgebunden und mit Muscheln und edelsteinbesetzten Nadeln festgesteckt, und ihr Kopf schien auf einem steifen, mit Perlen versehenen Kragen zu sitzen. Das offizielle Gewand war gestärkt und in weite Falten gelegt, mit langen Schleifen in Acoma-Grün und Ärmeln, die bis auf den Boden reichten. Doch trotz ihrer Aufmachung und der reichlich bestickten Kleidung schien das Mädchen unberührt von all dem Prunk und der Hitze.
Links von Mara, aber einen Schritt hinter ihr, ging Nacoya, die jetzt die Robe der Ersten Beraterin der Acoma trug. Auf Maras rechter Seite marschierten drei Offiziere, deren frisch bemalte und polierte Rüstungen hell erstrahlten. Neue, beeindruckende Federbüsche schmückten ihre Helme. Fünfzig Krieger folgten ihnen. Auch ihre frisch polierten Rüstungen glänzten, als sie zu beiden Seiten von Maras Sänfte in die Halle marschierten.
Die Soldaten stellten sich in tadellosen Reihen vor dem Podest auf; sie wirkten wie einige Spritzer Grün zwischen dem Scharlachrot und Gelb der Anastasi. Einer der Offiziere blieb bei den Soldaten, während die beiden anderen hinter Maras Sänfte die drei Stufen auf das Podest hinaufstiegen. Dort setzten die Sklaven ihre Bürde ab. Die Regierender zweier großer Häuser standen sich gegenüber, der eine ein dürrer, gereizter Mann, die andere ein zierliches Mädchen, die um ihr Überleben kämpfte.
Chumaka fuhr mit der formellen Begrüßung fort: »Die Anasati heißen unsere gepriesenen Gäste willkommen, Lady der Acoma.«
Dem Brauch entsprechend antwortete Nacoya: »Die Acoma sprechen ihrem exzellenten Gastgeber ihren Dank aus, Lord der Anasati.« Trotz ihres Alters kam die alte Frau mit dem Gewicht des offiziellen Kostüms und der Hitze gut klar. Ihre Stimme war so deutlich, als wäre sie eher in die Rolle einer Ersten Ratgeberin als in die einer Amme hineingeboren worden.
Nachdem nun das offizielle Begrüßungszeremoniell beendet war, kam Tecuma gleich zur Sache: »Wir haben das Schreiben mit Eurem Ersuchen vor uns, Lady der Acoma.« Stille breitete sich unter den Höflingen aus, denn in Tecumas Worten war eine leichte Beleidigung versteckt. Er hatte Maras Heiratsangebot als Ersuchen bezeichnet und damit so getan, als wäre ihre soziale Stellung
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