Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
Vom Netzwerk:
es besser gewesen, wenn er es getan hätte. Sicherer für alle. Für die ganze Welt.
    »Sie spüren, dass irgendwas an mir anders ist«, sagte Jeremy. »Iris ist die Schlimmste von ihnen. Sie traut niemandem außer Ivan und Vater.«
    »Das ist mir schon aufgefallen«, entgegnete ich und fröstelte, als ich mich ans Frühstück erinnerte und daran, dass ich mir eingeredet hatte, Iris würde mich schon noch akzeptieren, sobald sie mein neues Ich kennen lernt. Bei dem Gedanken, was Prophet getan hatte, stieg Wut in mir auf: Er hatte mir eine derart gründliche Gehirnwäsche verpasst, dass ich beinahe verschwunden wäre. Und Mom … sie war mental so zerbrechlich. Würde sie es überhaupt schaffen, nach Prophets Gehirnwäsche wieder in die Realität zurückzukehren?
    Jeremy fuhr fort: »Iris hat allen Grund, mir nicht zu vertrauen. Ich habe in letzter Zeit eine Menge verpasst, und sie ist immer noch wütend wegen der Sache auf dem Rove.«
    »Wegen der Schlägerei?«
    »Meinetwegen, weil ich nicht zu ihrer kleinen Demonstration erschienen bin. Davon geht sie zumindest aus. Iris denkt, dass ich meinen Glauben verliere. Sie hat ja keine Ahnung.«
    »Und was hast du nach Ansicht von Prophet und den Aposteln gemacht?«, fragte ich. »An den Tagen, an denen du nicht zur Stunde des Lichts erschienen bist, oder wenn du abends nicht nach Hause gekommen bist? Hat … hat Prophet gewusst, dass du mit mir zusammen warst?«
    Jeremy schüttelte den Kopf. »Vater tut so, als hätte er Zugang zu jedem Gedanken, den wir haben, aber im Kopf eines Menschen geht zu viel vor sich. Es herrscht ein zu großes Durcheinander, als dass er alles durchsieben könnte. Er nimmt genug auf, um uns glauben machen zu können, er würde jedes Geheimnis kennen, aber das ist eine Lüge.«
    Ich atmete inzwischen etwas ruhiger. »Dann ist es also möglich, Dinge vor ihm zu verheimlichen?«
    »Ja. Doch es ist nicht einfach. Wenn man versucht, nicht an etwas Bestimmtes zu denken, ist es meistens das Einzige, woran man denken kann. Was deine Frage betrifft, wo Prophet glaubte, dass ich war, wenn ich mit dir zusammen war … Im Grunde genommen kann ich kommen und gehen, wann ich will. Ich war schon immer sein Liebling.« Jeremys Tonfall klang verbittert. »Er lässt mir Freiheiten, die er den anderen Aposteln nicht zugesteht. Aber als ich gestern gegangen bin …« Er sah mich an. »Ich hatte nicht vorgehabt, wieder zurückzukommen.«
    Ich spürte ein stechendes Schuldgefühl in der Magengegend.
    »Es ist nicht deine Schuld«, versicherte Jeremy schnell, der mir meine Betroffenheit vom Gesicht ablas. »Ich hätte dich erst gar nicht zu der Erweckung gehen lassen dürfen. Wäre ich von Anfang an ehrlich zu dir gewesen, wäre womöglich alles anders gelaufen. Vielleicht hätten wir schon vor Tagen mit deiner Mom und deinem Bruder die Stadt verlassen, dann würde jetzt nichts von alledem passieren.« Er schüttelte mit gequältem Gesichtsausdruck den Kopf. »Aber ich hatte Angst davor, dir die Wahrheit zu sagen. Angst davor, was du von mir denken würdest.«
    Ich hob meinen Blick vom Fußboden und sah ihm in die Augen. »Warum?«, fragte ich.
    Er ballte die Hände zu Fäusten, und ich spürte, wie sich das Licht veränderte, das er ausstrahlte. Es wurde schwächer wie eine von Smog verschleierte Sonne. Er betrachtete forschend mein Gesicht. Ich wusste nicht, wonach er suchte, hoffte jedoch, dass er es finden würde.
    »Ich möchte, dass du verstehst, warum ich mich von Prophet habe benutzen lassen. Seine Prophezeiungen … waren nicht wirklich seine eigenen. Es waren meine. Oder zumindest zur Hälfte meine. Ich sah immer wieder, dass schreckliche Dinge geschehen würden, und Vater hörte eine Stimme, von der er behauptete, sie würde Gott gehören und ihm sagen, wann sie geschehen würden und …« Er verstummte und machte ein betrübtes Gesicht.
    »Ihr wart also ein Team«, sagte ich leise.
    Jeremy senkte den Blick. »Ohne mich wäre er nie so mächtig geworden. Aber du musst verstehen, dass ich ihn lange Zeit so gemocht habe, als wäre er mein leiblicher Vater. Ich habe ihn auf ein Podest gehoben. Dafür hasse ich mich selbst mehr, als ich ihn hasse. Nach dem Tod meiner Mom war ich bei verschiedenen Pflegeeltern. Als Rance mich aufnahm, rettete er mich vor sehr schlechten Menschen. Mir wurde schnell klar, dass er mich nur deshalb adoptiert hat, weil ich vom Blitz getroffen worden bin, und wegen meiner Fähigkeiten, aber das war mir egal. Er hat mir ein Gefühl von

Weitere Kostenlose Bücher