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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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ohne seine Clark-Kent-Brille, war ein Verräter an Prophet und dessen Sache. Der andere Jeremy war ein mysteriöser Junge, der alles viel einfacher hätte haben können, wenn er mich getötet hätte, es aber nicht über sich gebracht hatte. Ein Junge, der auf mich aufpasste und versuchte, mich vor einer Zukunft zu bewahren, die ich nicht wollte, und dessen Berührungen Gefühle in mir weckten, die schlecht, schlecht, schlecht waren.
    Ich lehnte mich gegen das Balkongeländer und ließ den Kopf in die Hände fallen. Die böige Meeresbrise sorgte für ein unheilvolles Kribbeln auf meiner Haut, obwohl ich inzwischen wusste, dass kein Unwetter hinter dem Horizont wartete. Der Sturm in mir wollte ausbrechen. Ich hatte eine Aufgabe, und es wurde Zeit, sie zu erfüllen. Es war Gottes Plan, die Welt in Stücke zu reißen, als wäre sie nicht mehr als eine stümperhafte Zeichnung auf Papier, die man mühelos wegwerfen konnte, um auf einem frischen Blatt neu zu beginnen.
    Wenn Prophet glaubwürdig war – und selbstverständlich war er das –, handelte es sich dabei um den Willen Gottes.
    Warum hatte ich dann das Gefühl, als sei all das verkehrt?
    »Mia?«
    Ich wirbelte herum. »Mom.«
    »Ich wollte dich nicht erschrecken.« Sie trat neben mich und legte ihren dünnen Arm um mich.
    »Schon okay.« Ich spürte ihre Rippen, so stark hatte sie abgenommen, und fühlte mich weniger geborgen bei ihr als sonst. Sie wirkte irgendwie nicht mehr so leibhaftig wie früher. »Mom, was hältst du von alldem?«
    »Alldem?«
    »Ja, von all dem … dem komischen Zeug. Von dem Licht und dem Unwetter und allem anderen, worüber Prophet gesprochen hat.«
    »Was ich davon halte?« Sie zog die Worte in die Länge. Sie klang genauso, wie sie geklungen hatte, als sie noch ihre Medikamente genommen hatte. Benommen. Sediert. Weit weg.
    Ich trat einen Schritt zurück, um ihr ins Gesicht sehen zu können.
    »Ich glaube«, sagte Mom schließlich, »dass die Wege des Herrn unergründlich sind und dass Er zu Rance spricht« – sie lächelte und legte eine Hand über den Mund, als hätte sie ein Geheimnis ausgeplaudert – »dass Er zu Prophet spricht und dass Prophet den Willen Gottes versteht. Wir müssen uns ihm beugen, wenn wir in Gottes Licht wandeln möchten.«
    »Was ist mit Parker?«, fragte ich sie. »Hast du denn keine Angst, dass Prophet dir verbieten wird, ihn zu lieben, nachdem er jetzt unser Feind ist?«
    Auf ihrer Stirn erschienen tiefe Falten, und die Besorgnis in ihren Augen war endlich echt. »Ich werde Parker immer lieben.«
    Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete mich. »Bist du dir sicher?«
    »Natürlich.« Die Sorgenfalte zwischen ihren Augen wurde tiefer. »Ich möchte nicht über Parker nachdenken. Das ist zu verwirrend.« Sie drehte sich zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern. »Was ist denn los, Mia?«
    Ich wollte nicht darüber sprechen, was los war. Was in meinem Kopf nicht stimmte. Im Kopf der alten Mia.
    Deshalb wechselte ich das Thema. »Was läuft eigentlich zwischen dir und Prophet? Ihr wirkt irgendwie … vertraut.«
    »Ich liebe ihn«, gestand Mom ohne Umschweife.
    Ich trat abrupt einen Schritt zurück, und ihre Hände rutschten von meinen Schultern ab. »Aber du kennst ihn doch erst seit gestern.«
    In ihrem Gesicht flackerte Unmut auf, dann sagte sie: »Liebst du Prophet etwa nicht?« Die Frage war wie ein Schlag ins Gesicht.
    »Doch, ich liebe ihn«, antwortete ich schnell. »Schließlich ist er Prophet. Er ist der Prophet. Er ist der Bote Gottes.«
    »Er ist mehr als das.« Sie hob die Hand, und ihre Finger fanden die Narben in ihrem Gesicht. »Er sieht nur das Gute in mir. Nichts Hässliches.«
    Ich dachte an die Blitzschlag-Narben, die meinen Körper bedeckten, und nickte. »Das klingt nett.«
    »Er sagt, er will mich ständig bei sich haben. Er möchte, dass ich ihm niemals von der Seite weiche. Ich musste mich davonschleichen, um dich zu sehen, während er mit seinen Aposteln gesprochen hat.« Sie runzelte leicht die Stirn. »Ich frage mich, ob er schon bemerkt hat, dass ich weg bin. Ich sollte jetzt zu ihm zurückgehen. Er möchte mich ständig bei sich haben.«
    »Das hattest du bereits gesagt.« Ich beobachtete, wie sie ihren Mund wieder zu einem Lächeln zwang.
    »Das hatte ich, nicht wahr? Ich bin einfach so aufgeregt wegen heute Abend. Das geht alles so schnell.«
    »Das Unwetter, meinst du?«
    Sie schüttelte den Kopf, und ihr Lächeln wurde geheimnisvoll. »Prophet ist ein wundervoller

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