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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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unfair. Ich warf einen Blick auf die Leute, die hinter mir anstanden. Sie wirkten wütend, aber zu erschöpft, um irgendetwas zu unternehmen.
    »Hey, Leute, hier drüben!« Pitcher winkte, und einige weitere Freunde von ihr reihten sich ein – genug, um einen Schützengraben zu füllen.
    Ich biss mir noch etwas fester auf die Zunge, als sich der Rest des Softballteams Tabletts schnappte. Anscheinend hatte ich mich getäuscht, was die Auflösung der üblichen Cliquen betraf. Die Softball-Mädchen waren zäh, eine Macht, mit der man rechnen musste, und das wussten sie auch. Wenn sie zusammenhielten, würden nur sehr wenige Leute es wagen, sich mit ihnen anzulegen. Oder ihnen Paroli zu bieten.
    Das ist unfair …
    Abermals sammelte sich Hitze in meiner Brust, und das Geräusch von Gabeln, die auf Plastik schabten, rückte in den Hintergrund, bis ich nur noch das Rauschen heißen Bluts hörte, das durch meine Adern strömte und in meinen Ohren pochte.
    Lass es gut sein, sagte ich mir. Es spielt keine Rolle. Lass es gut sein.
    Aber es war unfair … Parker hatte Recht gehabt. Niemand sollte alles tun dürfen, was er will. Sich alles nehmen dürfen, was er haben möchte, nur weil er größer und stärker ist und im Rudel auftritt.
    In meinem Herzen knisterte Feuer wie eine atmosphärische Störung, und ich spürte, wie ich die Hand nach Pitcher ausstreckte, obwohl meine vernünftigere Seite mich mit Fragen bestürmte.
    Was möchtest du ihr denn antun? Dasselbe, was du damals dem Mann in Lake Havasu City angetan hast? Er hatte es nicht verdient, und dieses Mädchen hat es ebenso wenig verdient. Lass. Es. Gut. Sein.
    Ich seufzte, da ich wusste, die Stimme hatte Recht. Das prasselnde Feuer in meinem Herzen verlosch. Ich ließ den Arm sinken, als ich von einer Bewegung am Rand meines Blickfelds abgelenkt wurde.
    Etwa ein halbes Dutzend Jugendlicher näherte sich den Vordränglern. Die Zusammensetzung der Gruppe war willkürlich. Sie bestand aus Jungen und Mädchen vom ersten bis zum letzten Schuljahr. Das Spektrum reichte von beliebten Schülern bis hin zu Nerds wie Andrew »Schiz« Buckley. »Schiz« wie in »paranoid-schizophren«, obwohl er das nicht war, soweit ich wusste. Paranoid ganz bestimmt, aber vermutlich nicht schizophren. Schiz war ein großer Verschwörungstheoretiker und ein notorischer Blogger zu diesem Thema. Ich hatte früher oft Flugblätter gesehen, die für seinen Blog »Erschießt den Boten« warben und an der Schule verteilt wurden.
    Und noch jemand, den ich kannte, war unter ihnen, ein großer, schlanker schwarzer Jugendlicher, mit dem Parker gelegentlich abhing. Quentin irgendwie. An seinen Nachnamen konnte ich mich nicht mehr erinnern. Er war ein paarmal bei uns zu Hause gewesen, aber ich hatte keine fünf Worte mit ihm gewechselt. Trotzdem, irgendetwas an Quentin hatte sich verändert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Seine Augen. In seinem Blick lag eine Ruhe, eine Wachsamkeit. Er hatte beinahe etwas Raubtierartiges an sich.
    Und jeder Einzelne in seiner Gruppe hatte genau denselben Blick.
    Es war unheimlich, und noch unheimlicher war die Art und Weise, wie sie sich bewegten, als wären sie miteinander verbunden, durch unsichtbare Marionettenfäden miteinander verknüpft wie Vögel, die in Formation fliegen.
    Quentin wandte sich an die Vordrängler, und seine Stimme klang laut und kräftig, viel erwachsener, als ich sie in Erinnerung hatte. »Stellt euch hinten an.«
    Pitcher versteifte sich, als sie seine Stimme hörte, und drehte sich langsam um, wobei sie ihr Tablett wie einen Schutzschild vor sich hielt. »Warum sollten wir?«, forderte sie ihn heraus, doch in ihrem Tonfall schwang nicht mehr die selbstsichere Arroganz mit wie zuvor, als sie mit mir gesprochen hatte.
    Quentin breitete die Arme aus, als wollte er seine Hilflosigkeit demonstrieren, doch die Geste wirkte alles andere als hilflos. Mein Blick fiel auf seine Handfläche, auf die kreisrunde rötliche Narbe, die ungefähr den Durchmesser eines Golfballs hatte.
    Eine Narbe wie die von Katrina.
    Quentin lächelte nur mit dem Mund. »Stellt euch hinten an«, wiederholte er.
    Schiz fügte hinzu: »Ihr steht falsch.« Er strich über seinen draculaartigen, spitzen Haaransatz. Vorn auf seinem schwarzen T-Shirt stand in weißer Fettschrift TYRANNEI zu lesen.
    Die Softballspielerinnen wechselten einige nervöse Blicke, doch ich glaubte, sie würden nicht von der Stelle weichen. Dann zuckte Pitcher mit den Achseln und senkte den Kopf,

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