Die Auserwählte: Roman (German Edition)
Möglichkeit gesehen, wie ich dich für uns gewinnen kann.«
Ich war noch nicht ganz bereit, ihr das zu vergeben. »Wie bist du eigentlich mit einem Haufen Jünger in diesem Klassenzimmer gelandet?«, fragte ich, um das Thema zu wechseln.
Katrina schüttelte den Kopf. »Das war meine eigene Schuld. Schwester Rachel hat mir eine Falle gestellt, und ich bin genau hineingetappt. Sie hat dafür gesorgt, dass ich sehe, wie sie in der Nähe der Treppe zwei Mädchen die gute Botschaft übermittelt, und dann ist sie nach oben gegangen. Ich bin ihr gefolgt. Sie wusste, dass ich das tun würde. Sie ist gerade weit genug vor mir gegangen, dass ich das Gefühl hatte, sie zu verfolgen, während sie mich in Wirklichkeit gelotst hat.«
Ich setzte mich auf das Waschbecken. »Was ist so wichtig an der Skyline-Highschool? Ich meine, warum liegt euch diese Schule so am Herzen?«
»Weil die Suchenden sie als Erste für sich beansprucht haben.«
»Als eure Rekrutierungsbasis? Und das Weiße Zelt ist Prophets Rekrutierungsbasis?«
»Mit dem Unterschied, dass er ständig versucht, in unser Territorium einzudringen.« Katrinas Lippen verzogen sich zu einem lautlosen Fauchen.
»Aber warum benutzt ihr eine Schule? Warum stellt ihr nicht euer eigenes Zelt am Strand auf und lockt die Leute mit Müsliriegeln oder so an?«
»Weil das nicht unsere Art ist. Wir bestechen die Leute nicht, um sie für uns zu gewinnen.«
»Aber ihr erpresst sie.«
Katrina legte die Stirn in Falten. »Das war eine einmalige Ausnahme. Und ich habe gesagt, dass es mir leidtut.«
»Aha. Wie viele Suchende gibt es denn eigentlich? Waren alle anwesend, du weißt schon … heute Morgen?« Es war mir unangenehm, meine gescheiterte Initiation anzusprechen. Ich wollte nicht daran denken, geschweige denn darüber sprechen.
»Nicht alle«, erwiderte sie vage. »Es gibt noch andere. An anderen Schulen. Junge Leute geben die besten Suchenden ab. Unsere Sinne sind wacher, und wir sind in der Regel aufgeschlossener.« Sie warf mir einen Blick zu. »Es gibt natürlich immer Ausnahmen, aber normalerweise nicht bei denjenigen, die den Funken besitzen.«
Ich rutschte unbehaglich hin und her. Sie sprach offenbar von mir.
»Und was ist mit Mr Kale?«, fragte ich. »Ist er der Präsident eures Kults?«
»Eher so was wie unser General«, erwiderte Katrina. »Er besitzt den Funken schon am längsten – seit er in unserem Alter war –, und er hat am meisten Energie. In unserem Kreis ist der Anführer immer derjenige, der am meisten Energie hat. Vor Onkel Kale war es …« Katrina senkte den Blick und starrte auf ihre Hände. »Es war jemand anderer, aber sie ist nicht mehr da.«
»Nicht mehr da?« Dann war es also möglich, wieder aus dem Kreis der Suchenden auszutreten.
»Tot«, sagte Katrina nüchtern, und ich schluckte.
Katrinas Blick wurde für einen Moment leer, als müsste sie sich über etwas klar werden. »Ich nehme an, du würdest Onkel Kales Platz einnehmen, falls du uns tatsächlich beitreten solltest.«
Ich brach in Gelächter aus. Ich konnte es mir nicht verkneifen. Doch Katrina lächelte nicht einmal.
»Ach, komm«, sagte ich. »Das ist wohl doch nicht dein Ernst.«
»So lauten die Regeln«, erwiderte sie in ernstem Tonfall.
Mein Lachen verstummte. »Ich sage es dir nur ungern, aber ich spiele nur nach ganz bestimmten Regeln.«
»Lass mich raten. Nach deinen eigenen?«
»Ganz genau.«
Sie betrachtete den Fußboden. »Aber das spielt sowieso keine Rolle mehr. Du würdest ohnehin nicht zu unserer Anführerin werden, wenn die Prophezeiung …« Sie biss sich auf die Zunge und schüttelte den Kopf. »Egal.«
Ein Teil von mir wollte hören, was Katrina verschwieg. Doch ich war bereits seit einer halben Minute der Mittelpunkt unserer Unterhaltung und wollte unbedingt das Thema wechseln.
»Ist Rachel wie du?«, fragte ich. »Wittert sie den Funken bei anderen Menschen und gibt dann Prophet Bescheid?«
»Ich bin sicher, das würde sie tun, wenn sie könnte, aber sie hat keine direkte Verbindung zu Prophet. Er hat inzwischen zu viele Jünger, um sich um jeden von ihnen persönlich kümmern zu können. Meine Vermutung ist, dass sie eine gewisse Gabe dafür hat, den Funken zu wittern, aber das nützt ihr nichts, solange sie die Leute nicht dazu überreden kann, einer von Prophets Erweckungen beizuwohnen und seinen Segen zu erhalten, so wie sie es gestern bei dir versucht hat.«
Mich überkam ein Frösteln, als ich mich an die Intensität in Rachels Blick
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