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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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erinnerte, an ihre kräftige Hand, die mich am Arm gepackt hatte. Ich war überrascht, dass sie keine blauen Flecken hinterlassen hatte.
    »Solange du dich vom Weißen Zelt fernhältst, bist du in Sicherheit«, sagte Katrina. »Die einzigen Leute, die Prophet mit der Rekrutierung von Jüngern betraut, sind seine Apostel, und die haben alle Hände voll damit zu tun, die Obdachlosen in der Zeltstadt zu rekrutieren.«
    Mir fiel die Überschrift zu dem verschwundenen Apostel ein, die ich in Schiz’ Blog gelesen hatte, und ich fragte mich, ob der zwölfte womöglich an irgendeiner Highschool lauerte und nach Leuten suchte wie … tja, wie mir.
    »Übrigens«, sagte Katrina, »du hast diesen Typen heute noch nicht gesehen, oder? Onkel Kale hat Nachforschungen über ihn angestellt. An der Skyline-Highschool ist kein Jeremy Parish eingeschrieben.«
    »Nein«, entgegnete ich. »Ich habe ihn heute nicht gesehen.« Ich beschloss, nicht zu erwähnen, dass ich ihn gestern recht lange gesehen hatte und dass er in der Nacht davor in meinem Zimmer gewesen war und mir ein Messer ans Herz gehalten hatte.
    »Lass mich wissen, wenn er wieder auftaucht.«
    »Klar«, log ich. Ich vertraute Katrina genauso wenig, wie ich Jeremy vertraute. »Ich muss jetzt in den Unterricht.«
    »Mia?«, sagte Katrina zögerlich. »Darf ich … Darf ich dich um einen Gefallen bitten?«
    Ich wollte eigentlich Nein sagen, aber Katrina sah mit ihrem ungleich abgeschnittenen Haar so erbärmlich aus, dass ich beschloss, etwas Nachsicht mit ihr zu haben. »Du darfst mich bitten.«
    »Ich möchte, dass du mich heute Abend begleitest. Ich brauche deine Hilfe. Wenn du diese eine Sache für mich tust, werde ich dich in Zukunft nicht mehr belästigen. Und deinen Bruder auch nicht. Die Suchenden werden euch beide für immer in Ruhe lassen.«
    Ich wollte mich gerade nach den Einzelheiten erkundigen, als zwei Katastrophenhelferinnen in orangefarbenen Polohemden durch die Tür kamen. Sie zogen die Augenbrauen hoch, als sie Katrinas Frisur erblickten.
    »Ich hole dich um Mitternacht ab«, sagte Katrina. Sie ließ den Blick über mein Outfit wandern. »Und zieh dir was anderes an, okay?«
    »Was denn?«
    »Zeig ausnahmsweise mal ein bisschen Haut.«
    »Moment, ich habe noch gar nicht eingewilligt.«
    Doch Katrina ging bereits zur Tür hinaus. »Mitternacht«, rief sie mir über die Schulter zu.
    20
    E rstaunlicherweise verging der restliche Tag wie jeder andere Schultag, was heißen soll, dass er sich dahinschleppte. Parker traf sich nach dem Unterricht bei meinem Kleiderspind mit mir und kam absolut pünktlich. Wir holten uns unsere Essensrationen ab – dieses Mal bekamen wir zwei Konservendosen Obstsalat und einen Schokoriegel – und trugen sie zum Auto. Parker sagte die ganze Zeit über kein Wort und sah mir nicht ein einziges Mal in die Augen.
    Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so einsam gefühlt, und das hieß einiges.
    Als Parker und ich zu Hause ankamen, wurden wir von dem weinerlichen Getöse des Staubsaugers empfangen. Mom war im Wohnzimmer und saugte mit dem Schlauch Putzstaub und Putzbrocken ein, die sich nach wie vor aus der rissigen Zimmerdecke lösten. Sie kehrte uns den Rücken zu und hatte uns nicht hereinkommen hören.
    Parker und ich wechselten einen Blick. Seit dem Erdbeben hatte es keiner von uns beiden gewagt zu saugen. Laute Geräusche riefen bei Mom in der Regel Panikattacken hervor. Jetzt hatte sich innerhalb eines Tages alles geändert. Ich hatte keine Ahnung mehr, was ich von Mom erwarten sollte.
    »Mom!«, rief Parker, um das Dröhnen des Staubsaugers zu übertönen. »Mom!«
    Aus einem Impuls heraus schlug ich die Tür hinter mir zu. Das Knallen hallte im ganzen Haus wider. Ich hatte seit einem Monat keine Tür mehr in unserem Haus zugeschlagen, und es fühlte sich besser an, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.
    Mom ließ den Staubsaugerschlauch fallen und wirbelte herum, wobei sie sich mit einer Hand ans Herz fasste.
    »Oh!«, rief sie. »Ihr seid schon da.« Sie schaltete den Staubsauger aus.
    Parker und ich starrten sie an. Die knallende Tür hatte sie erschreckt, aber nicht verängstigt. Ich gab es nur ungern zu, aber vielleicht hatte Parker Recht gehabt. Vielleicht hatten die Medikamente, die ich ihr verabreicht hatte, ihre Genesung tatsächlich verlangsamt.
    Als ich jetzt genauer darüber nachdachte, kam ich zu dem Schluss, dass Mom sich womöglich nur deshalb so sehr von Prophets Predigten hatte beeinflussen

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