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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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zugenagelt war, wobei jedoch eines der Bretter fehlte.
    Mein Blick huschte nervös hin und her, als sich die Rover nacheinander durch die Tür schoben. Die ganze Situation war surreal: der Tower, der über uns emporragte; die Wüste, die uns umgab; die bizarre Gebirgskette aus zertrümmertem Beton, Granit und Metall, vollständig bedeckt mit glitzerndem Glasstaub. Die Zerstörung war so vollkommen, dass es beinahe den Anschein hatte, als gehöre sie hierher, als handle es sich um eine natürliche Landschaft, und nur der Tower wirkte fehl am Platz.
    Katrina zog mich am Ärmel, und ich folgte ihr in die weitläufige Eingangshalle, die vom Mondlicht erleuchtet wurde, das durch die hohen Fenster fiel.
    »Das ist bislang die beste Rove-Location«, sagte sie. »Normalerweise benutzen sie einfach verlassene Lagerhallen oder leerstehende Speicher. Ich habe mich mit einem Rover unterhalten, der mir erzählt hat, dass irgendein Multimillionär den Tower gekauft hat und kein Problem damit hat, wenn dort der Rove veranstaltet wird, solange es nicht an die große Glocke gehängt wird.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Firmensponsoring? Wie spießig. Müssen sie sich dann nicht auch einen neuen Namen für den Rove einfallen lassen, wenn die Wanderparty nicht mehr wandert?«
    »Nicht wenn er jeden Abend in einer anderen Etage stattfindet.«
    Ich dachte an das, was ich gesehen hatte, als ich Jeremys Hände berührt hatte … als er sie mir über die Augen gelegt hatte. Wie ich auf dem Dach des Tower gestanden, nach den Wolken gegriffen und Blitze herbeigesehnt hatte.
    Ich schluckte. »In welcher Etage findet er heute statt?«
    »In der neunundsechzigsten natürlich.«
    »Bist du sicher, dass er nicht auf dem Dach stattfindet?«, fragte ich, und als sie nickte, atmete ich die Luft aus, die ich angehalten hatte. »Irgendwie verstehe ich das nicht«, sagte ich, als wir auf eine Reihe von Aufzügen zugingen. »Warum sollte der Eigentümer des Tower einen Haufen Rover hier feiern lassen? Das ergibt einfach keinen Sinn.«
    Katrina zuckte mit den Schultern. »Einem geschenkten Multimillionär schaut man nicht ins Maul.« Sie schubste mich in den überfüllten Aufzug, und die Tür ging zu.
    »Ich nehme an, das erklärt, warum es in diesem Gebäude Strom gibt.«
    Ich beobachtete, wie sich die Etagenzahl auf der Anzeige erhöhte, und zitterte vor Aufregung. Oder ließ die seltsame Energie, die der Boden der Wüste verströmte, meine Haut erbeben?
    Als wir in der neunundsechzigsten Etage ankamen, blieb der Aufzug stehen, und die Tür öffnete sich.
    Ich blinzelte und wartete darauf, dass meine Augen sich anpassten. Das Licht war aus, da Beleuchtung verraten hätte, wo der Rove stattfand. Allerdings waren überall im Raum Schwarzlichtlampen aufgestellt, sodass die Dunkelheit mit unheimlichen, freischwebenden Lächeln und Augenpaaren gefüllt war, die mich an Prophet erinnerten.
    Es waren ungefähr zweihundert Leute anwesend – nicht besonders viel, wenn man bedachte, wie überfüllt manche Clubs waren. Doch beim Rove handelte es sich um eine exklusive Party – schon allein deshalb, weil es so schwierig war, dorthin zu gelangen.
    Wir betraten den Raum. Zwei DJs arbeiteten Seite an Seite an den Turntables wie Burgerbrater, die an einem Grill schwitzten, und gaben fette Elektrobeats zum Besten. Leute tanzten orgiastisch in Gruppen auf der weitläufigen Tanzfläche. Die Party erstreckte sich über die gesamte Etage, in der zum Teil noch quaderförmige Arbeitsplätze standen, die jetzt vermutlich für intimere Zwecke benutzt wurden.
    Ein Typ mit Piloten-Sonnenbrille und aufgeknöpftem Cowboyhemd verteilte kleine Tüten mit Gras oder Koks oder Ecstasy an die Rover, die diese dankbar in Empfang nahmen und bar bezahlten. Offenbar war der Rove der einzige Ort in der Stadt, an dem kein Mangel an Drogen und Alkohol herrschte.
    Die Fenster auf dieser Etage waren entweder ersetzt worden oder während des Bebens nicht zu Bruch gegangen. Unter uns erstreckte sich die Stadt in alle Richtungen. Katrina ging zu einem der Fenster, und ich folgte ihr. Ich fand Vorwände, um im Vorbeigehen Leute zu berühren, und wartete darauf, das fast unmerkliche elektrische Kribbeln von jemandem zu spüren, der den Funken besaß. Währenddessen hielt ich unentwegt nach dem Gesicht meines Bruders Ausschau.
    Als wir am Fenster angelangten, starrten wir hinaus auf die Stadt. Der Himmel war dunkel, doch Los Angeles funkelte wie ein seitenverkehrter, mit bernsteinfarbenen Sternen

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