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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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Pershing Square hinauf.
    Ich atmete auf. Wir hatten es geschafft.
    Ich beeilte mich, um Katrina einzuholen, schob mich an Trümmerhaufen vorbei und stolperte über den aufgebrochenen Asphalt. Teile der Straße ragten in gefährlichen Winkeln empor, wie Bruchstücke eines Eisbergs, die sich ins Meer neigten.
    Katrina und ich marschierten wortlos voran. Das einzige Geräusch war das Knirschen von Glasscherben unter unseren Sohlen, als wir uns den Weg durch zerstörte Straßen bahnten und Spalten im Asphalt auswichen. Es war so still, als befänden wir uns in einem Museum der Zerstörung und nicht in der Realität.
    »Die Wachposten patrouillieren nur am Rand der Wüste, oder?«, fragte ich im Flüsterton.
    Katrina zuckte mit den Schultern. »Hauptsächlich.«
    Ich holte tief Luft und versuchte, das Kribbeln auf und unter meiner Haut zu ignorieren. Die Energie war überall – unter meinen Fingernägeln, auf meiner Kopfhaut, hinter meinen Augen. Überall. Je weiter wir in die Wüste vordrangen, desto intensiver wurde das Gefühl, als hätten sich irgendwelche fremdartigen Insekten in mich hineingegraben.
    Eine halbe Stunde später näherten wir uns schließlich dem Pershing Square, der aussah, als hätte ein Trupp von Bauarbeitern den Betonboden mit Hunderten von Vorschlaghämmern bearbeitet. Da sich der Platz nur eine Querstraße südlich von den ehemaligen Wolkenkratzern befand, glitzerte überall Glasstaub. Doch das Wahrzeichen des Pershing Square, eine riesige lavendelfarbene Säule von der Größe eines kleinen Wohnblocks, stand nach wie vor stolz zwischen den Ruinen.
    Wir betraten den Platz, indem wir vorsichtig über die Betontrümmer kletterten. Plötzlich blieb Katrina stehen und legte den Zeigefinger an die Lippen. »Psst.« Sie neigte den Kopf zur Seite und lauschte, und ich hörte ein ganz leises Scharren von Schritten.
    Hinter der violetten Säule rief eine Stimme: »Ich sehe nirgendwo den Gehenkten!«
    Ich erstarrte und blickte mich um, doch bevor ich in Gedanken sämtliche Szenarien durchspielen konnte, was uns jeden Moment zustoßen würde, rief Katrina zurück: »Fürchten Sie den Tod durch Wasser!«
    Eine Gestalt tauchte hinter der Säule auf und ging geradewegs auf uns zu. Sie war mit einer schwarzen Cargohose und einer schwarzen Splitterschutzweste bekleidet und hatte das Betäubungsgewehr eines Wachpostens bei sich.
    Ich machte mich darauf gefasst, von einem Betäubungspfeil getroffen zu werden.
    »Schon gut«, flüsterte Katrina. »Er ist ein Ordner.«
    »Ein Ordner?«
    »Er wird uns sagen, wo der Rove stattfindet.«
    »Oh.« Ich erinnerte mich an das Pärchen, das ich beim Anstehen in der Schule belauscht hatte. Der Typ hatte gesagt, ein Freund seines Bruders sei Ordner und wisse, wo der Rove stattfand.
    Katrina ging auf den Ordner zu, und er flüsterte ihr etwas ins Ohr. Katrina nickte und machte große Augen. Dann verschwand der Ordner wieder hinter der violetten Säule, und Katrina kam zu mir zurück. Ihre dunklen Augen leuchteten.
    »Gehen wir«, sagte sie und ging die Fifth Street in Richtung Financial District hinauf. Wieder musste ich mich beeilen, um sie einzuholen. Meine Stiefel waren wesentlich zweckmäßiger als Katrinas, und ich hatte längere Beine, aber sie schaffte es trotzdem, mir immer ein paar Schritte voraus zu sein.
    »Was war das mit dem Gehenkten und dem Tod durch Wasser?«, fragte ich.
    »Rove-Regelwerk«, erwiderte Katrina. »Wenn man das Passwort nicht kennt, erfährt man auch nicht, wo der Rove stattfindet. Es handelt sich immer um eine Zeile aus dem Gedicht Das wüste Land von T. S. Eliot. Schon mal was von ihm gelesen?«
    »Lyrik ist nicht wirklich mein Ding.«
    »Das überrascht mich nicht.« Sie lächelte mich mit geschlossenen Lippen an. »Ich halte dich nicht für jemanden, der gerne unter die Oberfläche schaut. Da ist es dir zu unheimlich.«
    »Tu mir einen Gefallen«, sagte ich. »Hör auf, so zu tun, als würdest du mich kennen.«
    Während wir weitergingen, konnte ich den Blick nicht von der silbrigweißen Säule vor uns abwenden, dem Tower, der sich in den Himmel bohrte. Ich erinnerte mich an das, was Jeremy mir gezeigt hatte; erinnerte mich daran, wie ich auf dem Dach des Tower gestanden hatte, als über mir das Unwetter aufzog.
    Und dann erinnerte ich mich an noch etwas, das er mir gezeigt hatte.
    Mich, wie ich durch die Wüste ging, ins Nichts trat und fiel, fiel, fiel.
    Ich senkte den Blick gerade noch rechtzeitig, um die Kluft zu sehen, in die ich jeden

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