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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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verstehst du?« Ich hatte erwidert, daß ich verstünde. »Aber ich werde den Teufel Alkohol besiegen«, beharrte er, »sei dessen gewiß. Ich trinke und trinke und trinke und dann – « Er vollführte eine entschlossene Geste, als würde er einen Handkantenschlag austeilen. »Höre ich auf. Du wirst schon sehen.«
    Ich nickte zustimmend.
    »Alle Arten von Träumen können einen Mann zerstören«, erklärte er, während er mit halbgeschlossenen Augen auf die friedliche Küstenlandschaft starrte, die sich vor dem Fenster entrollte. Ich war froh, daß ich diese Seite des Zuges ausgewählt hatte; ich war noch nie zuvor auf dieser Strecke gefahren, aber ich wußte von Landkarten und den Erzählungen anderer Reisender, daß dies in bezug auf die Aussicht die beste Seite war.
    »Nur Männer werden von Träumen zerstört?«
    »Ja. Und ich sage das als ein Mann, der kein Chauvinist ist; ich bin mir der Ebenbürtigkeit der Frauen in den meisten Dingen bewußt und hege allergrößten Respekt für ihre Fähigkeit, Leben zu geben. Darin bin ich vielen meiner Religionsgenossen voraus, wie ich gestehen muß, obwohl… nun, der Westen ist nicht das Ende allen Seins.« Er beugte sich wieder über den Tisch, wackelte abermals mit dem Finger und starrte mir tief in die Augen. »Welchen Sinn hat die Gleichberechtigung, wenn es nur die Gleichberechtigung ist, ebenso schlecht behandelt zu werden wie die Männer und Gewalt… Gewalt gegen sich erdulden?«
    Ich nickte unverbindlich. »Damit könntest du recht haben.«
    »Das habe ich.« Er blickte nach oben, so als wolle er sich vergewissern, daß sein Kamelhaarmantel noch da sei. Dann sah er wieder zu mir. »Was sagte ich gerade?«
    »Träume. Die einem schreckliche Dinge antun. Zumeist Männern.«
    »Ganz genau!« rief er aus und gestikulierte. »Weil Männer die Besessenen sind, Isis! Männer sind die getriebene Hälfte der Menschheit; sie sind die Träumer, die Kreativen, die das Gehirn haben, als Ausgleich dafür, daß sie nicht mit der Gebärmutter Leben erschaffen können! Man könnte sogar sagen, wir sind die etwas verrückte Hälfte der Menschheit, weil wir von unseren Visionen, unseren Ambitionen, unseren Idealen gemartert werden!« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    Ich überlegte angestrengt, wo ich eine derartige Argumentation schon einmal gehört hatte. Erst kürzlich. O ja; Oma Yolanda.
    »Es sind die Männer, die am schlimmsten unter Träumen leiden«, erklärte er mir. »Das ist das Kreuz, das wir tragen müssen, genau wie die Frauen jeden Monat das ihre tragen müssen.« Er schaute gekränkt drein und hob eine Hand an die Stirn, schloß die Augen und streckte dann seine andere Hand zu mir aus. »Tut mir leid. Ich wollte nicht geschmacklos sein. Entschuldige bitte, Isis.«
    »Ist schon in Ordnung, Onkel.«
    Er hielt den Plastikbecher mit den fast geschmolzenen Eiswürfeln und dem alkoholischen Inhalt hoch. »Vielleicht trinke ich ein bißchen zuviel«, bemerkte er und lächelte mich durch das Plastik an.
    »Wir amüsieren uns eben«, sagte ich. »Das ist doch nichts Unrechtes. Es vertreibt einem die Zeit auf der Fahrt.« Ich hob meinen eigenen Plastikbecher, der halbvoll mit Bier war. »Prost.«
    »Prost«, erwiderte er und genehmigte sich einen mächtigen Schluck. Ich nippte an meinem Bier.
    *
    Onkel Mo hatte mit dem Trinken am Stehtresen im Bahnhof Stirling angefangen, nachdem uns der Bus dort abgesetzt hatte.
    Ich war nach meinem Anruf bei Morag von den Woodbeans in mein Zimmer zurückgekehrt; ich hatte bereits beschlossen, daß ich am Morgen irgendwohin abreisen würde, und so versucht ich auch war, abermals bei Sophi zu übernachten, hielt ich es doch für angebracht und passend, wenigstens eine Nacht in meiner alten Hängematte in meinem eigenen Zimmer in der Gemeinde zu verbringen, nachdem ich so lange fort gewesen war.
    Es hatte eine gute Stunde gedauert, bis meine fiebrigen Gedanken sich hinlänglich beruhigten, um mich Schlaf finden zu lassen, aber ich erwachte zu meiner üblichen Zeit, zog mich an, packte und ging hinunter in die Küche, wo ich einen verschlafenen Onkel Mo davon in Kenntnis setzte, daß ich mit ihm nach Spayedthwaite kommen würde. Die Atmosphäre in der Küche wurde augenblicklich eisig, als ich eintrat; weit schlimmer noch als noch tags zuvor. Als ich Onkel Mo in der plötzlichen Stille meine Absicht kundtat, murmelte jemand am anderen Ende des Tisches »Gott sei Dank«, und es erhob sich keine Stimme zu meiner

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