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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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dann anrufen, als meine Leumundszeugin?«
    »Natürlich. Ich werde uns jetzt erst mal eine Tasse Tee machen, ja?«
    »Es wäre mir lieber, du würdest hierbleiben; es könnte sein, daß sie auf jeden Fall jemanden sprechen will, der ein gutes Wort für mich einlegt.«
    »Mach ich doch gern, Is.« Sie setzte sich auf die Sofalehne.
    Ich wählte die erste Nummer, und eine Stimme erklärte mir, daß ich mit dem La Mancha verbunden sei; ich fand, die Stimme klang verzerrt, und entging so knapp der Peinlichkeit, eine Unterhaltung mit einem Anrufbeantworter zu führen. Ich hinterließ keine Nachricht nach dem Pfeifton. Ich wählte die nächste Nummer.
    »Hallo?« Sie war es. Morag. Die Stimme war mir vertraut genug – ich hatte sie vor gerade mal einer Woche »Ja, ja, o ja!« stöhnen hören –, um sie an diesem einen Wort erkennen zu können.
    Ich schluckte. »Morag«, brachte ich mit Mühe heraus. »Bitte, leg nicht auf, aber… ich bin’s, Isis.«
    Eine Pause. Dann ein eisiges: »Was ist los?«
    Ich blickte auf der Suche nach moralischer Unterstützung zu Sophi und erhielt sie in Form eines Augenzwinkerns. »Hat Allan dich gerade angerufen?«
    Wieder eine Pause. »Was geht dich das an?«
    »Morag, bitte; ich befürchte, er hat dich angelogen. Ich habe gerade mitangehört, wie er dich belogen hat.«
    »Wie?«
    »Was?«
    »Wie hast du es mitangehört?«
    »Nun, ich habe es belauscht.«
    »Wie?«
    Ich holte tief Luft, dann schüttelte ich den Kopf. »Ach, das ist eine lange Geschichte, aber wichtig ist nur, daß ich es getan habe. Ich habe ihn sagen hören, ich hätte versucht… Großvater zu verfuhren.«
    »So etwas in der Art, ja«, sagte die frostige, ferne Stimme. »Es hat mich nicht überrascht, wenn man bedenkt, was du mit mir gemacht hast.«
    »Was? Was habe ich getan?« fragte ich verletzt und verwirrt. Sophi kaute an ihrer Unterlippe, die Stirn fragend gerunzelt.
    »… Ach Herrgott noch mal, Isis!« schrie Morag so unvermittelt, daß ich erschreckt zusammenfuhr. Ich riß den Hörer von meinem Ohr. »Zum Beispiel, daß du mich verfolgt hast, daß du mir quer durchs ganze Land hinterhergeschnüffelt hast!«
    »Aber das hat man mir aufgetragen!« protestierte ich. »Ich war auf einer Mission!«
    »Ach ja. Ich vermute, du hast Stimmen gehört.«
    »Nein! Man hat es mir aufgetragen; ich wurde auf eine Mission ausgeschickt, um dich zu suchen… Großvater hat mich ausgeschickt, die Gemeinde; alle.«
    »Lüg mich nicht an, Isis. Gott, das ist alles so erbärmlich.«
    »Ich lüge dich nicht an. Du kannst jeden in der Gemeinde fragen; sie sind alle dabeigewesen, um mich zu verabschieden. Wir hatten eine Versammlung, zwei Versammlungen, Unterausschüsse – «
    »Ich habe gerade mit jemandem aus der Gemeinde gesprochen, Isis; mit Allan.«
    »Nun, abgesehen von ihm – «
    »Ich meine, zuerst hat er sich sogar für dich eingesetzt; als diese ganze verrückte Sache mit der Besessenheit und dem Verfolgen angefangen hat.«
    »Welche verrückte Sache mit der Besessenheit und dem Verfolgen?« schrie ich. »Wovon redest du?« Ich war schrecklich verstört; ich spürte ein Kribbeln unter den Lidern. Sophi, die im Morgenmantel auf dem Sofa saß, sah mich besorgt und auch etwas beunruhigt an.
    »Herrgott noch mal, Isis; all die Briefe, in denen du – «
    »Was für Briefe?«
    »Isis, leidest du unter Gedächtnisschwund oder so was? All die Briefe, die du mir geschickt hast und in denen du mir deine ewige Liebe geschworen hast; in denen du mir deinen Schlüpfer geschickt hast; in denen du mich gebeten hast, dir meinen benutzten Schlüpfer zu schicken, verdammt noch mal – «
    »Was?« kreischte ich. Sophi zuckte zusammen und blickte ängstlich zur Decke. Sie legte einen Finger auf die Lippen.
    »Morag«, sagte ich. »Du mußt… hör zu, ich meine, ich… ich mag dich; das habe ich immer getan… ich bin, ich meine… wir sind Freunde, nicht nur… nicht nur Cousinen… aber ich bin nicht in dich verknallt oder was auch immer; ich bin nicht besessen von dir. Bitte glaub mir; ich habe dir seit vier Jahren keinen einzigen Brief mehr geschickt, seit du angefangen hast, offene Briefe zu schicken, an die ganze Gemeinde, weil du zu beschäftigt warst mit dem… nun, damals dachten wir, mit dem Barytonspielen, aber ich vermute, in Wirklichkeit waren es die, ähm, Filme, aber – «
    »Lüg nicht, Isis«, begann sie, dann verstummte sie abrupt. »… einen Moment mal«, sagte sie. »Was meinst du mit ›Filme‹?«
    Ich

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