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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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meinen Ersparnissen und von den paar Rollen, die ich bekomme, und dem Geld vom Restaurant. Es ist ein elegantes, gutes Restaurant, Isis; es gehört nicht wirklich mir, das hast du wohl schon vermutet; wenn ich je diesen Eindruck vermittelt habe, dann wollte ich nicht… ich wollte nichts vortäuschen, aber es ist das beste Restaurant der Stadt, eine wirklich feine Lokalität, wo man in gepflegter Umgebung speisen kann, und ich bin der maître de, mußt du wissen, Isis; ich bin sozusagen das Aushängeschild des Restaurants, das erste, was die Gäste zu Gesicht bekommen. Wir haben eine wirklich erlesene Weinkarte, und ich war ein guter Weinkellner, ein sehr guter Weinkellner, das sage ich dir, und ich beherrsche… die Kunst des Einschenkens noch immer beispielhaft.«
    »Deine Mutter sollte stolz auf dich sein.«
    »Sie ist es nicht. Sie nennt mich einen Likör-Moslem; außen unschuldig und süß – sogar schokoladefarben –, aber wenn man in mich reinguckt, bin ich randvoll mit Alkohol. Es ist ihre Familie. Ihre andere Familie.«
    »Ihre andere Familie?« fragte ich und hob meine Hand, um Onkel Mos Kopf zu streicheln.
    »Die Asis-Familie. Sie sagt, es gefällt ihr in dem Heim, aber sie war glücklich in Spayedthwaite; die haben sie überredet, haben sie gegen mich aufgestachelt, haben sie dazu gebracht zu sagen, daß sie näher bei ihnen sein will. Und trotzdem muß ich bezahlen. Ich bekomme etwas Unterstützung von ihnen und auch von deinen Leuten, aber den größten Teil zahle ich. Als ob ich Geld wie Heu hätte. Die haben von Verantwortung und von Blutsbanden geredet und davon, daß sie sie näher bei sich haben wollten, und sie haben sie dazu gebracht, dasselbe zu sagen, und dann ist sie fortgegangen, einfach so. Es ist nicht fair, Isis.« Er drückte meine Hand. »Du bist ein gutes Kind, Isis. Du wärst auch gut zu deiner armen Mutter und deinem armen Vater gewesen. Ich weiß nicht, ob ich das hier wirklich für deinen Bruder tun sollte. Er hat die Hand auf dem Geld, das weißt du ja, aber ich weiß nicht, ob ich dich wirklich so mitnehmen sollte. Es ist so schwer, das Richtige zu tun. Ich versuche es, aber ich weiß eben nicht. Du mußt mir verzeihen, Isis. Ich bin kein starker Mann. Nicht so stark, wie ich es gern wäre. Aber wer ist das schon? Du bist eine Frau, Isis, du verstehst das nicht. So viel Kraft. Aber, bitte, du mußt verstehen…«
    Er legte seinen Kopf gegen meine Brust und schluchzte, und bald darauf konnte ich fühlen, wie mein Hemd naß wurde.
    Ich schaute aus dem Fenster. Bäume sausten vorbei. Der Zug rüttelte uns durch. Die Bäume teilten sich wie der grüne Vorhang einer Bühne und offenbarten eine kleine, tiefe Schlucht, an deren Grund sich ein Fluß dahinschlängelte. Ein Vogelschwarm schoß irgendwo unterhalb von uns hervor und flog eine Wende, eine grau-schwarze Wolke flatternder Bewegung. Dann schlossen sich die grünen Baumreihen auch schon wieder. Ich blickte zu den sahneweißen Wolkenschichten auf.
    »Wohin haben sie Zhobelia gebracht, Onkel Mo?« fragte ich sanft.
    Mo schluchzte, dann zog er lautstark die Nase hoch, so daß ich fühlen konnte, wie sein Leib zitterte und vibrierte. »Ich darf nicht… ach, was macht es…? Du sollst es eigentlich nicht…«
    »Ich würde es so gern wissen, Onkel Mo. Vielleicht könnte ich dir dann helfen.«
    »Slanashire«, sagte er.
    »Wo ist das?«
    »Es ist Lanca… Lanarkshire; eine schreckliche kleine Stadt in… Lanarkshire«, sagte er.
    Ich empfand große Erleichterung. Ich hatte befürchtet, er würde irgendeinen Ort auf den Hebriden oder sogar auf dem Subkontinent nennen.
    »Ich würde ihr so gern schreiben«, sagte ich sanft. »Wie lautet ihre Adresse?«
    »Oh… Das… wie hieß es noch mal? Gloaming. Ja. Genau. Gloamings. Das Gloamings-Pflegeheim, Wishaw Road, Mauchtie, Lancashire. Lanarkshire«, sagte er.
    Ich brachte ihn dazu, noch einmal den Namen der Stadt zu wiederholen.
    »In der Nähe von Glasgow«, fuhr er fort. »Direkt am Stadtrand. Nun, in der Nähe jedenfalls. Ein absolut abscheuliches Kaff. Oh, entschuldige bitte. Fahr nicht hin… scheußlich… Schreib lieber. Sie würde sich freuen, von dir zu hören… von dir zu hören. Vielleicht würde sie dich auch gerne sehen. Nun, möglicherweise. Sie scheint nicht sonderlich erpicht darauf, uns zu sehen… ihren eigenen Sohn… aber… nun. Wer weiß? Wer weiß, Isis? Wer kann es schon sagen. Niemand… kann es… Alles nur Träume. Nur… Träume. Schreckliche… Träume.« Er

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