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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wohler fühlen würde, wenn ich im Wasser und unterhalb von ihr und dem jungen Mann wäre.
    Ich kam an den Beckenrand und hielt mich dort fest; Morag ging in die Hocke; der junge Mann blieb stehen und starrte mich grimmig von oben herab an.
    »Hallo«, sagte ich mit einem Nicken und lächelte die beiden an.
    »Hallo, Is. Ricky kennst du ja schon, oder?«
    »Ja. Noch mal hallo«, begrüßte ich ihn fröhlich. »Wie geht es Tyson?«
    Er fixierte mich mit einem wütenden Blick und schien zu überlegen. »Gut«, erwiderte er schließlich.
    »Das ist schön. Es tut mir leid, wenn meine Freunde und ich dir angst gemacht haben, als wir zum La Mancha gekommen sind.«
    »Hatte keine Angst«, gab Ricky beleidigt zurück.
    »Ich hätte besser verärgert sagen sollen«, sagte ich beschwichtigend. »Es tut mir leid, wenn wir dich verärgert haben.«
    »Schon gut«, erklärte Ricky, offensichtlich besänftigt.
    »Also, wie läuft’s, Cousinchen?« fragte Morag mit einem vorsichtigen Lächeln.
    »Ach, recht traumatisch«, erwiderte ich und lächelte tapfer. »Aber ich überlebe.«
    »Gut«, sagte sie und richtete sich auf. Sie deutete mit einem Nicken auf die Wendeltreppe, die zur Rutsche hinaufführte. »Sollen wir mal rutschen?« fragte sie.
    »Warum nicht?« sagte ich.
    Morag sprang anmutig über mich hinweg und tauchte mit einem sauberen Köpf er hinter mir ins Wasser ein. Ricky schwang sich gleich darauf ins Becken und ließ kaum mehr Wasser aufspritzen. Ich stieß mich vom Beckenrand ab und plantschte ungelenk hinter den beiden Wassergöttern her.
    *
    »Wasserrutschen sind wie das Leben, verstehst du?« sagte Cousine Morag, als wir uns dem Ende der Schlange auf der Wendeltreppe anschlossen und uns der Plattform näherten, von der die vier Rutschen abgingen. Ein Bademeister in weißen Shorts und T-Shirt überwachte die Leute – zumeist Kinder, die schon naß waren –, die sich für den Spaß anstellten.
    »Wie das Leben?« fragte ich an Rickys massigem Rücken vorbei, während ich vorwärtsschlurfte. Ricky hatte darauf bestanden, sich zwischen Morag und mich zu stellen, offenkundig noch nicht überzeugt, daß ich mich nicht doch als heimtückische Besessene mit Mordabsichten entpuppen würde, obgleich ich mir nicht vorstellen konnte, wo ich seiner Meinung nach eine Waffe hätte versteckt haben sollen. Vielleicht befürchtete er, ich würde Morag heimtückisch über das Geländer der Wendeltreppe stoßen, so daß sie auf den Kachelboden darunter stürzte.
    »Ja«, sagte Morag an Rickys beeindruckenden Bizepsen vorbei, als sie das vordere Ende der Schlange erreichte. »Du kannst den kurzen, aufregenden Weg nehmen, wie die schwarze Röhre hier, oder den langen, langsamen, gemütlichen Weg, wie die weiße Röhre hier, oder irgend etwas dazwischen, verstehst du, was ich meine?«
    »Irgendwie schon«, erwiderte ich.
    Der Bademeister nickte Morag zu, und sie tappte zur Öffnung der schwarzen Röhre, verfolgt von jedem Augenpaar in Sichtweite. Sie schwang sich gekonnt in den gähnenden Schlund des schwarzen Lochs. Lämpchen über der Tunnelöffnung wechselten von Rot zu Grün. Morag stieß sich ab und verschwand mit einem begeisterten Jubelschrei in der Röhre.
    Ricky drehte sich grinsend zu mir um. »Das macht sie immer«, erklärte er. Dann trat er zur Tunnelöffnung und verschwand kurz darauf stumm ebenfalls im schwarzen Loch.
    Ich fand, daß es feige aussehen würde, nicht dieselbe Röhre zu nehmen. Ich ließ mich in die Öffnung gleiten und hielt mich an den Chromgriffen am Rand fest. Als die rote Lampe ausging, ließ ich los.
    Blankes Entsetzen. Es hielt nur knappe drei Sekunden an, aber während dieses Augenblicks verlor ich vor Angst fast den Verstand. Ein scharfer Luftstrom rauschte an mir vorbei, eine Schulter brannte von der Reibung, Wasser schoß in meine Nase, ich wurde hin und her geworfen und dann in einem einzigen, durch Mark und Bein gehenden Ruck aus der fast Vertikalen in eine perfekte Horizontale geschleudert und in die wassergefüllte Wanne gespien, die ich vorhin schon gesehen hatte. Am Ende der Wanne kam ich schlitternd zum Halten – hustend und prustend und mit einer vom Chlor verätzten Nase. Mein Badeanzug hatte versucht, in meine Scheide einzudringen. Außerdem vermutete ich, daß ich nunmehr wußte, wie es sich anfühlte, einen Einlauf zu bekommen. Rotgesichtig und hustend fuchtelte ich mit den Armen.
    Morag und Ricky zogen mich lachend aus dem Becken.
    Ich dankte ihnen, stand auf, bückte mich, spuckte

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