Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Arbeit getan.«
    »Dir die Schuld geben? Wofür? Für das Feuer?«
    »Ja.«
    »Aber es war nicht deine Schuld.«
    »Doch. Ich hätte den Dampfkochtopf saubermachen sollen. Und es war meine Idee, das Geld zu verbrennen; ich hatte es schließlich gesehen. Es war meine Schuld.«
    »Aber du warst nicht… Wie bitte?«
    »Der Dampfkocher. Ich hätte ihn richtig saubermachen sollen. Das Ventil. Das war meine Aufgabe. Und ich habe gesehen, daß das Geld nur Unglück bringen würde. Ich wußte es.«
    »Von welchem Geld sprichst du da?«
    Sie schaute so verwirrt drein, wie ich mich fühlte. Ihre dunkelbraunen Augen, die von den dicken Brillengläsern vergrößert wurden, sahen wäßrig aus. »Geld?« fragte sie.
    »Du sagtest, es wäre deine Idee gewesen, das Geld zu verbrennen.«
    »Das war es auch«, erwiderte sie nickend.
    »Welches Geld, Großtante?« fragte ich und drückte sanft ihre Hand.
    »Das Geld. Salvadors Geld.«
    »Sahadors Geld?« fragte ich, dann schaute ich erschreckt zur Tür, voller Angst, ich könnte zu laut gesprochen haben.
    »Das Geld, das er nicht hatte«, sagte Zhobelia, als würde das alles erklären.
    »Welches Geld, das er nicht hatte, Großtante?« hakte ich geduldig nach.
    »Das Geld«, erwiderte sie, so als wäre es ganz offensichtlich.
    »Tut mir leid, Großtante; ich verstehe nicht.«
    »Niemand hat es verstanden. Wir haben es geheimgehalten«, sagte sie, dann zog sie die Mundwinkel herunter und schüttelte den Kopf, den Blick abgewandt. Plötzlich erhellte ein Lächeln ihre Züge und offenbarte lange, schmale Zähne. Sie tätschelte meine Hand. »Und jetzt erzähl mir, was alles passiert ist.«
    Ich holte tief Luft. Vielleicht konnten wir später noch einmal auf dieses geheimnisvolle Geld zurückkommen. »Nun«, begann ich. »Wann… wann hast du das letzte Mal mit jemandem aus der Gemeinde gesprochen? Ist es erst kürzlich gewesen?«
    »O nein«, sagte sie. »Ich meine, alles, seit ich fortgehen mußte. Ich kann mich nicht besinnen, was sie zu mir gesagt haben. Nein, nein.« Sie runzelte leicht die Stirn und machte den Eindruck, angestrengt nachzudenken, dann gab sie anscheinend auf und lächelte mich erwartungsvoll an.
    Mir wäre fast das Herz in die Hose gesunken, aber ich lächelte tapfer und drückte abermals ihre Hand. »Laß mich überlegen«, sagte ich. »Nun, wie ich schon sagte, das Herrenhaus wurde wiederaufgebaut… die alte Orgel – erinnerst du dich an die Orgel im Wohnzimmer des Farmhauses?«
    Sie lächelte glücklich und nickte. »Ja, ja, erzähl weiter.«
    »Die steht jetzt im Herrenhaus, damit im Farmhaus mehr Platz ist; wir wollten sie immer mal richtig überholen lassen, aber wir sind nie dazu gekommen… Nun, jedenfalls, Salvador ist wieder ins Herrenhaus gezogen… laß mich überlegen; Astar hat Pan geboren, wie du ja weißt; Erin hat Diana bekommen – «
    »Mir ist kalt«, fiel mir Zhobelia unvermittelt ins Wort. »Gib mir meine Strickjacke.« Sie zeigte auf den Kleiderstapel auf der Kommode. »Sie liegt da drüben.«
    »Kommt sofort«, sagte ich. Ich holte ihre Strickjacke und legte sie ihr um die Schultern, dann schüttelte ich ihr Kissen auf und machte es ihr so bequem wie möglich.
    »Das ist besser«, sagte sie. »Also, weiter.« Sie faltete die Hände und schaute mich erwartungsvoll an.
    »Gut. Nun, wie ich schon sagte, Erin hat ein zweites Kind bekommen, Diana…«
    Ich rappelte die Litanei der Geburten, Todesfälle und Eheschließungen und das sonstige Kommen und Gehen von Gemeindemitgliedern herunter, während ich versuchte, mir alle wichtigen Geschehnisse und Ereignisse der vergangenen sechzehn Jahre ins Gedächtnis zu rufen. Zhobelia nickte glücklich, lächelte und stieß hier und da einen leisen, freudigen Laut aus oder sie machte große Augen und sog scharf die Luft durch ihre geschürzten Lippen ein oder sie runzelte die Stirn und schnalzte mit der Zunge, je nachdem, was sie im betreffenden Fall für angebracht hielt.
    Die Geschichte unserer Familie und unseres Glaubens brachte mich natürlich zwangsläufig zu den jüngsten Ereignissen, und ich führte meine Erzählung langsam, doch zielstrebig auf den Grund meines Besuches zu. Ich hatte keine Ahnung, wieviel des Ganzen meine Großtante tatsächlich mitbekam, doch ich fand, daß ich es trotzdem versuchen mußte.
    »Das Zhlonjiz?« sagte sie, als ich zu jenem Teil der Geschichte kam. Sie lachte. Ich warf abermals einen Blick zur Tür.
    »Ssschht«, warnte ich und legte einen Finger auf die

Weitere Kostenlose Bücher